Westworld - Wir blicken auf die 1. Staffel, 9. Folge im Recap

29.11.2016 - 14:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Bernard in WestworldHBO/Sky
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Die 9. Episode Westworld lüftet weitere Geheimnisse und Maeve rüstet sich für einen verheerenden Befreiungsschlag. Lest hier das Recap zu The Well-Tempered Clavier.

Eine Serie, die sich im Andeuten eines großen Geheimnisses übt, droht in ihren Abschlussepisoden zum prosaisch umschlungenen Abhaken aller behutsam aufgezogenen Fragezeichen zu verflachen. Nun da es so langsam zusammengesteckt wird, das Bigger Picture, mit dem Theresa Cullen im Piloten noch protzte, stehen wir vor Westworld aber nicht enttäuscht. Anders als der Posterboy-Outlaw Hector Escanado vor dem leeren Banksafe, den Maeve ihm als Sinnbild für die Seelenlosigkeit der Welt vorführt, in der er als Attraktion sinnlos raubt und tötet.

Die Attraktionen Westworlds waren nie ausschließlich ihre Geheimnisse und wenn die Geheimnisse ihrer Büchse jetzt allmählich entsteigen, hinterlassen sie kein leeres Gefäß. Die Serie schreitet aber doch spürbar ihrer Entblätterung entgegen, der Flow hat sich in den letzten zwei Episoden verändert. Der Befriedigung, oder, um es weniger delikat auszudrücken, dem Reiz des Fahndens folgt die Auflösung. Die geht hier eher schleichend vonstatten und schließt nicht stilisiert verdichtet wie auf den letzten dreißig Seiten eines Agatha Christie-Krimis mit der Versammlung aller zu Untaten Verdächtigten in einem Raum.

Bernard und Maeve

Zwei populäre Theorien kreuzen sich in The Well-Tempered Clavier: Bernard (Jeffrey Wright) ist sowohl ein Host als auch Arnold. Die eine Theorie wäre ohne die jeweils andere nicht möglich. Mit diesem Zaunpfahl winkt Maeve (Thandie Newton) schon zu Beginn der Episode, in der die zwei Hosts ganz offen über ihr Hostsein parlieren, was ein wenig ungewohnt ist, denn sonst war die eine Seite eines solchen Gespräches immer menschlich. Die mentale Vernetzung zwischen Bernard und Maeve ist auffällig, wird hier aber nicht aufgegriffen. Bei beiden ist der Eckpfeiler ihrer Identität der Verlust des eigen Fleisch und Blut. Womöglich hat Bernard seinen Emotion-Code des Verlusts eines Kindes auch auf Maeve übertragen.

Wouldn't you rather speak man to man? Or, rather, whatever it is we are.

Den Turing-Test 2.0 bestehen Bernard und Maeve mit Bravour. Maeve pickst den in der vergangenen Episode noch realitätsflüchtigen Bernard rhetorisch und zieht ihn auf ihre Seite, wissend, dass dieser zunächst die ihr vertrauten Emanzipationsphasen eines erleuchteten Hosts durchlaufen muss: "And, Bernard? If you go looking for the truth, get the whole thing. It's like a good fuck. Half is worse than none at all."

Erst bei der Ergründung der ganzen Wahrheit überhitzen Bernards durchaus begrenzte Rechenkapazitäten. Die Vorführung der eigenen Geburt, in Bernards Fall die Erschaffung durch Robert Ford (Anthony Hopkins), würde allerdings auch uns Kopfschmerzen bereiten. Ford, der sich gerne auf sich selbst als Gottfigur bezieht, erschuf Bernard nach dem Abbild des Schöpfers Arnold, flocht ihm dessen Gepflogen- und Eigenheiten bei und unbeabsichtigt wohl auch dessen Ansinnen, Hosts mit maximalem ergo menschengleichem Bewusstsein anzufüllen und sie in die Welt zu entlassen oder sie zumindest nicht länger den Gewalt-, Sex- und Machtphantasien der Westworld-Gäste auszusetzen.

Humans are alone in this world for a reason. We murdered and butchered anything that challenged our primacy. (Ford)

Bernard trägt das Erbe fort, aber er ist ein wohlgestimmtes Klavier und "The piano doesn't murder the player if it doesn't like the music", ...sondern umgekehrt. Die Episode geht nicht gut aus für Bernard. An Ford ist in dieser Welt kein Vorbeikommen; nur Wonder Woman Maeve ist mit ausreichend Empowerment ausgestattet, um ihm die Stirn zu bieten. Gut, da wäre noch Vorstandsmitglied Charlotte Hale, die Ford auf dem Dienstwege entsorgen könnte und sich hierfür die Stimme des Vorstandsmitgliedes MiB (Ed Harris) sichern will. (Der Vorstand möchte weniger Drama, dafür mehr warme Körper zum Ficken und Töten, that's it.) Eine Konfrontation Maeves mit Ford im anstehenden Finale hätte aber doch etwas mehr Pep.


Bei Maeve indes müssen wir doch langsam bezweifeln, ob ihr Strang sich in der einen noch verbliebenen Episode tatsächlich abschließen lässt. Und fast klingt diese Frage wie eine zur Zukunft der Serie bzw. ihrer künftigen Gestaltung. In dieser Folge rekrutiert Maeve zwei starke Verbündete, außer Bernard noch Hector Escanado, bei dem sie nicht allzu viel Überzeugungsarbeit leisten muss. Ein kurzer Hinweis auf die Westworld als Potemkinsches Dorf genügt und Maeve und Hector reiten zum zweiten Mal aufeinander sterbend in die Hölle, die City Swallowed by Sand, hinein.

William und Dolores

„These violent delights have violent ends", raunte Vater Abernathy seiner Tochter Dolores (Evan Rachel Wood) in der ersten Episode zu. Dieses Romeo und Julia-Zitat stellt zum Ende der Serie, da zwei Menschen aus verschiedenen Welten sich ineinander verlieben, vor allem Williams Geistesverfassung bloß. Vor dem höhnischen, von einer schlimmeren Welt als der Westworld verrohten Logan, wirkt er wie ein verliebter Freier, der sein Mädchen befreien will. Die von Logan verletzte Dolores kann fliehen und erschießt ein paar Konföderierte. William toppt das Ganze und schlachtet Logans Trupp in einer Nacht vollständig ab. Er will nur mit Dolores zusammen sein.

The man returned for the last time and vanquished all his oppressors in a tireless fury.

Die verschlägt es zurück nach Escelante und wohl auch in eine andere Zeitlinie, und wir begleiten sie dabei in einer an Cloud Atlas - Alles ist verbunden erinnernden zeitlinienübergreifenden Parallelmontage, die zwischen Bernards und Fords Aussprache und Dolores Selbstfindung schwenkt. Hineingezogen in eine Kirche wechselt Dolores die Kleidung, aus Hose und Hemd wird wieder das himmelblaue Kleid. Von der Bauchverletzung ist schon lange nichts mehr zu sehen. Wir sind in Dolores Erinnerung und Dolores auch. Im Keller der Kirche erinnert sich Dolores, dass sie es war, die Arnold tötete, was wahrscheinlich auf Fords Befehl hin geschah. Zurück in der Kirche trägt Dolores wieder Hose und Hemd, also das, was sie trug, als sie mit William zusammen war. William nennt sie auch die dunkle Gestalt, die die Tür zur Kirche krachend aufstößt. Dort erscheint aber der Man in Black, so prachtvoll und furchteinflössend wie noch nie zuvor. Mit ihrem William hat der Man in Black wenig gemein.

Wichtiges im Abseits:

  • Ex-Empfangsdame Angela hatte gehofft, Teddy würde wieder neben Bösewicht Wyatt kämpfen. "Maybe in the next life", sagt sie und tötet ihn. Ist sie spirituell, war das nur ein lässiger Oneliner oder kennt sie die Mechanismen des Parks genauso gut wie Maeve?
  • Stubbs wird von der Ghost Nation-Meute attackiert, die auf seine Befehle nicht hören will
  • Charlotte Hale hat jetzt das Copyright für einen der coolsten Sprüche der Serie inne "Have you ever considered golf?" (Zum als Vorstandsmitglied von Delos geouteten MiB.)

Alle Recaps zur 1. Staffel von Westworld:

1. Staffel, 1. Folge - The Original
1. Staffel, 2. Folge - Chestnut
1. Staffel, 3. Folge - The Stray
1. Staffel, 4. Folge - Dissonance Theory
1. Staffel, 5. Folge - Contrapasso
1. Staffel, 6. Folge - The Adversary
1. Staffel, 7. Folge - Trompe L'Oeil
1. Staffel, 8. Folge - Trace Decay

Westworld wird derzeit bei HBO in den USA ausgestrahlt und ist in Deutschland bei Sky Go, Sky On Demand und Sky Ticket  verfügbar. Wir begleiten die 10 Episoden mit wöchentlichen Recaps.

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