Rush Hour - Das Serien-Reboot im Pilot-Check

19.06.2017 - 11:00 Uhr
Während der Rush Hour geht's drunter und drüberCBS
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Die Rush Hour-Trilogie wird um eine Serie erweitert. Das Buddy-Cop-Genre erfindet der Pilot nicht neu, Luft nach oben gibt es reichlich. Vielleicht bleibt Rush Hour aber auch einfach die leere Verheißung, nach der es klingt.

Update, 19.06.2017: Heute Abend startet die 1. Staffel von Rush Hour auf Sat.1. Wie uns der Aufakt gefallen hat, erfahrt ihr in unserem Pilot-Check, den wir letztes Jahr anlässlich der US-Premiere geschrieben haben.

Bei Buddy-Cop-Movies, diesem wunderlichen, sehr hollywoodesken Sub-Genre, dient ja eher die Gegensätzlichkeit der Charaktere als MacGuffin als der eigentliche Fall. Der Kriminalfall gerät in Filmen wie Starsky & Hutch, Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis oder auch der Buddy-Cop-Persiflage Hot Fuzz - Zwei abgewichste Profis für gewöhnlich zur Nebensache. Diese Filme interessieren sich eher für die Annäherung der Figuren zueinander im Laufe ihrer gemeinsamen Ermittlung, derweil charakterliche/ethnische/kulturelle Hindernisse überwunden werden. Erst wird der Fall trotz aller persönlicher Vorbehalte gelöst, später ebendarum. Der Pilot der Serie Rush Hour verhandelt die Unterschiedlichkeit der Partner Lee und Carter zunächst auch auf einer ethnisch-kulturellen Ebene. Wichtiger sind, da sie mehr Reibung erzeugen, aber deren charakterliche Kontrapunkte.

Immer gern gesehen: Der Witzbold und der Einzelgänger. In Rush Hour ist einer beides und der andere ein stilles, zur Pedanterie neigendes Wasser. Zu Beginn der Episode werden uns zur allgemeinen Veranschaulichung die gegensätzlichen Auffassungen der beiden Cops von ihrer dienstlichen Ausübung vorgeführt. Carters (Justin Hires) Solo-Einsatz etwa endet mit einem Hubschrauberflug über Los Angeles und einer Bruchlandung am Ufer eines unter kalifornischer Sonne aquamarin schimmernden Großstadtpools. Das tollkühne Unterfangen rügt Captain Lindsay Cole (Wendie Malick) mit einer Suspendierung, wenngleich der Hubschrauber nicht einmal die Güte hatte, nach seinem Aufschlag standesgemäß zu explodieren.

Detective Lee (Jon Foo) hingegen hat sich in seiner Heimat Hong Kong als Beamter mit Repräsentationspotential erwiesen, handelt nach Lehrbuch und leidet wahrscheinlich schon unter schlechtem Gewissen, wenn er die Zubereitungshinweise einer Tütensuppe missachtet. Warum aber sollten sich Detective Lee (Hong Kong) und Detective Carter (Los Angeles) überhaupt jemals über den Weg laufen?

Ganz einfach: Als ein Komitee von Hong Konger Polizisten am Flughafen von L.A. hingerichtet und eine weitere Beamtin gefangen genommen wird, soll die Situation zügig aufgeklärt werden, um größere diplomatische Belastungen zu vermeiden. Detective Lee wird nach L.A. geschickt, um vor Ort zu ermitteln, handelt aber auch auf eigene Rechnung, denn die entführte Polizistin ist seine Schwester Kim. Detective Carter, dessen Gesicht meist zur Hälfte aus Grinsen besteht, wird zu seinem "Babysitter" ernannt.

Bist du ein chinesischer Roboter aus der Zukunft? (Carter)

Lee gibt steingesichtig vor, kein Wort Englisch zu sprechen, während Carter sich Eddie Murphy-mäßig in Rage monologisiert, also genug für zwei, drei oder vier schwarze Klischee-Cops spricht. Später spricht Lee natürlich. Das ist sein erster auf amerikanischem Boden artikulierter Satz: "Ich lasse Menschen, die gerne reden, reden. So lässt sich leicht feststellen, wie viel Müll in ihnen steckt." Jaja, kennen wir alles schon. Also, ums kurz zu machen, Rush Hour, die Serie, geht in etwa so los wie Rush Hour, der Film, der 1998 Jackie Chan einem ganz breiten Publikum bekannt machte und zwei Sequels heranzüchtete, von denen das erste nur deshalb halbwegs annehmbar war, weil es die besten Witze aus dem ersten Teil wiederkäute. Da Selbstwiederholung so ziemlich das Gegenteil von Selbstironie ist, kalauert auch Rush Hour, die Serie eher eindimensional vor sich hin und kommt dabei als Schnelldurchlauf des Films daher.

Dem partnerallergischen Heißsporn wird ein Muster-Cop vor die Nase gesetzt und der Topf findet allmählich seinen Deckel. Beide beginnen sehr früh, sich zu ergänzen, voneinander zu lernen und sich zu schätzen. Wo Carter cholerisch an Wände hämmert, dass die Flat-Screens zu Boden stürzen, senkt Lee die Stimme und wird mit Informationen belohnt. Gemeinsam jagen sie einen blondgefärbten Chinesen ("Chinese Eminem", Zitat Carter).

Die Action, die die schnellen Dialoge unterbricht, ist eher uninspiriert. John Foo kämpft bei weitem nicht so geschmeidig wie Jackie Chan und schon lange nicht so kreativ, aber das ist auch ein gemeiner Vergleich. Dafür kann John Foo ein eindrucksvolles Bauchmuskelbrett vorweisen, hat nur eben bislang im schauspielerischen Bereich keine größeren Sprünge gelandet als Tekken. Captain Cole zufolge sieht er jedoch aus wie ein asiatischer Orlando Bloom, und da ist echt was dran.

Carter und du, ihr seid euch sehr ähnlich.- Ich betrachte das als größte Beleidigung meines Lebens. (Lee)

Von einem Bill Lawrence (Scrubs - Die Anfänger), der hier das Drehbuch schrieb, dürfen wir in den kommenden Episoden durchaus den ein oder anderen sitzenden Gag mehr erwarten. Jon Turteltaubs (Das Vermächtnis des geheimen Buches) prüde Action-Inszenierungen waren allerdings schon immer recht einfallslos. Mehr Kampfsport-Action wäre nett, und die trübe Chemie zwischen den Darstellern könnte (oder müsste) später noch Funken schlagen. Sowas unterliegt ja meist ebenfalls einem Bindungsprozess - wie zwischen Carter und Lee. Rush Hour ist eine Serie, der man guten Gewissens ein, zwei Folgen Zeit geben kann.

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