Wenn ihr die Traurigkeit eines Films nicht kommen seht

01.09.2018 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Can't you see we're burning?
Universal/moviepilot
Can't you see we're burning?
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Manchester by the Sea ist einer dieser Filme, die leise daherkommen, von denen du, wenn überhaupt, nichts Großes erwartest. Und dann schlagen sie zu, reißen dich mit, überwältigen dich - fast so, als wär dieser Film auch dein Schicksal.

Wie oft ist es euch schon passiert, dass ihr einen Film einfach vollkommen unvoreingenommen entdeckt habt? Ihr habt vorher nicht draufhingefiebert, hattet ihn auf keiner Merkliste, habt euch nicht einmal großartig informiert. Und dann das! Ihr entdeckt ihn, oder vielmehr: Der Film entdeckt euch! Und er lässt euch nicht mehr los. Das muss kein großer Film sein, kein Effektgewitter, nicht die violinenbrandenden Gefühle, die Feelgoodwellen, auf denen ihr tagelang reiten könnt. Vielleicht könnt ihr euer Herz nicht an ihm wärmen. Aber ihr könnt es verlieren, wie aimee an diesen Film, seine Schauspieler und all das, was Manchester by the Sea so besonders macht.

Der Kommentar von aimee zu Manchester by the Sea

Nichts erwartend und ohne eine Info zum Film, fand ich mich nach 15 Minuten gedanklich nicht mehr im Kinosessel, sondern bereits auf die Knie gefallen hinter der Lehne meines Vordermanns kauernd, über die ich ehrfürchtig drüber schaute, weil CASEY AFFLECK. <3 Man muss sich echt festhalten, wenn er die Leinwand passiert, so ergreifend ist seine Darstellung dieser tragischen Figur Lee, die sich selbst unwollend des Lebens beraubt hat. Es ist unfassbar toll, wie minimal er diese in sich gekehrte Person bei stets maximalem Ausdruck verkörpert.
Nicht weniger Lob aber geht an Michelle Williams, die ich nun endgültig bis an mein Lebensende vergöttern werde, weil sie einen der schauspielerisch heftigsten und durchdringendsten Momente abliefert und damit in die Annalen eingeht.

Mit anderen Worten: Ich hab die Traurigkeit nicht kommen sehen. Und dafür liebe ich diesen Film, wie er einfach über einen rüberrollt, ganz ohne Pathos. Natürlich, es ist ja nichts als ein Drama, und doch ahnte ich die Wucht dieser Geschichte, den Schmerz, der den Figuren innewohnt, nicht eher, bis er sie selbst übermannte. Erzähltechnisch ist das also eine ganz feine Arbeit, die für mich zu keinem Punkt vorhersehbar war und sogar mit unverhofft lichten, humorvollen Momenten aufwartete.

Manchester by the Sea ist trotz aller seelischen Erschütterungen frei von Sentimentalitäten und keine filmgewordene Depression geworden sondern vielmehr der seltene Spagat zwischen extrem bedrückend und zutiefst hoffnungsvoll. Der Einsatz von Rückblenden erschien dabei selten so klug und selbst eine gewisse Spannung war dem Film inhärent. Kenneth Lonergan beweist zudem ein ausgesprochenes Händchen für alle (!) seine Figuren, denen er gekonnt mehr Taten statt großer Worte verschreibt - eine der großen Stärken des Films, wie ich finde.

Die musikalische Untermalung durch Lesley Barber ist außerdem schier herausragend, was Manchester by the Sea in Gänze dann schließlich zu einem kleinen Meisterwerk für mich macht, in das ich nun einziehen werde. Adieu!

Den Originalkommentar findet ihr hier.

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