Tatort - Leipzig serviert türkischen Honig

01.01.2014 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Türkischer Honig
ARD/MDR
Tatort - Türkischer Honig
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Titel und Team dieses Tatorts ließen nichts gutes erahnen. Immerhin unterbieten die Leipziger die kaum vorhandenen Erwartungen mit Türkischer Honig nicht. Geht das schon als Lob durch?

Alle paar Jahre kommt mal ein guter Tatort aus der sächsischen Metropole Leipzig. Das junge Jährchen 2014 gehört leider noch nicht dazu. Tatort: Türkischer Honig wird, wie vom Team und seiner Rundfunkanstalt gewohnt, mit persönlichen Problemen der Ermittler überladen, wartet mit einem mehr als problematischen Umgang mit seinen türkischstämmigen Figuren auf (Ist der Täter der eine Türke oder der andere Türke?) und überzeugt auch nach ganz simplen Krimikriterien nicht. Dafür dürfte die abenteuerliche Biografie der Eva Saalfeld hinsichtlich ihrer Fülle langsam der Brockhaus Gesamtausgabe Konkurrenz machen.

Lokalkolorit: Inszenatorisch größtenteils nichtssagend, fällt der Tatort hier und da mit ein paar netten Parallelmontagen auf, die im trägen Leipzig verschenkt wirken. Lokalkolorit bleibt auch diesmal für die Sachsen ein Fremdwort, verlegt man sich doch lieber auf das Einmaleins der Darstellung von “Parallelgesellschaften”, wie es nicht nur im deutschen Fernsehen gern zelebriert wird und die vor allem eines bewirken soll, namentlich alles, was der (deutschen) Norm nicht entspricht, als fremd und damit potenziell bedrohlich darzustellen. Um es mit einem Alternativvorschlag zu verdeutlichen: Die musikalische Untermalung des Krimis wäre deutlich unterhaltsamer gewesen, wenn jeder Auftritt Thomallas und Wuttkes von sächsischer Blasmusik begleitet worden wäre.

Plot: Eva Saalfeld (Simone Thomalla) erhält einen Anruf von ihrer Schwester (Josefine Preuß), die sie noch nie getroffen hat und die kurz darauf entführt wird. Eine Lösegeldforderung kommt nicht, dafür wird bald die Leiche von Ersoy Günes’ (Denis Moschitto) Vater gefunden, der im ganzen Viertel Geld verliehen hat. Ersoy hatte mal etwas mit Saalfelds Schwester, doch nicht nur er gerät ins Fadenkreuz der Ermittler. Vielleicht ist auch Saalfelds im Gefängnis sitzender Daddy in die Sache verwickelt. Ab 21:45 Uhr werden Wetten angenommen, ob Saalfeld noch einen nie gekannten Bruder, Cousin oder Großonkel hat.

Unterhaltung: Tatort – Türkischer Honig ist ein unterdurchschnittliches Stück Krimi, schauspielerisch extrem durchwachsen, was immer dann auffällt wenn etwa Marek Harloff oder Josefine Preuß eine Szene mit Denis Moschitto teilen müssen, der den gekünstelten Darbietungen seiner von der Unterforderung überforderten Kollegen mit seinem lässigen Charisma begegnet. Bleiben wir, beseelt durch den Optimismus eines frisch angebrochenen Jahres, kurz bei den Vorzügen des Krimis: Moschitto, bei dem ich mich jedes Mal frage, warum er keine große Kinokarriere macht, dann auf den Zustand des deutschen Films blicke und erstumme, ist einer davon, der andere heißt wie so oft Martin Wuttke.

Wer auf die Idee kam, Wuttkes und Moschittos Figuren all die kleinen Szenen mit und ohne Schnaps und Cabriolet zu schreiben, dem sei tiefster Dank ausgesprochen, sind sie doch das einzige, was diesen Tatort aus Leipzig halbwegs am Leben erhält. Beider Figuren entwickeln wiederwillig Respekt für einander, ohne zu tief im jeweiligen Seelen- und Familienleben zu graben. Da verwundert es, dass beim parallelen Handlungsstrang der Damen gegenteilig vorgegangen wird. Das Drama der beiden Schwestern um die Schuld an der Verhaftung des Vaters (der in Tatort: Nasse Sachen eingeführt wurde) wirkt aufgesetzt, weshalb sich der Krimi in seiner konstruiert wirkenden finalen Rahmung endgültig verhaspelt.

Mord des Mittwochs: Ein unspektakulärer Mord, der zur Lustlosigkeit dieses Krimis passt.

Zitat des Mittwochs: “Im Himmel gibt’s keine Stuhlbeine.”

Schwach, schwächer, Leipzig!

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