Vorfreude ist die schönste Freude

26.08.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Nachdenklicher Wolverine
20th Century Fox
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Zukunft ist Vergangenheit lautete vor Kurzem der Titelzusatz des neuesten X-Men-Films. Keine schlechte Beschreibung für einen Filmbetrieb, dem es offenbar an emotionaler Nachhaltigkeit mangelt.

Vor kurzem platzte die Bombe: Bill Murray spricht Balu den Bären! Zwei Helden meiner Kindheit haben sich gesucht und endlich gefunden. Und obwohl ich ziemlich sicher bin, dass ich mir die kommende Live-Action-Adaption von Das Dschungelbuch aus guten Gründen nicht antun werde, freue ich mich wie ein Kind über diese Neuigkeit.

In Sachen Film begleitet mich dieses sonderbare Gefühl schon eine ganze Weile. Ich könnte hier eine ellenlange Liste aufführen, auf und über (!) welche kommenden Filme ich mich riesig freue. Da wäre zum Beispiel Inherent Vice von Paul Thomas Anderson: Die erste autorisierte Thomas Pynchon-Verfilmung mit dem großartigen Joaquin Phoenix in der Hauptrolle! Oder Don Cheadles Miles Davis-Biopic Miles Ahead, über einen einzigen Tag aus dem Leben der Jazz-Ikone. Und natürlich freue ich mich - wie offenbar die ganze Welt - auf Marvel's The Avengers 2: Age of Ultron. In erster Linie auf die besondere Stimme von James Spader als Bösewicht Ultron, weil ich mir sicher bin, dass auf sie Verlass ist, auch wenn der Plot mich enttäuschen sollte. Der Grund, warum ich mich an solche vielversprechenden Details klammere, ist, dass Filme, die meiner Vorfreude in der Vergangenheit gerecht wurden, seit Jahren schon vom Aussterben bedroht sind. Darüber könnte ich manchmal verzweifeln, denn nichts ist bekanntlich schlimmer, als in seiner ehrlichen und brennenden Vorfreude enttäuscht zu werden.

Doch leider ist es nun mal so, dass wir in einer Zeit leben, in der das mit der Vorfreude nach allen Regeln der Kunst und für alle möglichen Zwecke schamlos ausgenutzt wird. Überall in den Medien wird Vorfreude geschürt, ge-teasert, wird mit Clips, Featurettes und mehreren TV-Spots und Trailern die Spannung künstlich hochgehalten - mit anderen Worten "unentwegt gebaggert". Wenn alles gut für die Studios läuft, wenn ihre Kampagne fruchtet, entwickelt sich ein Hype, ein wahrer Tumult um das scheinbar verheißungsvolle Produkt. Meist zahlt sich das aus, manchmal aber auch nicht.

Nachdem ich mir vor dem Erscheinen von X-Men: Zukunft ist Vergangenheit 4 Teaser, 5 TV-Spots, 3 Trailer, und unzählige Clips zu den einzelnen Charakteren angeschaut hatte, war ich in meiner Vorfreude schon so weit gesättigt, dass ich mir den Film gar nicht mehr anschauen musste. Insofern ist der Titel für das Kino geradezu symptomatisch: Zukunft ist Vergangenheit. Der nächste "heiße Scheiß" ist nach einer Woche Laufzeit oder im schlimmsten Fall schon viel früher nur noch ein laues Lüftchen. Es sei denn, er übertrifft die allgemeinen, hochgetriebenen Erwartungen, weiß zu überraschen und nicht zuletzt zu überzeugen. Das wiederum ist ein höchst seltenes Ereignis. Und wenn es eintritt, schaut die Hälfte der Leute schon gar nicht mehr hin. Denn das Filmgeschäft leidet schwer an seinem Aufmerksamkeits-Getue und mangelnden Nachhaltigkeits-Konzept. Und mit ihm eine ganze Schar von Filminteressierten.

Die Frage muss erlaubt sein: Auf welche Filme freut ihr euch ganz besonders?

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