Im Kommentar der Woche stellen wir euch jeden Samstag einen ganz
besonderen Kommentar vor, der eine oder mehrere von euch irgendwo auf
moviepilot so sehr beeindruckt, begeistert, fasziniert oder verstört
hat, dass ihr nicht mehr an euch halten konntet, eure Tastatur gezückt,
und eine Nachricht an sciencefiction oder Kängufant geschrieben habt.
Hört nie auf damit! Sagt uns Bescheid! Denn der nächste Samstag wartet
schon.
Der Kommentar der Woche
Von
Zeit zu Zeit kommt ein Film daher, still und fast schon unscheinbar, in
dem wir nicht nur uns selbst entdecken, sondern der unserer gesamten
Generation, unserer Zeit, unserer Welt den Spiegel vorhält - so wie es Absurda. mit Oh Boy ergangen ist, und zu diesem bemerkenswerten Kommentar geführt hat:
Willkommen im Heute. Eine Zeit der Unsicherheit und
Orientierungslosigkeit. "Was hast du zwei Jahre lang gemacht?" -
"Nachgedacht." Nachdenken ist irgendwie eine von zwei
Auswahlmöglichkeiten heutzutage: Entweder man geht arbeiten und
funktioniert wie ein Uhrwerk, oder man widersetzt sich dieser Hierarchie
und lebt bewusst instabil. Ich kenne genug Leute, die zur letzteren
Kategorie gehören und mit dem Leben gut klarkommen. Sie wissen, was sie
wollen und das setzen die auch um. Egal, ob sie dem Staat dienen oder
nicht. Glückspilze. Nicht so wie Niko. Niko ist ein klassischer Denker,
er denkt nach, man kann fast schon sagen, es ist sein Hobby, aber Leben
ist bekanntlich das, was passiert, wenn man gerade Pläne schmiedet, oder
wie hier halt einfach nur drüber nachdenkt, was man überhaupt für Pläne
hat. Niko ist auch nicht der einzige. Er ist irgendwie einer von vielen,
die suchen und einfach nicht finden. Da wäre der Schauspieler, der
später mit Müh und Not zugibt, er sei in der Werbebranche tätig, weil
er die perfekte Rolle nicht findet, und deswegen Taxi Driver zitiert, da
wäre die von Minderwertigkeitskomplexen geplagte Schauspielern, die von
Übergewicht zu Untergewicht gewechselt ist, weil sie von
Mobbingerfahrungen geplagt wurde, und deren affektiertes Verhalten von
ihrer Unfähigkeit, die Vergangenheit zu bewältigen, zeugt, oder da wäre
auch der Mann, der ohne Familie aufwächst, sich in Bars besäuft und
eigentlich doch nur jemandem davon erzählen will, wie sehr er als Kind
das Fahrradfahren geliebt hat. Fürwahr: Wir leben in Zeiten der inneren
Unruhe. Wir haben keinerlei Vorstellung mehr von einem "lebenswerten"
Leben, weil wir anfangen, unsere Sterblichkeit zu vernachlässigen. Es
bedarf einer Konfrontation mit dem Tod, um uns irgendwie aufzurichten,
was neues anzufangen und aufhören, uns permanent ins Hirn zu wichsen.
Wir leben im Zeitalter der Verjüngung. 50 ist das neue 30. Damals haben
Menschen in ihren Mittzwanzigern geheiratet, mittlerweile stehen sie dem
auch in den Dreißigern skeptisch gegenüber. Unsere innere Verjüngung
führt uns zu der Vorstellung, wir seien unsterblich. Aber es macht uns
nicht frei. Es macht uns neurotisch. Man kann sagen:
manisch-nachdenklich - und irgendwie leben wir unser Leben nicht.
Irgendwie lassen wir das Leben passieren. Als Hintergrund für unsere, in
ungewisse Richtung verlaufenden Gedanken.
Welch bemerkenswert dargestellte Stagnation!