Alte weiße Männer knebeln die Oscar-Academy

25.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Die alte Academy
AMPAS/moviepilot
Die alte Academy
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Wie schnell so eine Woche doch rumgeht. Und wieder gab es etliche Gründe, um sich aufzuregen. Ein Thema, das zu einem aktuellen Anlass passt, regte jedoch besonders zum Ärgern an.

Bald ist es wieder soweit: Der Oscar 2012 werden verliehen! Doch wer entscheidet eigentlich, wer einen Goldjungen in die Hand gedrückt bekommt? Optimalerweise eine heterogen zusammengesetzte Academy-Jury, die aus Mitgliedern des Filmgeschäfts besteht. Von guter Durchmischung kann jedoch nicht die Rede sein, eher von einem Altherrenklüngel.

Um genau diese sämtlichen repräsentativen Standards widersprechende Zusammensetzung geht es im Aufreger der Woche.

Ein Blick auf die Mitglieder
Die meisten Filmfreunde weltweit freuen sich wie Bolle auf die Oscar-Zeremonie, die kurz bevor steht. Massenweise Stars flanieren dann wieder über den roten Teppich, Dankensreden werden mit freudetränenerstickter Stimme runtergehechelt und irgendwo dazwischen gibt es noch ein Billy Crystal, der durch die Show führt. Und wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, haben sich an diesem Abend alle ganz doll lieb. Dass die Entscheidungen der Academy, die dort dann preisgegeben werden, nicht auf einem ausgeglichenen Mitgliedersystem beruhen, ist jetzt nicht mehr nur eine Annahme, sondern bittere Wahrheit. Die L.A. Times hat mal genauer nachgeforscht, wie die Award-Jury eigentlich zusammengesetzt ist. Dabei kam heraus, dass die Formel wie folgt lautet: alt, weiß, männlich. Gerade einmal 14 Prozent der Mitglieder sind jünger als 50 Jahre, unfassbare 95 Prozent weißer Hautfarbe und popelige 23 Prozent sind weiblichen Geschlechts!

Konservative Entscheider
Dass die Zusammensetzung nicht repräsentativ für Bevölkerung und/oder Besucher steht, wussten die meisten Menschen zuvor auch schon. Dass es jedoch so frappierend ausfällt, ahnte wohl niemand. Besonders dramatisch ist das Ungleichgewicht hinsichtlich der Anteile an Afroamerikanern und Latinos. Jeweils nur 2 Prozent der Mitglieder entstammen dieser ethnischen Gruppe. Nur um mal einen Vergleich zu haben: Der Anteil der afroamerikanischen Bevölkerung der USA beträgt über 13 Prozent. Die Entscheider, wer eine der begehrten Statuetten erhält, sind also zum ungesund großen Teil angehörige einer Ethnie, eines Geschlechts und liegen auch noch generationsmäßig nah beieinander. Bedeutet das, dass rassistische Motive häufig den Ausschlag geben? Nein, das zu behaupten wäre nicht statthaft. Alter und Geschlecht hingegen ist sehr wohl entscheidend. Männer betrachten Filme anders als Frauen, gesetztere Personen neigen eher zu konservativen Entscheidungen als zu besonders mutigen.

Kein frischer Wind
Ein Grund für die Misere ist unter anderem die lebenslange Mitgliedschaft in der Academy. Es ist völlig egal, ob und wie sehr das einzelne Mitglied noch oder überhaupt mit dem Filmgeschäft in Verbindung steht – sogar eine Nonne ist mit dabei -, die Stimme ist genauso viel wert wie die von dauerhaft erfolgreichen Filmschaffenden wie beispielsweise Steven Spielberg, Colin Firth oder Leonardo DiCaprio. Um überhaupt mitmischen zu können, muss zuerst eine Einladung erfolgen. Dass auf diese Weise frischer Wind reinkommt und eine halbwegs ausgeglichene Besetzung geschaffen wird, gilt es angesichts der veröffentlichen Zahlen zu bezweifeln.

Academy-Präsident Frank Pierson scheinen die beschämenden Zahlen auch gar nicht zu kratzen. Repräsentativ müsse die Mitgliederzusammensetzung seiner Meinung nach auch gar nicht sein. Auf Biegen und Brechen muss sie das tatsächlich nicht sein. Aber der noch immer wichtigste Filmpreis der Welt sollte schon sicherstellen, dass diejenigen, die ihn vergeben, zumindest halbwegs die Realität widerspiegeln. Und in der besteht weder der Anteil an Filmschaffenden noch der der Filmguckenden zu Dreivierteln aus weißen, alten Männern. Den Spaß an den Oscar-Feierlichkeiten lassen wir uns dadurch aber trotzdem nicht verderben.

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