Wie ein früher Scorsese über Hooligans

19.11.2009 - 08:30 Uhr
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Selten kommt ein Film so kompromisslos und eindeutig daher wie “66/67 – Fairplay war gestern” , wenn es um Sport und seine Schattenseiten geht. Die Kritiker waren positiv überrascht und sahen einen Film, der mehr beleuchtet als Hooliganismus.

Gewaltbereite Fußballfans sind ein Thema, welches im deutschen Sport gern mit möglichst wenig Publicity abgehandelt wird. Treue Fans sind gern willkommen, doch sobald die Anhängerschaft zu einem Verein den Lebenssinn stiftet, schlägt die Loyalität schnell um in Abgrenzungswillen gegen die Anderen – und mündet so in Hass und Gewalt.

66/67 – Fairplay war gestern zeigt sechs junge Männer, deren Zentrum der Fanclub von Eintracht Braunschweig ist. Florian (Fabian Hinrichs), Otto (Christoph Bach), Henning (Maxim Mehmet), Christian (Christian Ahlers), Tamer (Fahri) und Mischa (Aurel Manthei) sind große Fans der “dritten Halbzeit”. Bald müssen sie jedoch feststellen, dass ihr Leben mehr von ihnen verlangt als die Entscheidung für einen Fußball-Club. Die verschiedenen Probleme treiben sie auseinander, und die wirklich erschreckenden Erfahrungen warten jenseits des Fußballs und weit weg vom Stadion.

Die besten Filme über Sport und Hooligans nehmen die Ausschreitungen nur zum Anlass, um die Menschen hinter der Vereins-Fassade kennenzulernen. Hier reiht sich auch 66/67 – Fairplay war gestern ein: Das Regisseur-Duo, bestehend aus Carsten Ludwig und Jan-Christoph Glaser, dringt tief in die Vorstellungs- und Motivationswelt einer dem öffentlichen Verständnis verschlossenen Gruppe ein, schreibt Hans-Georg Rodek. Dietmar Kanthak von epd-Film bemerkt, dass die Schauspieler, die Ludwig & Glaser versammelt haben, den Spagat zwischen Kumpelkomödie, Hooliganstudie und todernstem Kammerspiel beeindruckend meistern. Daher lobt Claudia Nitsche vom Weser Kurier: Das Drehbuch von Carsten Ludwig steckt dramatische Hoffnungslosigkeit in eine freundliche Verpackung, sodass sich Charaktere erst nach und nach offenbaren. Sie macht die potenttielle Zielgruppe under denjenigen Zuschauern aus, die den Verdacht hegen, dass außerhalb der geliebten 90 Minuten noch ein anderes Spiel passiert.

66/67 – Fairplay war gestern ist ein ungewöhnlicher Film, den Peter Körte in der F.A.S. als einen dieser kleinen Lichtblicke bezeichnet, auf die man im deutschen Kino gelegentlich doch noch trifft. Rainer Gansera resümiert in der Süddeutschen Zeitung: Brillante Darsteller (allen voran: Fabian Hinrichs) und ungemein präzise, lebendige, und mit dramatischer Hochspannung aufgeladene Dialoge tragen dazu bei, dass 66/67 – Fairplay war gestern in seinen stärksten Momenten an den frühen Scorsese erinnert.

Wer also einen kraftvollen, dramatischen Film sehen will, der neben Fußball auch noch tief in die Seele seiner Protagonisten blickt, sollte ab 19. November 2009 die Augen offenhalten nach Vorführungen von 66/67 – Fairplay war gestern. Schaut doch hier nach einem Lichtspielhaus in eurer Nähe. Mehr Informationen zum Film gibt es auch auf facebook.

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