Sekten-Kritik nach Schema F

30.08.2010 - 07:00 Uhr
Kommissar gibts kaan - Major Eisner nebst Tochter
ARD / RBB
Kommissar gibts kaan - Major Eisner nebst Tochter
Der Tatort aus Wien fasst ein heißes Eisen mit Samthandschuhen an und hatte im wesentlichen nicht viel neues zu sagen.

Sekten sind irgendwie doof und gefährlich. Diese Erkenntnis ist so neu nicht und war auch das Fazit des gestrigen Tatort: Glaube, Liebe, Tod, des wienerischen Ermittlers. Eine ermordete Studentin, die in den Dunstkreis einer ominösen Organisation namens “Epitarsis” geraten war, zog Kriminalmajor Eisner tief in die Welt religiös-wirtschaftlicher Machenschaften.

Foto-Show: die Bilder zum Tatort

“Epitarsis” dürfte als Konstrukt eine kaum verschleierte Variante von Scientology sein, inklusive Persönlichkeitstraining, teurem Kurssystem, massiven wirtschaftlichen Interessen und zweifelhaftem Geschäftsgebaren in dem jeder der kein Mitglied ist als Feind eingestuft wird. Dazu kam eine gesunde Portion Paranoia, wie sie in Filmen dieser Art immer zu finden ist. Es mag löblich erscheinen, wenn sich ein Krimi dieser Thematik annimmt, ist jedoch schade, wenn er so wenig draus macht wie dieser Tatort.

Natürlich glaubte Major Eisner niemand. Natürlich macht sich “Epitarsis” an die Tochter Eisners heran, natürlich wird er diskreditiert, natürlich wittert er überall “Epitarsis”-Mitglieder und natürlich geht das ganze am Ende aus wie das Horneberger Schießen. Eine “Epitarsis”-Anhägerin ist für den Mord verantwortlich, doch der Organisation selbst kann nichts nachgewiesen werden. Das alles war weit weniger erhellend und originell als der vor kurzem ausgestrahlte TV-Film Bis nichts mehr bleibt und blieb sogar hinter dem thematisch ähnlichen Münchner-Tatort Tatort: Perfect Mind – im Labyrinth zurück, der das Sektenthema bereits 1996 behandelte und zu ähnlichen Ergebnissen kam.

Harald Krassnitzer macht seine Sache nicht schlecht und auch Sarah Tkotsch als seine Tochter brachte die notwendige Warmherzigkeit in die Geschichte, sie als Familie glaubhaft zu machen. Plakativer waren dagegen fast alle anderen Rollen, ob nun die eiskalte Sekten-Sprecherin, die schmierigen Handlanger, die überforderten Eltern oder der etwas simple Kollege, der sich undercover Einschleusen soll, aber fast sofort auf die Heilslehren der Organisation reinfällt. Ist okay, wir haben die Botschaft verstanden: Niemand ist sicher vor den bösen Sekten und jeder kann in ihren Sog geraten.

Schön das wir mal drüber gesprochen haben. Aber nächstes Mal darf es dann gern wieder etwas spannender sein.

Wie gefiel euch der Tatort: Glaube, Liebe, Tod? Jetzt bewerten und mitdiskutieren!

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