Patricia Clarkson - Southern Girl goes NYC

01.09.2011 - 08:50 Uhr
Patricia Clarkson in Elegy
Sony Pictures
Patricia Clarkson in Elegy
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Mit Cairo Times und Freundschaft mit gewissen Vorzügen kommen demnächst zwei Filme in die deutschen Kinos, in denen Patricia Clarkson auf der Leinwand auftaucht. Und weil wir uns immer wieder freuen, wenn wir sie sehen: Zeit für ein Portrait.

Sie ist eine dieser Schauspielerinnen, die aus irgendwelchen Gründen so gut wie nie als Lieblingsdarstellerinnen genannt werden. Wenn sie dann aber in einem Film auftauchen, freuen sich alle, sie zu sehen. Patricia Clarkson, US-amerikanische Schauspielerin, oft verbucht als ewige Nebendarstellerin. Falsch. In Pieces of April – Ein Tag mit April Burns spielte sie die Rolle einer krebskranken Mutter und erhielt für ihre Glanzleistung eine Oscarnominierung. In ihrem neuen Film Cairo Time, der heute deutschlandweit in den Kinos startet, verliebt sie sich in ihren Filmpartner Alexander Siddig. Doch es stimmt: brachiale Gewalt, bombastische Effekte und Blockbuster-Ästhetik sind Patricia Clarksons Sache nicht. Sie sucht sich ihr Rollen nach anderen Gesichtspunkten aus. Interessante Charaktere in kleinen, besonderen Produktionen haben es ihr angetan. Oft tritt sie in Independentstreifen auf, verfeinert Ensemblefilme mit ihrer Präsenz und allen feinen Nuancen ihrer Schauspielkunst. Doch was genau ist es, dieses gewisse Etwas? Was macht die Besonderheit der Patricia Clarkson aus?

Blondine mit Köpfchen
In Lars und die Frauen spielt Patricia Clarkson die kompetente Psychologin von Ryan Gosling. „Wissen Sie, das ist gar nicht notwendigerweise etwas Schlimmes“, erklärt sie Lars’ Familie mit fürsorglicher Stimme, als dieser mit einer Gummipuppe anbandelt. „Was wir eine geistige Schwäche nennen, ist nicht immer nur eine Schwäche. Es kann eine Form der Kommunikation sein; ein Weg, etwas aufzuarbeiten.“ Sie sagt diese Sätze, und ihre Zuhörer wollen sofort glauben, dass es wahr ist. Nein, sie wollen es nicht nur, sie können es gar glauben. Patricia Clarkson ist weder sonderlich alt, noch sieht sie so aus (sogar ganz im Gegenteil), doch sie strahlt eine Art von Lebenserfahrung und Selbstzufriedenheit aus, die nie abgehoben oder altmodisch wirkt. Es überrascht kaum zu hören, dass sie ihr Schauspielstudium an der Fordham University mit summa cum laude abschloss. Patricia Clarkson ist wie eine Intellektuelle ohne die Panzerung aus Tweedjacket und Nickelbrille. Sie wirkt weise und natürlich gleichzeitig.

Von der Provinzbraut zum Freigeist
In Whatever Works – Liebe sich wer kann sehen wir die blonde Schauspielerin als Mutter von Evan Rachel Wood, die eine Wandlung von der komplett pink gewandeten Südstaaten-Republikaner-Ehefrau hin zur schwarz gekleideten New Yorker Künstlerin in einer Dreiecksbeziehung durchläuft. Dieser Wandel ist dem ursprünglichen Southern Girl aus New Orleans nicht fremd. Oft erzählt sie in Interviews davon, wie die Metropole an der Ostküste ihre eigene Persönlichkeit beeinflusste. Wie ihr Charakter Marietta befreite sich Patricia Clarkson aus allen Zwängen und wurde so zum selbsternannten ‘Free Spirit’. Die Rolle in der schwarzen Komödie von Woody Allen zeigt jedoch gleichzeitig ihre unwahrscheinlichen schauspielerischen Fähigkeiten. Ohne mit der Wimper zu zucken, nehmen wir ihr die konservative Mutter wie auch die freigeistige Künstlerin ab.

Elegante Freizügigkeit
Freigeistig zeigt sich Patricia Clarkson ebenfalls in Elegy oder die Kunst zu Lieben von Isabel Coixet. Und nicht nur das – sie zeigt sich auch freizügig. Als Langzeitaffäre von Ben Kingsley dürfen wir sie in schwarzen Dessous bewundern. „Ich glaube, tief in ihrem Herzen ist Carolyn eine Stripperin“, sagt die Blondine über ihre Rolle der freien, ungebundenen Karrierefrau. Patricia Clarkson selbst war ebenfalls nie verheiratet. Trotz ihrer durchaus existenten Beziehungen taucht die Schauspielerin aber nie in skandalösen Schlagzeilen auf und bewahrt stets stilvoll die Contenance. Ein Kind von Traurigkeit ist die Frau aber ganz bestimmt nicht. Ob sie schon einmal eine ménage-à-trois geführt habe, fragt sie ein Journalist. „Nein, noch nicht, aber die Nacht ist jung“, antwortet Patricia Clarkson mit nonchalantem Lächeln.

Die Essenz des Schauspielerberufs
Ganz so frei und ungezwungen ist ihre Rolle in Vicky Cristina Barcelona nicht. In der romantischen Komödie von Woody Allen spielt sie die Besitzerin einer Villa in der katalanischen Hauptstadt, die zwar auf den ersten Blick ein wundervolles Leben lebt, sich im Grunde jedoch in ihrer Ehe gefangen fühlt. Hier ist Patricia Clarkson plötzlich nicht mehr die Femme Fatale, und auch dies weist auf eine ihrer faszinierenden Seiten hin: Ihr optischer Typ ist nicht unscheinbar, jedoch extrem wandlungsfähig, nicht auf einen bestimmten Rollentypus festgelegt. So kommt ihre abwechslungsreiche Rollenbiografie zustande. Gleichzeitig führt uns ihr Part als frustrierte Judy vor Augen, wie genau die Schauspielerin ist. Niemals erscheint sie unzufrieden, unglücklich oder gar verbittert. Patricia Clarkson zeigt sich fröhlich, lebenslustig, enthusiastisch, begeistert von ihrer Arbeit.

Ein Kritiker könnte an dieser Stelle argumentieren, sie habe kaum Ecken und Kanten, und sei deswegen austauschbar. Für mich ist diese, ihr eigene, flexible Art ein Sinnbild dessen, was ein Schauspieler im Innersten darstellen sollte: eine Leinwand für alle erdenklichen Projektionen. Vielleicht macht gerade das einen unbestreitbaren Anteil ihrer immensen Anziehungskraft aus.

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