Watch Dogs 2 muss einfach gut werden & dazu diese Fehler vermeiden

03.06.2016 - 21:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Mit Watch Dogs 2 enthüllt Ubisoft in wenigen Tagen einen seiner aktuell wichtigsten Titel. Entsprechend hohe Verkaufserwartungen lasten auf dem Projekt. Doch um die Spieler nach den Enttäuschungen des Vorgängers für sich zu gewinnen, muss sich einiges tun.
Vor einiger Zeit beschäftigte ich mich bereits mit der Frage, ob Watch Dogs 2 als Lückenfüller für Assassin's Creed herhalten muss, das in diesem Jahr bekanntermaßen eine Verschnaufpause einlegt. Dabei griff ich auch Probleme des Vorgängers auf, die Watch Dogs 2 im besten Fall nicht wiederholt. Der letzte Punkt gewinnt nun wieder an Relevanz. Schließlich steht die offizielle Ankündigung des Spiels kurz bevor. Daher bereite ich an dieser Stelle meine Wünsche an den Titel für euch neu auf.

E3 2012 : Ubisoft-CEO Yves Guillemot betritt die Bühne und verliert nur wenige Sekunden, bis er den Zuschauern ein Spiel verspricht, das – so glaubt er – "die Art, wie Spieler miteinander interagieren, völlig auf den Kopf stellen wird". Hinter seinen Worten soll Watch Dogs zum Vorschein kommen, das beim Publikum sofort freudige Erwartungen weckt. Nicht nur dank der dazugehörigen Gameplay-Präsentation, sondern auch, weil der Titel ungewohnte Themen rund um den gläsernen Bürger oder eine durch und durch vernetzte Welt aufgreifen will.

Rund zwei Jahre später steht Watch Dogs endlich in den Läden – zu einem Zeitpunkt, als die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden  wohl jeden von uns mindestens einen zweifelnden Blick aufs Smartphone werfen ließen. Und obwohl Ubisoft mit dem Spiel finanzielle Rekorde feiert, stürmt dem Publisher auch abseits irgendwelcher Downgrade-Debatten viel Kritik entgegen. Denn all die frühen Versprechungen hält das Action-Adventure letztlich nicht ein.

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Wenn heute jemand von Watch Dogs hört, erinnert er sich kaum an die eindrucksvollen Berichte über die Verkaufszahlen, die beim Hersteller natürlich den Wunsch nach mehr wachriefen. Stattdessen überwiegt das Gefühl enttäuschter Erwartungen. Damit muss nun Watch Dogs 2 leben, dem noch vor der offiziellen Ankündigung viel Skepsis entgegenschwappt. Dabei hätte es doch die Chance, all das nachzuliefern, was uns am ersten Teil einmal fasziniert hat. Damit die Eckpfeiler des Nachfolgers diese Last tragen können, muss Watch Dogs 2 aber aus drei großen Fehlern seines Vorgängers lernen – und die betreffen den Helden, das Frauenbild und das Hacking-Gameplay.

Was für ein Held...

Watch Dogs zwingt mir von der ersten Sekunde an den Rachefeldzug der Hauptfigur Aiden Pearce auf, ohne mir überhaupt die Chance zu geben, mich in seine Beweggründe einzufühlen. Schlimmer noch: Je mehr ich von den Hintergründen erfahre und je länger ich Aiden begleite, desto stärker wird mein Eindruck, dass er an all dem Leid, das ihm und seinen Liebsten widerfährt, eigentlich selbst die Schuld trägt. Am selben Problem stößt sich auch Patrick Klepek in seinem Artikel I Don't Think You Deserve Redemption, Aiden Pearce :

Aiden trägt die direkte Schuld für Lenas Tod, weil er ein Verbrecher ist. Als die Geschichte ihren Lauf nimmt, wiederholt sich dieser Kreislauf. Er ist verantwortlich dafür, dass Auftragsmörder hinter seinem Neffen her sind, und er ist verantwortlich dafür, dass seine Schwester entführt wird. Aiden ist nicht willkürlich in das Fadenkreuz eines ungerechten Systems geraten, er war einfach ein Arsch.
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Auch Ubisoft schien schnell zu merken, dass sie sich mit dem unsympathischen Helden keinen Gefallen tun. Im Interview mit CVG (via Video Gamer ) streute Yves Guillemot schon vor rund zwei Jahren Zweifel an einer Rückkehr Aidens, da sie sich um Hauptfiguren abseits des wütenden, weißen Kerls bemühen würden. Einen Teil des Versprechens löste Assassin's Creed Syndicate  ein, Watch Dogs 2 könnte daran anknüpfen – darauf deutet auch ein vermeintlicher Leak  hin, der uns angeblich einen ersten Blick auf den neuen Helden gibt.

Assassin's Creed Syndicate als Vorbild

Syndicate präsentiert Spielern auch ein unaufgeregt modernes Frauenbild. Watch Dogs hingegen nutzt seine weiblichen Figuren eigentlich nur als Werkzeug ein, um einen Handlungspfad zu zimmern und Aiden einen Antrieb zu geben, diesem überhaupt zu folgen. Kein Abschnitt verdeutlicht das eindringlicher als die Auktion eines Menschenhändlerrings, bei dem junge Frauen – etwa eine Studentin, Whistleblowerin oder Ausreißerin – wie Vieh zum Verkauf stehen. Aber Watch Dogs interessiert sich nicht für die Schicksale dieser Menschen. Stattdessen lagert das Spiel sie in eine Reihe von Nebenmissionen aus, in denen es den Fokus auf die Teilnehmer der Auktion und den Verantwortlichen dahinter lenkt. Denn jetzt, wo ich weiß, was für ein Monster er ist, will ich ihn doch ganz sicher töten, oder?

Die traurige Bilanz dieses Frauenbildes zieht Cameron Kunzelman im Essay In Watch Dogs, Women Are Just Victims And Plot Points :

Bei dem Versuch, uns zu zeigen, dass die Welt von Watch Dogs sehr ernst und erwachsen ist, haben die Entwickler bei Ubisoft die Frauen des Spiels ziemlich wortwörtlich zu Körpern gemacht, über die Aiden Pearce steigen muss, um an seine abschließende Vergeltung zu kommen.

Viele Fragen und eine vage Hoffnung

Als Watch Dogs im Mai 2014 auf den Markt kam, hatte sich Ubisoft längst einen Baukasten zurechtgelegt, aus dem Entwickler ihre Open World-Titel noch heute zusammensetzen – Aussichtstürme, feindliche Lager, Crafting und Co. inklusive. Einerseits hilft das vergleichsweise unerfahrenen Spielern dabei, in die riesigen Welten sowie ihre Mechaniken hineinzufinden. Andererseits lässt ein derart formelhafter Spielfluss wenig Raum für neue Strömungen, weshalb die Spiele des Unternehmens immer berechenbarer werden.

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Auch Watch Dogs bildet da keine Ausnahme und so verkommen die eigentlich spannenden Hacking-Features zum Gimmick: Hier in eine Kamera einklinken, da eine Brücke per Knopfdruck hochziehen. Die spielerische Tiefe, die die technischen Kniffe mit sich bringen könnten, schöpft das Action-Adventure nie aus. Vielmehr liefert es mir auf das Szenario gemünzte Lösungen für altbekannte Aufgaben. Wenn wir Ubisoft-CEO Guillemot glauben dürfen, könnte der Nachfolger daran arbeiten. Gegenüber Investoren  versprach er:

Der Titel [Watch Dogs 2] wird Spieler wieder mit einem neuen Ton und innovativen Gameplay-Möglichkeiten im Bezug auf das Hacking überraschen.

Ein anderes Problem bleibt womöglich trotzdem: Watch Dogs hinterfragt die Möglichkeiten, die es mir in Form eines mächtigen Smartphones in die Hand drückt nicht. Ich plündere Konten, spähe Mitbürger aus und manipuliere die Infrastruktur einer ganzen Stadt. Aber wie wirkt sich das auf die Betroffenen aus. Welche Folgen hat es für den Einzelnen, wenn ich seine Privatsphäre verletzte oder ihn um sein Erspartes bringe? Solchen Fragen weicht Watch Dogs aus.

Hoffentlich findet der zweite Teil den Mut, nach Antworten zu suchen und auf dem Weg auch die großen Fehler des Vorgängers beiseite zu räumen.

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