Westworld - Wir blicken auf die 1. Staffel, 7. Folge im Recap

15.11.2016 - 12:20 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Westworld mit Tessa Thompson als Charlotte HaleHBO
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Menschen verwandeln sich in der 7. Episode von Westworld in Hosts. Nichts ist, wie es scheint, und die Westworld vielleicht doch unendlich. Was sonst noch in Trompe L'Oeil passierte, lest ihr im Recap.

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und Westworld hat mit der vorliegenden Episode jedes Vertrauen verspielt, das wir in den von vorneherein nicht sonderlich soliden Fiktionsvertrag mit dieser Serie investiert haben. Von jetzt an wird jeder Stein umgedreht und darum ging es den Autoren wohl auch, uns zu ermahnen, den Holzweg, auf den sie uns schicken, stets zu überprüfen, was ein Tanz auf der Rasierklinge des unverlässlichen Erzählers ist, der sich indes nicht zu schade oder doch arrogant genug ist, uns 45 Minuten vor dem bisher größten Twist der Staffel mit einem Alice in Wonderland-Zitat an die Stirn zu klopfen: "Nothing would be what it is because everything would be what it isn't", lässt die Serie Bernard aus einem psychedelischen Märchenbuch vorlesen.

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Trompe L'Oeil löst mehr oder weniger berechtigte Zweifel an der Integrität der Welt und der Beschaffenheit ihrer Bewohner ein. Weniger berechtigt, da der nunmehr als Host geoutete Bernard (Jeffrey Wright) noch in der ersten Szene der Episode mit Erinnerungen an seinen sterbenden Sohn Charlie menschlich unterfüttert wird. Mehr, da irgendein Mitarbeiter früher oder später zum Host werden musste, um den oben beschriebenen Effekt beim Zuschauer auszulösen. Der Host Bernard macht alle anderen (vermeintlichen) Hosts plausibler und korrumpiert gleichzeitig den Menschenstatus der meisten Mitarbeiter, Ford eingeschlossen. Ford wiederum ist nun als starker Delos-Widersacher mit einigermaßen klaren Absichten etabliert: Der Mann ist zu allem fähig. Es ist etwa gut möglich, dass wir uns von der hervorragenden Sidse Babett Knudsen noch lange nicht werden verabschieden müssen, nur weil die am Ende, niedergestreckt von Bernard, tot in Fords Leichenkeller liegt, wo die fleißigen Maschinen schon an einem neuen Host arbeiten.

Ob Elsie (Shannon Woodward) die vorletzte Episode überlebt hat, wissen wir jetzt übrigens immer noch nicht, und auch nicht, wer die schwarze Gestalt war, die sie überfiel. Womöglich war das der Ford gefügige Bernard, oder Elsie ist ebenfalls ein Host, ebenso wie ihr engster Vertrauter. Vergessen dürfen wir hier nicht, dass Bernard Ford als Spion diente, Ford also alles weiß, was Bernard weiß, ergo auch, was Elsie wo im Schilde führte. Hinter ihrer Entführung wird mit größter Wahrscheinlichkeit Ford stecken.

Bemerkenswert ist überdies, dass Ford unten im Keller bei seiner Offenbarung die neue fiese Charlotte Hale (Tessa Thompson) zitiert: "Sadly [...] the situation demands a blood sacrifice", stellte er seinem Exekutionsbefehl zulasten Theresas voran, die diese Wendung bereits gehört hatte, nachdem sie Hale in flagranti mit Hector erwischte. Ungeachtet dessen wurde Theresa daraufhin von Hale in einen Usurpationsplan eingeweiht, der Ford betrifft. Ford soll abgesägt werden, erklärt ihr das hohe Delos-Tier Hale, abgesägt, aber nicht gefeuert. Er soll aus freien Stücken gehen, damit er die in den letzten 35 Jahren des Westworld-Bestehens angesammelten Daten nicht unwiderruflich löscht. Deshalb das ganze Industriespionage-Missverständnis: Delos wollte lediglich Daten sichern. [Edit.: Der während des gesamten Gespräches anwesende Host Hector Escaton könnte Ford hier ebenfalls einen nützlichen Spionage-Dienst erwiesen haben.]

Ja, Ford hat Macht, aber Delos hat mehr, denkt es zumindest. Ein Übergang soll hergestellt werden, der Ford als Imperator seines Reiches ablöst. Dies bedarf ebenjenes Blood sacrifice. "We need to demonstrate just how dangerous Ford's creations can be". Fords eigene Vorführung am Ende der Episode ist in der Hinsicht viel überzeugender als die inszenierte Demonstration durch Hale und Theresa. Die wollen beweisen, dass das aktuelle Charakter-Update bis in die letzte Algorithmus-Ecke verbuggt (dt.: fehlerhaft) war, und tun das mit einer organisierten Vorführung dessen, was wir schon seit der ersten Episode beobachten: Die Hosts behalten einen Groll gegen diejenigen zurück, die ihnen geschadet haben und reagieren mit wilden Racheaktionen. Die Westworld-Beletage zuckt angewidert zusammen, als den Hosts in aller Anschaulichkeit das angetan wird, was ihnen tagtäglich angetan wird. Das erinnert an die Fleischesser kurierenden Schlachthaus-Videos, die im Internet kursieren. Und weil sich selbst verprügelnde Host genauso erschreckend (und gefährlich) sind, sollen die Hosts gerebootet werden bzw. lobotomisiert.

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Aber warum das alles? Um die Hosts geht es nicht. Oder, um es mit den Worten Theresas zu sagen: "Do you really think the corporation's interest here are tourists playing cowboy?" Hale lässt nur etwas tiefer blicken: "It's our little research project that Delos cares about. That's where the real value is."

Erstes Lobotomie-Opfer wird jedenfalls Clementine, das Maeve-Mädchen, an der die Hosts-sind-gefährlich-Demonstration vorgenommen wurde. Während Clem aus dem Saloon abgeholt wird und die Welt um sie herum einfriert, bleibt Maeve nach ihrem ganz persönlichen Update übrigens handlungsfähig. Außerdem ist sie sich der programmierten Dialogzeilen unangenehm bewusst, die ihr in den Mund gelegt werden, fühlt sich dabei vielleicht so ertappt wie wir, wenn wir mitten in einer Geschichte merken, diese schon einmal vor langer Zeit erzählt zu haben. Königin der Westworld wird Maeve (Thandie Newton) trotzdem nicht, denn dafür müsste sie erstmal hierbleiben. Aber Maeve will weg und die ihr hörigen Ingenieure Felix und Sylvester werden ihr dabei helfen, ob sie wollen oder nicht.

Dolores (Evan Rachel Wood), William und Lawrence fahren derweil oder zu einer ganz anderen Zeit mit ihrem Zug und Nitroglycerin durch Ghost Nation-Territorium, denn das ist der einzige Weg nach ... ja wohin eigentlich? Ans Ende der Westworld? "My friend wanted to see what was at the end of all this", sagt William (Jimmi Simpson) über den zurückgelassenen Logan (Ben Barnes). Aber jetzt ist nicht Logan hier in der Nähe des Endes der Welt, sondern William. Womöglich hat Jimmi Blut geleckt und es schmeckt ihm sogar noch besser als dem lediglich an der Oberfläche kratzenden Logan, mutmaßt Lawrence.

William will die Geschichte dieser Welt ergründen wie die Bücher, die er als Kind gelesen hat. Nun fühlt er sich, als würde er in ein solches hineingezogen wie Bastian Balthasar Bux in Die unendliche Geschichte. Aber jedes Buch ist irgendwann ausgelesen und jede künstliche Welt bis in die letzte Nische erforscht. Seine Westworld bleibt unser Mittelerde.

Wenn William der Man in Black (Ed Harris) ist, und die Anzeichen verdichten sich, hat er sich in diese Welt verliebt, in ihre reichhaltige Fiktion und die Unendlichkeit, die er in der Zuneigung (Liebe?) zu Dolores spürt. Aber Westworld bleibt eben eine Geschichte, ein berechenbares Konstrukt, was im MiB den Wahn auslöste, zum Kern vorzudringen. Das Open World-Spiel kann noch so detailliert gestaltet sein und seine Welt so weit, irgendwann reitest du doch zum Rand der Karte, aus einem irrationalen aber höchst menschlichen Bedürfnis heraus, das uns die Meere und den Weltraum bereisen, uns Historiker, Entdecker Forscher und Astronauten werden lässt.

You got a knack for killing. (Lawrence zu William)

William und Dolores schlafen noch im Zug miteinander, obwohl er ihr gesteht, im Woanders eine andere Frau zu lieben. Wird er süchtig nach dieser Welt und dem, was sie ihm zu geben vermag? Plötzlich sind wir in einem alten Republic-Western, als abtrünnige Konföderierte den Zug überfallen und das Liebespaar und Lawrence gerettet werden von herbeistürmenden Indianern. Hinausgetrieben an den Rand eines Canyons blicken sie in die Ferne, wo das Ende Westworlds noch lange nicht in Sicht ist. Die Künstlichkeit dieser Welt scheint in dem Moment so abwegig, wie sie es einst bei Bernard war.

Alle Recaps zur 1. Staffel von Westworld:

1. Staffel, 1. Folge - The Original
1. Staffel, 2. Folge - Chestnut
1. Staffel, 3. Folge - The Stray
1. Staffel, 4. Folge - Dissonance Theory
1. Staffel, 5. Folge - Contrapasso
1. Staffel, 6. Folge - The Adversary

Westworld wird derzeit bei HBO in den USA ausgestrahlt und ist in Deutschland bei Sky Go, Sky On Demand und Sky Ticket  verfügbar. Wir begleiten die 10 Episoden mit wöchentlichen Recaps.

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