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Schafft das Kino ab! Rettet den Film und das Kino.

16.11.2015 - 00:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Kino muss weg FilmanalyseMoviepilot
Um das Kino und den Film zu retten, sollte man das Kino in seiner gegenwärtigen Form abschaffen. Wolfgang M. Schmitt jun. plädiert in seinem Filmanalyse-Spezial für die Nutzung der digitalen Chancen!

Ist es heute noch zeitgemäß, Filme nur im Kino zu zeigen und dann viel später erst für DVD- und Online-Stream-Veröffentlichungen freizugeben? Sollte man nicht heute die digitalen Chancen nutzen, damit aktuelle Filme für möglichst viele Zuschauer zugänglich sind? Man könnte jetzt eine idealistische Hymne auf das Kino anstimmen, man könnte Foucaults Ideen zur Heterotopie auf das Kino übertragen, man könnte nostalgisch werden und vom frischen Popcornduft, von Küssen im Dunkeln, von gemeinschaftlichen Diskussionen nach dem Film schwärmen. Die Realität sieht meistens anders aus: Froh einen Parkplatz gefunden zu haben oder froh über die einmal pünktliche U-Bahn hetzt man in ein Kino, das weniger von Popcornduft als von Nacho- und Biergestank erfüllt ist. Während des Films flackern glühwürmchenhaft immer wieder Smartphones auf, ältere Damen erklären sich gegenseitig, was sie gerade sehen und anschließend rennt jeder gleich wieder zurück zu seinem Auto oder der U-Bahn. Das besondere Kinoerlebnis, es ist selten geworden und es sind gerade die vielen Events wie Ladysnights oder Männer-Abenden, die die Kinos nun veranstalten, die das Ereignis verunmöglichen. Um den Film an sich geht es dabei leider selten.

Damit ist noch nichts über die Qualität von Filmen gesagt und dort liegt das viel größere Problem. Man mag über das große Fressen und geschwätzige Damen im Kinosaal hinwegsehen, doch blickt man dann auf die Leinwand, wird man ernüchtert feststellen, dass viele Filme einfach so gut wie nicht mehr gezeigt werden. Wer auch nur die Gewinner-Filme der Festivals von Berlin, Cannes und Venedig sehen will, wird, wenn er nicht in einer Großstadt mit mehreren Programmkinos lebt, Pech haben. Durchschnittlich laufen zehn bis zwölf Filme pro Woche in den deutschen Kinos an, doch sehen kann man davon – wohnt man nicht in Berlin, Hamburg, Köln oder München – nur sehr wenige. Und überdies haben viele Filminteressierte nicht die Zeit und das Geld lange Anfahrten in Kauf zu nehmen, um den gewünschten Film zu sehen. Das ist schade und schadet der Filmkunst nachhaltig. Die öffentliche Diskussion über Filme findet kaum noch statt, höchstens noch auf Festivals gibt es leidenschaftliche Kontroversen – es sind dies jedoch meistens Veranstaltungen für Eingeweihte bzw. cineastische Elfenbeintürme.

Wäre es deshalb nicht für die Filmkunst, aber auch für die Kinos besser, wenn alle Filme zum Bundesstart zugleich in den Kinos, auf DVD und in Online-Streams zu sehen sind? Sollte man das Kino vielleicht in seiner jetzigen Form abschaffen, um es zu retten?

Mehr dazu im Video!

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Kino anders gedacht. Wolfgang M. Schmitt jun. beleuchtet für seinen YouTube-Kanal “Die Filmanalyse” aktuelle Großproduktionen aus einer etwas anderen Perspektive. Er will mit seinen provokanten Kritiken die Ideologie Hollywoods offen legen, die sich mal offensichtlich, mal im Verborgenen, aber in aller Regel unfreiwillig in den Blockbustern des Kinos auftut. Schmitt jun. schreckt bei seinen oft polarisierenden Analysen auch vor den großen Theorien und Denkern aus Vergangenheit und Gegenwart nicht zurück und sorgt damit immer für kontroverse Diskussionen.

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