Dieser Artikel entstand im Rahmen der Aktion Lieblingsmonster.
Sicherlich ist Nicolas Winding Refn ödipales Rachedrama Only God Forgives nicht die nächstliegende Assoziation zum Stichwort Lieblingsmonster. Unweigerlich bewegen sich die Gedankenströme in Richtung Horrorgenre, kreisen um blutverschmierte Klauen, lange Schatten, verstörende Fratzen und Schreie in der Dunkelheit. Gestalten der Nacht, morbide Wüteriche und mysteriöse Kreaturen; es ist vor allem das Fremde und Andersartige, was ein Monster definiert und uns das Blut in den Adern gefrieren lässt. Doch eines haben sie gemein, all die Vampire und Werwölfe, Aliens und Zombies, Freddy und Jason: Sie existieren nur auf der Leinwand, sie sind nicht echt, auch wenn sie uns bisweilen bis in die Realität verfolgen. Nicht so bei Only God Forgives, denn die bösartige Monstrosität entwächst dem Werk aus jeder einzelnen Figur, kommt von Menschen aus Fleisch und Blut, Menschen wie du und ich. Es ist das Monster Mensch, dem dieser Text gewidmet ist, völlig egal wie klischeebehaftet und ausgelutscht diese Phrase mittlerweile sein mag, vielleicht auch schon immer war. Denn an Refns Film ist nichts klischeehaft oder ausgelutscht, sein Blick dringt ungeschönt in die Tiefen menschlicher Abgründe und fördert letztlich nur eines ans Tageslicht: Eine Welt voller Monster.
Was sollte sie sonst sein? Die Welt in Only God Forgives ist
zum Stillstand gekommen. Das manifestiert sich in der Tristesse der Szenerie,
der statischen Dynamik und formvollendente Langsamkeit der Inszenierung. Die
Welt ist zum Stillstand gekommen, daran besteht kein Zweifel – und
zurückgeblieben ist lediglich menschliche Monstrosität. Was sollte es sonst
sein, wenn Leichen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, wenn Hände und Gedärme
zerhackt werden? Wer könnte so etwas tun, außer einem Monster? Die
Rechtschaffenheit ist verschwunden und damit auch die Moral. Zurückgeblieben
ist eine Welt voller schmieriger Nachtclubbesitzer, korrupter Polizisten, eiskalter
Drogendealer und desillusionierten Prostituierten. Eingehüllt in einen Nebel
aus Rot- und Blautönen kommt auch der Film selbst zum Stillstand, verwehrt
seinen Zuschauern sogar das Ende. Ein Witz ohne Pointe, wie Musik ohne Ton.
Only God Forgives ist ein Albtraum, ein Sammelsurium aus Bildern und Tönen,
Eindrücke aus den Untiefen. Losgelöst von konventioneller Dramaturgie ist Refns
Werk nicht greifbar und der verzweifelte Versuch sich selbst davon zu
überzeugen „nur“ einen Film zu sehen scheitert. Langsam, aber unausweichlich
gerät man in einen dunklen Sog der Grausamkeit.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Sponsoren der Aktion Lieblingsmonster: