Deutsche Effektkunst auf dem Höhepunkt

10.09.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Metropolis
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Im zweiten Teil unserer Visuell Effects-Reihe blicken wir heute auf das große Deutsche Kino der 1910er und 1920er Jahre, in denen Meilensteine wie Metropolis und Der Student von Prag entstanden sind.

In der vergangenen Woche haben wir die Anfänge der Visual Effects-Geschichte unter die Lupe genommen, die vor allem in Frankreich mit Illusionist Georges Méliès aufkeimten. Für den nächsten großen Sprung in der Trickhistorie müssen wir unseren Blick dabei gar nicht allzu weit wandern lassen. Denn auch wenn es für die meisten heute nur schwer nachzuvollziehen ist, nahm Deutschland rund um die 1910er und 1920er Jahre eine Vorreiterposition in Sachen Effektkunst ein. Lange bevor also die USA ihre Vormachtstellung auf diesem Gebiert behaupten konnte, wurden Meilensteine der Film- und vor allem Trickgeschichte in unserer trauten Heimat produziert. Blicken wir heute also auf eine Zeit zurück, in der deutsche Filme neue Maßstäbe setzten und das Kino auf der ganzen Welt beeinflusste.

Seine filmischen Glanzzeiten feierte Deutschland dabei hauptsächlich zu Zeiten des Expressionistischen Films, in denen unter anderem Meisterwerke wie Das Cabinet des Dr. Caligari, Faust oder Nosferatu, eine Symphonie des Grauens entstanden. Die deutschen Studios, allen voran das älteste Großatelier-Filmstudio der Welt in Babelsberg, schufen mit diesen und etlichen weiteren Filmen einen ganz eigenen Stil, der den deutschen Film über seine Landesgrenzen hinaus bekannt machte. Abgesehen von den gewaltigen Modellbauten in Metropolis, den ersten freien Kamerafahrten mit der entfesselten Kamera in Der letzte Mann oder den unheimlichen Schattenspielen in Nosferatu, haben vor allem die Errungenschaften auf dem Gebiet der Visuellen Effekte zum Erfolg des Deutschen Films beigetragen.

Von Spiegeltricks und Doppelbelichtungen
Es herrschte also ein regelrechter Boom in den Effektschmieden der Produktionsstudios. Um die Zuschauer bei Laune zu halten und in die Lichtspielhäuser zu locken, griffen die Produzenten buchstäblich tief in die Trickkiste. Einer der ersten Filmeffekte war der Stopptrick, der sich alsbald zur Stop-Motion-Animation weiter entwickelte. Hierbei wird ein lebloses Objekt so stückchenweise bewegt und abfotografiert, dass die Illusion einer Bewegung entsteht. Ein Filmtrick, der weit verbreitet war bzw. ist und auch in Deutschland eine weite Verbreitung fand. Doch die einheimischen Trickspezialisten schliefen nicht und entwickelten immer ausgefeiltere Effekt-Methoden, um das Publikum ins Staunen zu versetzen. Bei der Doppel- oder Mehrfachbelichtung beispielsweise wird der Film, wie es der Name schon sagt, mehrmals bespielt. So konnte ein Schauspieler doppelt in dem selben Bild erscheinen, indem erst eine Hälfte der Kamera abgedeckt und somit auch nur ein Teil des Trägermaterials belichtet wird. Anschließend wurde der Film einfach zurückgespult, der bereits belichtete Teil des Materials abgedeckt und der restliche belichtet – ein recht simpler doch im Endeffekt eindrucksvoller Trick, der in vielen Produktionen seine Verwendung fand.

Einer der wichtigsten Filmtricks jener Zeit ist das Schüfftan-Verfahren, benannt nach seinem Erfinder, dem deutschen Kameramann Eugen Schüfftan. Dieser Effekt gehört zu den Spiegeltricks, bei dem ein oder mehrere teildurchlässige Spiegel die Illusion erlaubten, Miniaturmodelle hinter Schauspielern als riesige Bauten darstellen zu lassen. Dafür wurde ein Spiegel in einem Winkel von 45° zur Kamera aufgestellt und das besagte Set-Modell so platziert, dass sein Spiegelbild die gewünschte Position im Kamerabild einnahm. Im fertigen Film sehen wir also nicht die Kulisse selbst, sondern nur ihre Reflexion. Die Schauspieler, die durch eine Aussparung im Spiegel zu sehen waren, konnten nun also beliebig weit von der Kamera entfernt stehen und somit im Vergleich zur Kulisse riesig groß oder winzig klein wirken. Seine erste Anwendung fand das Schüfftan-Verfahren im Heldenepos Die Nibelungen: Siegfried von Fritz Lang, in dem normale Schauspieler durch eben diesen Effekt wie Zwerge wirken. Doch erst in Langs Science-Fiction-Film Metropolis wurde der Einsatz des Verfahrens perfektioniert.

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