Wie das Alien auf die Erde kam: Eine Zeitzeugin erzählt von der Geburt des Grauens

16.08.2025 - 10:01 Uhr
Alien: Earth kommt 46 Jahre nach Alien
FX/Disney+
Alien: Earth kommt 46 Jahre nach Alien
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Fast 50 Jahre vor Alien: Earth erwachte das berühmte Sci-Fi-Monster zum Leben. Mia Bonzanigo war damals an der Seite von H.R. Giger bei der Geburtsstunde dabei.

In der neuen Serie Alien: Earth crasht ein Raumschiff auf die Erde und hat eine gefährliche Fracht an Bord: den Xenomorph. Fast 50 Jahre später hat die außerirdische Bedrohung in neun Filmen verschiedenste Formen durchlaufen. Die erste Alien-Serie von Noah Hawleys kehrt bei Disney+ * aber zu den Anfängen zurück. In der Zukunft des Jahres 2120, zwei Jahre vor den Ereignissen von Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, erreicht das Monster unseren Planeten. Doch wie erreichte die ikonische Kreatur eigentlich einst die wirkliche Welt?

Die Horrorgestalt entsprang dem Kopf des Schweizer Künstlers H.R. Giger. Am Set von Ridley Scotts Film in den Londoner Shepperton-Studios half er im Jahr 1978, sein Alien zu filmischem Leben zu erwecken. Giger selbst verstarb bereits 2014, seine damalige Partnerin Mia Bonzanigo war allerdings ebenfalls dabei. Im Giger-Museum, in der idyllischen Schweizer Ortschaft Gruyères, trafen wir sie als Alien-Zeitzeugin.

47 Jahre vor Alien: Earth bezeugte Mia Bonzanigo die Geburt des berühmten Monsters

Auch mit 75 Jahren hat die elegante Mia nichts von ihrer Lebensfreude eingebüßt. Verschmitzt und offen spricht sie im Schweizer Dialekt darüber, wie sie mit Ende 20 ans Set eines der heute berühmtesten Sci-Fi-Horrorfilme der Welt stolperte – als Freundin und Assistentin des Alien-Schöpfers H.R. Giger. Sie begleitete ihn durch die entscheidende Phase – von der Aliengeburt bis zum Oscar-Gewinn. Obwohl sie nur drei Jahre mit dem Künstler verheiratet war, blieb sie ihm nach der Scheidung freundschaftlich verbunden. Im Interview nahm sie kein Blatt zu der damaligen Zeit vor den Mund und freut sich, dass Gigers Schöpfung auch in Alien: Earth weiterleben darf.

Moviepilot: Als du H.R. Giger 1978 trafst, fandest du die düstere Vision seiner Werke da sofort zugänglich?

Mia Bonzanigo: Ja. Ich hatte witzigerweise vor ihm eine Beziehung zu jemandem, der ein absoluter Giger-Fan war. Ich musste jeden Abend seine Bücher anschauen und kannte seine Kunst. Davon war ich nicht abgestoßen, ich fand sie toll. Ich war nicht diejenige, die [als Fan in seiner Gegenwart] anfing zu kreischen, aber mir gefiel, was er malte. Und mir gefiel natürlich auch die Person. Ich habe ihn [mit breitem Schweizer Akzent] "Hoans-Ruedi" genannt; seine Freunde ihn oft auch Gigé (abgeleitet von Giger auf Französisch).

Du hast H.R. Giger als Assistentin bei der Entstehung von Alien im Jahr 1978 begleitet. Ridley Scott gefiel Gigers Bild Necronom IV. Wie ging es danach weiter?

Da muss ich etwas ausholen, wie es dazu kam, dass Ridley Scott dieses Bild überhaupt sah. Ein Freund von Hans-Rudi wohnte im gleichen Dorf wie Salvador Dalí. Der zeigte Dalí Gigers Buch Necronom I. Dalí zeigte es dann wiederum [Filmemacher] Alejandro Jodorowsky. Der fand es toll und wollte unbedingt etwas damit machen. Aber er und Giger verpassten sich in Spanien. Er hatte aber einen Galeristen in Paris und da ist Giger dann in Jodorowskys Büro gegangen und hat gefragt, ob noch was zu machen sei. So erhielt er den Auftrag, Bilder für Jodorowsky's Dune zu malen, der derweil nach Amerika hausieren ging, um Dune zu realisieren. Das ist dann aber natürlich in die Hose gegangen.

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Jodorowskys Scheitern bei der ersten Frank Herbert-Verfilmung von Dune ist fast schon legendär. Trotzdem öffnete sie die entscheidende Tür zu Alien ...

Auf jeden Fall, auch wenn es nicht zustande kam, sind ja Bilder entstanden, die schließlich auch Ridley Scott zu sehen bekam. [Der für die Spezialeffekte bei Jodorowskys Dune angeheuerte] Dan O'Bannon wurde sehr krank. Er ist dann nach Hollywood zu seinem Freund [Drehbuchautor] Ronald Shusett gegangen und hat sich an Alien gesundgeschrieben. Er hatte ein Magengeschwür und ich stelle mir vor, dass er das wie einen Chestburster durch das Schreiben losgeworden ist.

Und wie kamen du und Giger dann zu Alien?

Ich war auf der Arbeit, als Giger anrief und sagte: "Hollywood hat angerufen, du musst übermorgen freihaben!" Bei uns in Zürich sagt man aber immer, wenn jemand Stuss erzählt, sowas wie "Ja, mach weiter – Hollywood hat angerufen". Aber es stimmte tatsächlich. Und kurz darauf standen die drei bei uns im Wohnzimmer: Ridley Scott mit [den Produzenten] David Giler und Gordon Carroll. Und dann ging's los.

Ihr wart anschließend auch richtig in den Film und den Drehprozess von Alien involviert.

Wir mussten auf dem Set [der Shepperton-Studios in London] antraben und die ganzen [Sci-Fi-]Landschaften selber herstellen! Das war natürlich sehr suspekt. Ganze Karren voll Knochen wurden herangeschafft! Da guckten die Herren nicht schlecht und meinten: "Was ist denn DAS!?"

Mich haben sie sowieso mit der Pinzette angefasst: "Frauen wie du gehören ins Bett und in die Küche." Alle anderen Damen dort hatten immer schöne Fingernägelchen, schöne Frisuren und waren schön angezogen. Ich hingegen kam im Overall sowie mit Gips im Haar, unter den Augen und unter den Nägeln. Frauen gehörten da nicht in diese Männerdomäne. Aber ich habe mit modelliert, Knochen zersägt und zusammengefügt.

Wir waren immer dabei. Giger hat mir eine Kamera in die Hand gedrückt und hat gesagt: "Du musst filmen und fotografieren. Wir machen ein Buch." Dabei hatte ich keine Ahnung, wo ich diese blöde Filmkamera überhaupt einschalten musste! Und dann war ich natürlich allen im Weg. Sie hatten die Panaflex-Kamera, die ganz leise war, und meine hat laut gesurrt. Sie haben mich immer wieder weggeschickt und ich musste mich zurückschleichen. Aber Gigers Alien-Buch * ist so entstanden.

H.R. Giger soll ja einen sehr eigenen Kopf gehabt haben, wenn es um seine Alien-Schöpfungen ging?

Ja. Einmal war Giger mit irgendetwas sehr unglücklich, was ihm nicht gepasst hat. Da hat er gesagt: "Entweder ist Ridley in 5 Minuten hier oder ich bin weg." Da bin ich dann aufs Set gerannt und habe gesagt: "Ridley, du musst sofort kommen." Ridley wusste, dass er ihn bei Laune halten musste, hat sein Walkie-Talkie abgegeben und ist mit mir ins Atelier gekommen. Nur Giger war weg. Da haben wir dann erstmal einen Schnaps getrunken. Und dann kam auch Giger zurück und der Blutdruck ging wieder etwas runter. Aber wenn Giger sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann hat er es auch gemacht.

H.R. Giger ist für das Alien-Design berühmt. Wurde beim Film auch darüber gesprochen, warum es manche Eigenschaften oder Merkmale hat?

Nein, das war alles vorher schon in Gigers Kopf. Der hat das als Idee präsentiert und sie fanden es toll. [Durch die Körperform und Dinge wie das ausfahrbare Maul] brachte das Alien einfach noch mehr Angst, Kraft und Potenz mit. Diese Dinge waren einfach in seinem Kopf und dann hat er drauf losgemalt. Ihm hat gefallen, was er gemalt hat. Es hat ihn oft befreit. Wenn er einen schweren Tag loswerden wollte, hat er sich an die Staffelei gesetzt und gemalt. Er hat sich [mit seiner scheinbar gruseligen Vision] gesund gemalt.

Umso schöner, dass die Serie Alien: Earth jetzt stark zu H.R. Gigers ursprünglichem Alien-Design zurückkehrt. So bleibt auch seine Schöpfung weiter am Leben.

Alien: Earth startet am 13. August 2025 mit zwei Folgen bei Disney+. Die übrigen der insgesamt 8 Folgen werden anschließend im Wochentakt veröffentlicht.

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