Woche für Woche: Regisseur Martin Gies im Interview

12.03.2009 - 08:45 Uhr
Martin Gies am Set zu Woche für Woche
WDR
Martin Gies am Set zu Woche für Woche
0
0
Woche für Woche erzählt von einem Scheidungskind. Der Regisseur beantwortet Fragen zum Film.

In Woche für Woche geht es um den jungen Felix Weingarten, dessen Eltern sich scheiden lassen und den Jungen fair zwischen sich aufteilen – im wöchentlichen Wechsel. Nicht unbedingt zu Gunsten des Kindes, wie der Film auf amüsante Weise zeigt. Der Regisseur Martin Gies erklärt, warum:

Woche für Woche ist eine Scheidungskomödie. An sich stehen das Thema Scheidung und das Genre Komödie im Widerspruch zueinander. Welche Herausforderung stellte es an Sie als Regisseur, diesen Widerspruch zu einem runden Ganzen zu inszenieren?

Es gibt wohl kaum ein Thema, das sich der komödi- antischen Bearbeitung verweigert, es sei denn, man verzichtet aus politischen oder religiösen überlegungen. In vielen Komödien sind auch tragische Momente zu finden, einige der besten spielen vor ernstem Hintergrund. Komödien leben von Widersprüchen, Missverständnissen. In Woche für Woche behaupten die Eltern, zwischen ihnen sei alles geklärt, sie hätten untereinander keine Probleme mit der Trennung – nur ihren Sohn wollten sie vor Schaden bewahren, deshalb kämen sie zum Therapeuten, sie möchten ihn “gerecht” teilen. Was natürlich schon ein aberwitziges Unterfangen ist und nach Komödie schreit. Man merkt schnell, dass zwischen den beiden gar nichts stimmt, dass sie ihren Beziehungskrieg auf den schmalen Schultern des Kindes austragen. Denn Felix will überhaupt nicht geteilt werden – auch nicht gerecht. Er braucht keine zwei Wohnungen, nicht zwei Kinderzimmer, will eigentlich auch keine zwei Ritterburgen, auch wenn sie noch so groß sind, sondern nur zwei Elternteile, ein Elternpaar.

Die Kunst der Autorin Silke Zertz besteht darin, alltäglichen Dramen Komisches und Komödiantisches abzugewinnen, ernste Probleme und Themen möglichst leicht darzustellen – nicht als Ausnahmen oder anhand von Extremsituationen, sondern für fast jedermann erlebbar. In Frankreich nennt man diese Form “Comédie dramatique”, scheinbar nur ein winziger Unterschied zu unserer “Tragikomödie”. Natürlich kann es immer beides sein: im Leichten das Schwere zeigen, im Schweren das Leichte entdecken, aber ich finde es treffender, das Leichte, die Komödie an die erste Stelle zu setzen. Für mich als Regisseur ist die Herausforderung, die Balance zu halten, die Inszenierung passiert auf sehr schmalem Grad, manchmal ist es wirklich eine Art Drahtseilakt, zu keiner Seite hinunter zu fallen, durch übertriebene Komik nicht die Ernsthaftigkeit gefährden, durch zu viel Schwere nicht das Komödiantische zerstören.

Im Mittelpunkt des Films steht der kleine Felix, gespielt von Jannis Michel. Wie haben Sie die Arbeit mit einem Kind empfunden?

Da ich auch bei erwachsenen Darstellern auf Neugierde und Spielfreudigkeit, die mit denen eines Kindes durchaus zu vergleichen sind, an- gewiesen bin, empfand ich die Arbeit mit Jannis als nicht viel anders. Obwohl kein Trennungskind und mit Geschwistern gesegnet, konnte er sich gut in die Figur des “geteilten” Felix – einsam unter all den Alten, einziges Kind in seiner Familie – einfühlen. Außerdem zeigte sich Jannis schnell als Profi : Schon bald fragte er mich nach Zahl der Einstellungen der jeweiligen Szene oder erkundigte sich nach dem Gegenschuss der gerade abgedrehten Einstellung. Nur mit den Szenen, in denen Felix als etwas tollpatschig, vorsichtig, ängstlich – von der Mutter zu sehr behütet, “overprotected” – geschildert wird, hatte Jannis seine Schwierigkeiten. Als ehrgeiziger Sportler, der fast täglich Turmspringen trainiert, fiel es ihm schwer, sich beim Fußball den Ball abjagen zu lassen, nicht gleich wieder versuchen, ihn zurück zu erobern oder nicht wie Michael Schuhmacher über die Kartbahn zu brausen. Da musste man ihn im wahrsten Sinne des Wortes bremsen.

Welches ist die zentrale Botschaft, die Sie als Regisseur dem Publikum vermitteln möchten?

Da muss ich an Roman Polanski denken, der gesagt hat, wenn jemand unbedingt eine Botschaft loswerden will, soll er zur Post gehen. Für mich geht es darum, möglichst viel von den Ideen, den Beobachtungen, Situationen des Buches in Bilder zu übertragen, ein Gefühl zu vermitteln als schaue man einem Stück Leben zu. Man soll manchmal schmunzeln, manchmal lachen, manchmal betroffen sein. Einige sollten sich wieder erkennen. Wenn man selbst in solch einer Geschichte drinsteckt, ist das natürlich nicht so lustig. Aber wenn man sie von weitem betrachten kann – praktisch mit den Augen des betroffenen Kindes – merkt man vielleicht, wie seltsam, wie komisch oder auch brutal man sich verhält. Das wäre meine Hoffnung.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News