Meanwhile on Earth: Sci-Fi-Geheimtipp mixt 2 Spielberg-Meisterwerke und nimmt plötzlich eine ganz düstere Wendung

18.02.2024 - 07:50 UhrVor 2 Monaten aktualisiert
Meanwhile on Earth
Manuel Moutier
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Mit Meanwhile on Earth läuft dieses Jahr auf der Berlinale ein emotionaler Science-Fiction-Film, der zuerst auf den Spuren von Steven Spielberg wandelt, ehe es äußerst abgründig wird.

Meanwhile on Earth macht kein Geheimnis um seine Vorbilder. Der französische Science-Fiction-Film, der im Panorama der Berlinale 2024 seine Premiere feierte, zitiert ab der ersten Minute namhafte Größen des fantastischen Genres. So entführt er in die unendlichen Weiten des Weltraums oder lässt uns aufregende Zukunftsabenteuer auf der Erde erleben. Vor allem ein Name schwebt über dem Film: Steven Spielberg.

Wie kaum ein anderer Regisseur hat Spielberg das Science-Fiction-Kino der vergangenen fünf Dekaden geprägt, angefangen bei dem 1977 erschienen Unheimliche Begegnung der dritten Art. Darin nehmen die Menschen über fünf Töne den Kontakt zu einem Alien-Raumschiff auf, das sich auf einem Berg in Wyoming niederlässt. Diese fünf Töne erklingen auch in Meanwhile on Earth, allerdings mit deutlich weniger Erfolg.

Science-Fiction im Berlinale-Panorama: Meanwhile on Earth verbeugt sich vor Steven Spielberg

Wo Spielberg den ersten Kontakt mit staunenden wie hoffnungsvollen Blicken in Szene setzt und auf eine Weltzerstörung à la Independence Day verzichtet, werden die fünf Töne der Kontaktaufnahme in Meanwhile on Earth zum Signal der Einsamkeit. Elsa (Megan Northam) sitzt mitten in der Nacht im Freien, blickt zu den Sternen und wünscht sich nichts mehr als ein Lebenszeichen von ihrem Bruder Franck (Sébastien Pouderoux).

Franck, ein Astronaut, ist vor drei Jahren bei einer Weltraummission spurlos verschwunden. Seitdem ist Elsas Familie nicht mehr die gleiche und sie ebenfalls nicht. Das Leben fühlt sich leer und verloren an. Doch dann gibt es da noch einen zweiten Spielberg-Film, der ziemlich früh im ersten Akt von Meanwhile on Earth in Erinnerung kommt. Er erzählt von der unverhofften Begegnung mit einem Außerirdischen.

Auch E.T. – Der Außerirdische kann als maßgebliche Inspiration von Jérémy Clapins Langfilmdebüt gesehen werden. Bisher war der französische Regisseur im Bereich des Kurzfilms und der Animationskunst unterwegs. Nun taucht er in die Sci-Fi-Mythologien von Spielberg ein und beschwört ein ähnliches Gefühl wie in dem Coming-of-Age-Abenteuer herauf, in dem der junge Elliott E.T. im Wald begegnet.

Meanwhile on Earth: Eine Spielberg-Hommage, die sich in einen Körperfresser-Alptraum verwandelt

Ein Außerirdischer, der die Leerstelle im Leben eines einsamen Menschen besetzt: Wo E.T. für Elliot all das sein kann, was seine Mutter und sein Vater nicht sind, hat Elsa weniger Glück. Zwar gelingt es ihr, eine extraterrestrische Spezies zu erreichen. Die aber bohrt sich nur in ihren Kopf und stellt eine Forderung, bevor sie für ein Wunder sorgt. Wenn Elsa ihren Bruder wieder sehen will, muss sie einen hohen Preis dafür zahlen.

Plötzlich nimmt die behutsame Spielberg-Hommage eine unheimliche Wendung und wir befinden uns in einem Sci-Fi-Alptraum vom Schlage Die Dämonischen und Die Körperfresser kommen. Das Trauma, das Elsa mit sich herumträgt, führt sie auf einen düsteren Pfad, wo sie zur Komplizin einer fremden Macht wird und noch mehr in die Einsamkeit abdriftet – genau das Gegenteil von dem, was sie will.

Schlussendlich entscheidet sich Clapin aber gegen die großen Horror-Abgründe, die in der Geschichte schlummern. Er bewegt sich in die Richtung transzendenter Sci-Fi-Erfahrungen wie Solaris und Interstellar. Beide Vorbilder setzen sich über Logik hinweg und begreifen das Genre vor allem als Brücke, um starken Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Etwa in strömenden Lichtern oder kathartischen Montagen, die alles und nichts verbinden.

Clapin eifert im kleinen Rahmen seinen Sci-Fi-Vorbildern nach. Stark sind die Momente, wenn er nachdenklich mit Elsa durch den Wald streift, wo die staunenden Spielberg-Gesichter einem mysteriösen Tarkowski-Knistern in der Natur weichen. Was Clapin nicht gelingt, ist all diese einzelnen Elemente in einem Finale überzeugend zusammenzuführen. Dennoch ist Meanwhile on Earth definitiv einen Blick wert.

Meanwhile on Earth läuft im Panorama der 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Ein deutscher Kinostart steht noch nicht fest.

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