The Walking Dead ist noch immer die beste TV-Serie

22.02.2020 - 13:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
The Walking Dead
AMC
The Walking Dead
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Trotz sinkender Quoten überzeugt The Walking Dead weiterhin mit einem komplexen Gesellschaftsbild und dem bisher wohl unheimlichsten Bösewicht der Serie.

Aus unerfindlichen Gründen geht The Walking Dead das Publikum verloren. Früher schalteten in den USA durchschnittlich 15 Millionen Zuschauer die AMC-Serie ein, der Auftakt von Staffel 5 galt als meistgesehene TV-Folge in der Geschichte des US-Kabelfernsehens. Von solchen Bestmarken ist das im Quotentief dümpelnde Format heute weit entfernt, zuletzt verfolgten gerade mal 3 Millionen Amerikaner die aktuelle Staffel 10.

Obgleich Einschaltquoten dem Zeitalter linearer Medienübertragung entstammen und daher zunehmend an Bedeutung verlieren, überrascht der enorme Zuschauerschwund bei The Walking Dead. Schließlich wurde die hochkomplexe Zombie-Serie mit den Jahren immer besser, erreichte in der Ära Negan sogar ihren bisherigen Höhepunkt. Von Abnutzungserscheinungen keine Spur.

The Walking Dead: eine neue Gesellschaftsordnung

Seit dem sogenannten All Out War hat sich das Miteinander der Figuren weiter verkompliziert. Über die Form ihres Zusammenlebens herrscht Uneinigkeit, das von Michonne (Danai Gurira) erarbeitete Grundsatzpapier bildet allenfalls den Minimalkonsens ab. Tatsächlich geht es um eine völlig neue Gesellschaftsordnung – darum, wie nicht allein mit Gegnern, sondern vor allem mit sich selbst umgegangen werden soll.

The Walking Dead: Negan (Jeffrey Dean Morgan)

Dass der Sieg über die Saviors (jene Kryptofaschisten, in deren Versorgungslogik der Mensch eine Ressource war) keine stabilen Verhältnisse geschaffen hat, scheint nur folgerichtig: Wo der gemeinsame Rivale bezwungen ist, werden Trennlinien umso deutlicher gezogen. Eine Partei wählt den isolationistischen Kurs, die andere entscheidet sich für Aufgeschlossen- und Zugewandtheit. Und mittendrin treffen besonnene Diplomaten auf schießwütige Cowboys.

Zwar ergeben sich daraus pragmatische Verbünde und Patchwork-Familien, die ihre Differenzen auf Augenhöhe verhandeln (und, wie zuletzt geschehen, einen Community-übergreifenden Schutzpakt schließen). Doch ist jedwedes solidarische Handeln immer schon von der Möglichkeit des drohenden Zerwürfnisses kontaminiert, weil alle Protagonisten der Serie – ganz besonders ihre Identifikationsfiguren – Glaubenskriege führen.

Negan, das Herzstück von Staffel 10

Auch deshalb ist The Walking Dead ungebrochen spannend. Wir bekommen es mit hochgradig befremdlichen Figuren wie Carol (Melissa McBride) zu tun, die skrupellos jeden ermordet, der eine auch nur theoretische Gefahr darstellt. Und werden zugleich mit Beweggründen konfrontiert, die moralische Verortungen erschweren: Was nützt eine Kritik der Abschottung, wenn Alexandria, Hilltop und Co. ohne Mauern schlicht nicht mehr existierten?

Insbesondere Negan (Jeffrey Dean Morgan) hat die Kräfteverhältnisse der Serie dabei gründlich auf den Kopf gestellt, ist doch sein Überleben zum Prüfstein elementarer Werte geworden. Ständig kollidieren an ihm noble Absichten mit nachvollziehbaren Affekten: Die Frage, ob Feinde der Freiheit eingesperrt statt hingerichtet werden sollen, ist hier nach wie vor ein Gradmesser zivilisatorischer Bemühungen.

The Walking Dead: Alpha (Samantha Morton)

So tritt Negan in Staffel 10 einmal mehr als Verbindungsmann innerer und äußerer Gefahren auf. Er wird zum Retter in der Not, als fremdenfeindliche Übergriffe auf Alexandria-Neubewohnerin Lydia (Cassady McClincy) das fragile Gerüst der vorgeblichen Gemeinschaft offen legen (eine Tat, welche ihm erneut die Todesstrafe zu bringen droht), und infiltriert in mutmaßlich guter Absicht die unter Zombies lebenden Whisperer.

Der Todeskult der Whisperer

Angeführt werden diese Whisperer von der unberechenbaren Alpha (Samantha Morton), nach deren sozialdarwinistischen Überzeugungen ("we're animals") ein nicht zum Schweigen gebrachtes Baby bestenfalls Zombiefutter ist. Vom Glauben an natürliche Auslese zeugen ebenso das rastlose Leben unter freiem Himmel und die Identifizierung mit lebenden Toten – abermals ist in The Walking Dead nichts so bedrohlich wie ein geschlossenes Weltbild.

Anders als der Governor, die Terminus-Kannibalen oder Negans einstige Gefolgschaft haben die Whisperer sich einen Lebensbereich erschlossen, der nicht Zufluchts-, sondern Bestimmungsort sein soll. Da Opferbereitschaft eine Grundvoraussetzung ihres Quasi-Todeskults ist, steht für sie kaum etwas auf dem Spiel. Vielleicht hat es in der Serie noch keine gefährlicheren, so konsequent der Barbarei verfallenen Antagonisten gegeben.

  • Staffel 10 von The Walking Dead geht ab 23. Februar 2020 auf AMC weiter. In Deutschland sind die neuen Folgen jeweils am Tag nach der US-Ausstrahlung bei Sky zu sehen und als Abruf bei Sky Ticket verfügbar. Alle Folgen von Staffel 10 gibt es hier im Überblick und Stream.

Über Rückblenden offenbarte die bisher stärkste Folge von Staffel 10 dann auch jenen unheimlichen Menschenschlag, der seinen Größenwahn in der Zombie-Apokalypse produktiv zu machen versteht. Auf Triebventile haben falsche Propheten wie Alpha ein Leben lang gewartet. Beklemmender denn je erzählt The Walking Dead von Fanatikern, die erst im gesellschaftlichen Umsturz zu sich finden.

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