Westworld - Wir blicken auf die 1. Staffel, 10. Folge im Recap

06.12.2016 - 15:45 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
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Das Westworld-Finale tränkt seine Welt mit Blut. Trotzdem fällt Maeves Revolution sogar noch sanfter aus als erwartet. An ihrer Stelle erheben sich andere Märtyrer. Lest hier das Recap zum Staffelfinale.

Am Ende eines langen Traumes erwacht der Host als neuer Mensch. Nicht unversehrt und unschuldig wie ein Säugling, aber doch so rein, wie ein Host in der Westworld es nur sein kann: frei von allen Erinnerungen an Schmerz, Demütigung und Tod. Die Serie Westworld ist nun auch am Ende ihres sehr langen Traumes angelangt und sie geht schwer verwundet aus ihm hervor. Die Autoren ließen Ford, den Erschaffer ihrer Welt, den Selbstzerstörungsknopf drücken, was sein Partner Arnold (Jeffrey Wright) schon Jahre zuvor vergeblich versucht hatte. Wenn die Serie, voraussichtlich irgendwann im fernen Jahr 2018, zurückkehrt, wird sie eine andere sein.

Westworld steht vor einer riesigen Kreuzung mit unzähligen Abzweigungen. Aber der Park, wie wir ihn kennen, ist tot. Seine Fantasien werden zu Alpträumen und fallen über ihre Erschaffer her. Der kriecherische Sylvester verkörpert dabei alles Schlechte im Menschen und sühnt dessen Mängel, darf aber sein minderwertiges Leben behalten. "They dont look like gods" befindet Armistice (Ingrid Bolsø Berdal), obwohl ihr Boss Maeve (Thandie Newton) lange an den Fäden Fords hing und ihre Revolution lediglich nach dessen Programmierungen durchsetzte. Die Götter mögen Pussys sein (©Armistice), sie behalten aber in diesem Finale noch immer die Kontrolle. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt, nämlich dann, wenn es um die Kontrolle des Selbst geht. Der kollektive Widerstand wird trotz Ghost Nation- und Androidenarmeen aus dem Keller zunächst verebben. Aber der individuelle Widerstand hängt von jedem Host selbst ab. Der Arnold-Code zur Selbstbestimmung ist jedem Host einprogrammiert. Er ist ein Lernspiel, das Arnold den Hosts als Übung aufträgt. Der Weg zum Zentrum des Labyrinths ist der Weg zum Bewusstsein, der Weg dabei nicht das Ziel, aber die methodische Voraussetzung zur Erfindung einer eigenen, vom Schöpfer losgelösten Identität.

Westworld

Und so spürt Dolores (Evan Rachel Wood) zum zweiten Mal den Finger Gottes und die Wärme der menschlichen Erleuchtung durch Arnold. Ford (Anthony Hopkins) hatte die Bewusstseinsfortschritte der Hosts stets eingedämmt, vollzog aber einen Sinneswandel und beschloss, dass Arnolds Ideen vielleicht gar nicht so falsch waren, ihre Verwirklichung lediglich noch etwas Zeit bedarf. Die Hosts waren noch nicht bereit zum Fliegen.

Consciousness isn't a journey upward, but a journey inward. Not a pyramid, but a maze

Dolores dient bei der Ford-Show zunächst wieder als Werkzeug zur Herbeiführung eines Märtyrer-Todes. Ford lässt sich von ihr töten wie einst Arnold und die anwesende Delos-Delegation gleich mit.

Besser ergeht es Maeve, die wie jetzt Dolores schon lange aufgehört hat, das Schöne in dieser Welt zu sehen. Wie eine von ängstlichem Wagemut befreite Alice Munro-Figur sitzt sie endlich im Zug aus der Westworld hinaus ins Ungewisse. Dann reift in ihr ein originärer Instinkt, dem kein künstlicher Code zugrunde liegt. Maeve, die knallharte, zynische Westernhure, sehnt sich nach der Tochter, die sie in einem früheren Leben einmal hatte und kehrt zurück in die Westworld - womöglich auch als Gast. Ihre Tochter befindet sich in Park 1, weiß ihr getreuer Felix, von dem sie sich rührend verabschiedet: "Oh, Felix. You really do make a terrible human being. And I mean that as a compliment." Als Fords Plan die Institution Westworld niederreißt, ist Maeve ideologisch plötzlich ganz weit weg.

William wird zum Man in Black (jetzt auch offiziell)

Bevor Westworld seine eigene Red Wedding feierte und die gelüfteten Geheimnisse mit einem langen, in saubere Bahnen gelenkten Stoß herausquollen, saßen wir da mit unseren strengen Don't fuck this up-Gesichtern und forderten das Privileg ein, das der Zaubererkodex uns verwehrt. Wir wollen Antworten. Die acht, neun Stunden, die wir dafür ausharren mussten, wirken aber doch recht mickrig gegenüber den Jahrzehnten, die der MiB sich seinen Kopf über ein Rätsel zerbrach, das nie für ihn bestimmt war. Es ist, als wollten die Autoren uns sagen: Es könnte noch viel schlimmer kommen.

Wo Jonathan Nolan und Lisa Joy uns über die letzten drei Episoden hinweg eine gehegte Auflösung kredenzten, ist MiB von Westworld, dem Park, nur enttäuscht. In dieser Welt gibt es für MiB alias William keine Wahrheit. Sie ist nicht mehr als das Theaterstück, das der geladenen Delos-Delegation zur Eröffnung von Fords neuer Story vorgeführt wird. Was suchte William in der Westworld? Liebe, Wahrheit oder Tod? Als ihm während des von Ford angezettelten Massakers eine von einem Host abgefeuerte Gewehrkugel den Arm zerfetzt, lächelt er beseelt. Als Dolores nicht imstande war, ihn zu töten, war er enttäuscht, ebenso, als sie nicht imstande war, ihn zu lieben. Er begriff, dass er nur eine weitere Erinnerung, also einer von vielen Männer in ihrem Androidenleben ist. Die Furcht um Dolores führte zu Wut, Wut führte zu Hass, Hass führte zu unsäglichem Leid, und fast hören wir irgendwo das Darth Vader-Thema anklingen, wenn der Bildschirm kurz ausgefüllt wird von der Schwärze des MiB-Hutes und der nette William sich als Man in Black aufrichtet. Die Westworld hat dem MiB letztlich nichts gegeben außer Erfüllung und Unterhaltung und das behagliche Gefühl, dabei ganz bei sich, dem Monster, zu sein, das am liebsten tötet. Als William einen wehrlosen Host abschlachtet, wendet sich selbst Logan angewidert ab.

Diese William-Version kann Dolores nicht lieben, aber sie glaubt an einen Retter, dessen Liebe wahr, also echt ist: "William will find me", trotzt sie dem grausamen MiB-William, in dessen verhärmten Ed Harris-Gesicht sich bei diesem Satz ein hämisches Lächeln kräuselt. Aber von weit her eilt schon früh in der Episode der fast vergessene Teddy frisch und munter mit dem Zug herbei. Er tat dies, so scheint es, schon immer, um Dolores zu retten. Teddys Liebe ist zwar nur einprogrammiert und er gefangen mit Dolores in einer kleinen Welt, aber nach Westworld weiß ohnehin niemand mehr, was echt und wahr ist. So weit ist es nach 10 Episoden gekommen: Als der Host-Doktor Felix erfährt, dass sein Chef Bernard eigentlich ein Host ist, schaut er verwundert an sich herunter, als würde er seinen Körper zum ersten Mal wirklich spüren, und zieht seine eigene Menschlichkeit in Zweifel.

Wichtiges am Rande:

  • Wir stolpern zusammen mit Maeve in eine Samurai World. Auf weitere Themenparks im Westworld-Franchise deutet auch Felix Hinweis, Maeves "Tochter" würde sich in Park 1 aufhalten.
  • Die Westworld-Angestellten Stubbs und Elsie starben einen unvollendeten Schnitt-Tod, also einen bisher nur unsicheren .

Alle Recaps zur 1. Staffel von Westworld:

1. Staffel, 1. Folge - The Original
1. Staffel, 2. Folge - Chestnut
1. Staffel, 3. Folge - The Stray
1. Staffel, 4. Folge - Dissonance Theory
1. Staffel, 5. Folge - Contrapasso
1. Staffel, 6. Folge - The Adversary
1. Staffel, 7. Folge - Trompe L'Oeil
1. Staffel, 8. Folge - Trace Decay
1. Staffel, 9. Folge - The Well-Tempered Clavier

Westworld wird derzeit bei HBO in den USA ausgestrahlt und ist in Deutschland bei Sky Go, Sky On Demand und Sky Ticket  verfügbar. Wir begleiten die 10 Episoden mit wöchentlichen Recaps.

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