Top of the Lake: China Girl - Das erwartet euch in der 2. Staffel

07.12.2017 - 10:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Top of the Lake: China GirlSundance TV/BBC Two
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Nach 4 Jahren Pause kehrt Top of the Lake in mit einem neuen Setting, neuen Darstellern und der immer noch fantastischen Elisabeth Moss in die 2. Staffel zurück. Hier ein paar spoilerfreie Eindrücke vom Festival in Cannes.

Dieser Artikel erschien am 24.05.2017 im Rahmen der Berichterstattung über das Filmfestival in Cannes. Heute startet Top Of The Lake Staffel 2 bei Arte.

Manchmal schrecke ich nachts auf mit der blitzartigen Eingebung, dass Gwendoline Christie in Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht mitspielt. Zugegeben, die Sache mit der Nacht ist eine minimale Übertreibung. Die Erinnerung an Captain Phasma aber, sie bedrückt. Wer Christie in Game of Thrones als schlagfertige Brienne of Tarth lieben lernte, musste zusehen, wie der verchromte First Order-Kapitän ereignislos im Müll entsorgt wurde. Jane Campion verschafft uns gemarterten Christie-Afficionados mit der 2. Staffel von Top Of The Lake Linderung. Beim Festival Cannes wurde die sechs Episoden lange Staffel mit dem Titel Top of the Lake: China Girl gezeigt, Monate vor dem internationalen Start im September 2017. Die ersten beiden Folgen versprechen eine rigorose Abkehr vom naturbelassenen Setting in Neuseeland. Der Schnitt ist hart, denn China Girl ähnelt mit dem Auszug in die Stadt automatisch der urbanen Krimikonkurrenz, in der es an brutalen Frauenmorden bekanntlich nicht mangelt. Von solchen Äußerlichkeiten sollte sich aber niemand abhalten lassen. Top of the Lake und Hauptdarstellerin Elisabeth Moss präsentieren sich in der 2. Staffel so stark wie eh und je. Die Serie ist auch nach vier Jahren Pause eine einzigartige Vision eines Krimis mit spezifisch weiblicher Perspektive. Unterstützt wird Moss von den Casting-Neuzugängen Nicole Kidman, David Dencik und eben Gwendoline Christie, deren köstliches Zusammenspiel mit Moss für den Rest der Staffel, ähem, Großes verspricht. Der September kann nicht früh genug kommen.

Top of the Lake: China Girl

Vier Jahre sind also ins Land gezogen, seit Detective Robin Griffin (Elisabeth Moss) in ihrer neuseeländischen Heimat das Verschwinden eines jungen Mädchens untersucht hatte. Nun versucht sie sich wieder in Sydney einzuleben. Wir sehen in den ersten beiden Folgen übrigens keine Luftaufnahmen des sofort wiedererkennbaren Opernhauses, Ausdruck des ästhetischen Ansatzes der Regisseure Jane Campion und Ariel Kleiman (Partisan), die austauschbare Baukasten-Topografie dieser Art vermeiden. Der berühmte Bondi Beach wiederum wird als Schauplatz eines grausamen Fundes eingefügt. Ein Koffer wird angespült, von Verwesungsgasen an die Wasseroberfläche getrieben. Lange schwarze Menschenhaare hängen heraus. Wir haben zuvor gesehen, wer den Koffer ins Meer gestoßen hat, wie die junge asiatischstämmige Frau darin zu Tode kam, bleibt ein Geheimnis.

Detective Robin Griffin braucht diesen Fall. In ihr altes Revier Sydney ist sie als Fremde zurückgekehrt. Die Ereignisse in Neuseeland verfolgen sie, die Kollegen misstrauen ihren Fähigkeiten oder belächeln ihre weibliche Kollegin aus Prinzip. Dass sich die nach eigenen Worten "zölibatär" lebende Robin außerhalb der Arbeit einzig an einem Sixpack Feierabend-(oder -nachmittag)Bier wärmt, verschafft wenig Beruhigung über ihren geistigen Zustand. Da kommt die von ihrem Chef auferzwungene Begleitung durch Neuling Miranda (Gwendoline Christie) gerade recht. Ihr erster Verdacht: Die Tote reiste nach Australien ein, um als Sexarbeiterin in Bordellen ihre Schulden abzubezahlen.

Neue Figuren, erstklassig besetzt

Die große Blonde mit der treuherzigen Art und die kleine schroffe Einzelgängerin beleben das Geschehen aufs Amüsanteste. Eine der Stärken von Top of the Lake bestätigt sich damit auch in der 2. Staffel. Die Charakterzeichnung hat den Mut zu groben Zügen, die sofort auffallen. Nur lässt sie gleichzeitig Raum für Widersprüche und Überraschungen. Christies Anfänger-Polizistin könnte auch einem Komödiendrehbuch entsprungen sein, wenige Schattierungen (eine Zigarette zum falschen Zeitpunkt z. B.) genügen, um in Top of the Lake dennoch einen abgerundeten, aber nicht abgeschlossenen Charakter auferstehen zu lassen.

So verhält es sich auch mit Nicole Kidmans Lehrerin, deren Adoptivtochter aus Rebellion alle Ideale ihrer Mutter ins Gegenteil verkehrt. Hier die selbsterklärte Feministin mit dem obligatorischen Intellektuellen Haarwust auf ihrem Kopf, da die 17-Jährige, die davon träumt, eine Ehefrau zu sein, und keine Lust auf Arbeit hat. Das sei was für alte Leute, so ab 35, sagt sie. Ihr Freund (David Dencik) trägt 20 Jährchen mehr auf dem mageren Buckel, eine betont lustlose Haarmatte auf dem Kopf und geht als Sprachlehrer für "dirty english" in einem Bordell ein und aus. Ein paar Bezahlsexsuchtis, die den ganzen Tag auf den Airbnb-Äquivalenten für Prostituierte surfen, erweitern das Ensemble potenzieller Verdächtiger.

Krimi ist aber nicht alles in Top of the Lake. Als Porträt von Frauen und den Männern, die sie auf subtile wie brutale Art zu kontrollieren suchen, bleibt Top of the Lake auch in der 2. Staffel eine Bereicherung der überfüllten Krimiwelt. Die unterschätzt man auf eigene Gefahr - genau wie Robin Griffin.

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