Tatort: Schwerelos - Einfach mal die Klappe halten

03.05.2015 - 20:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Tatort: Schwerelos
WDR
Tatort: Schwerelos
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In Dortmund leiden die Polizisten bekanntlich unter mehr privaten Problemen als irgendwo sonst in Deutschland. Ob das an der überwältigenden Schönheit der westfälischen Metropole liegt, klärt sich in Tatort: Schwerelos leider nicht.

In Dortmund läufts. Was vielleicht nicht immer auf den BVB zutrifft, können wir dem seit 2012 ermittelnden Tatort-Team um Peter Faber (Jörg Hartmann) attestieren. Dortmund bringt keine Krimimeisterwerke hervor, aber das Team - insbesondere Faber selbst - hat sich gefestigt, die folgenübergreifende Erzählung flutscht trotz Autorenwechsel und eine gewisse Homogenität lässt sich nach sechs Fällen ebenfalls ausmachen. Dortmund will schließlich mehr Serie sein als irgendein anderer Tatort in Deutschland und in Tatort: Schwerelos zahlt sich dieses Vorgehen aus. Nur sollte beim nächsten Mal jemand den Drama-Pegel im Auge behalten, denn in dem neuen Krimi wurde offenbar der ganze Jahresvorrat leiddurchtränkter Montagen aufgebraucht.

Tatort: Schwerelos

Züli Aladag (KKD, Wut) inszeniert Dortmund in Tatort: Schwerelos zunächst, als sei der Krimi ein Lehrvideo für den Arthouse-Einsatz des Teal-and-Orange-Farbschemas. Trotzdem findet er in Zusammenarbeit mit Kameramann Yoshi Heimrath (Wir sind jung. Wir sind stark.) eindrückliche Bilder der großstädtischen Isolierung, sozusagen Erweiterungen der Seelenwelten der Helden. Auf leer gefegten Rollbahnen, in anonymen Tiefgaragen und vor erdrückenden Betonwällen scheinen besonders Bönisch (Anna Schudt), Dalay (Aylin Tezel) und Kossak (Stefan Konarske) Welten voneinander zu trennen. Die titelgebende Schwerelosigkeit entwickelt der Krimi immer dann, wenn die Dialoge verstummen und die Bilder sprechen, wenn etwa Dalay nach einem Tandem-Sprung befreit in der Sonne steht und die Last mehrerer Tatort-Stunden von ihr abfällt. Oder im Dunkel des trüben Wassers ihr Lächeln aufscheint. Solcherlei Vertrauen auf die Kraft der visuellen Erzählung findet sich im Tatort generell eher selten und erst recht in den Fällen aus Dortmund, die zuvor alle von Jürgen Werner recht dialoglastig geschrieben wurden. Diesmal zeichnet Ben Braeunlich für das Drehbuch verantwortlich, ein unbeschriebenes Blatt im TV-Krimi-Bereich. Das kommt Tatort: Schwerelos womöglich zugute, wenn auch beim nächsten Mal gern weniger im Auto geheult werden darf.

Nicht jede der Leidensgeschichten überzeugt so wie Dalays lange vorbereitete Selbstfindung per Undercover-Affäre. Einmal mehr zeigt sich beispielsweise, dass der beste Faber der Faber ist, der vielleicht von seiner persönlichen Lebenstragödie angetrieben wird, diese aber nicht auf dem Wohnzimmertisch ausbreitet. Faber, der einen Jungen wortlos tröstet, schlägt Faber, der die frischgebackene Witwe in den Arm nimmt und seiner eigenen toten Tochter in aller Ausführlichkeit nachweint. Denn obwohl sich Tatort: Schwerelos verschiedenen Versuchen annimmt, eine alles verzehrende Leere zu füllen, ist es doch vor allem ein Film über Dalay, die mit einem mehrfachen Verlust zurechtkommen muss. So offensichtlich gehört ihr der Film, dass der eigentliche Krimi um ein paar Basejumper zum Mittel zum Zweck degradiert wird. Irgendwie musste die junge Kommissarin eben ihr neues Hobby finden.

Zitat des Sonntags: "Ich bin da so reingerutscht." - "Er auch in dich?"

Wie hat euch der erste Tatort gefallen, den Lindenstraßen-Schöpfer Hans W. Geissendörfer produziert hat?

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