Polizeiruf 110 - Fieber packt Hanns von Meuffels

04.11.2012 - 21:45 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Matthias Brandt in Polizeiruf 110 - Fieber
BR/ARD
Matthias Brandt in Polizeiruf 110 - Fieber
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Dank einer Schusswunde verschlägt es Hanns von Meuffels in Polizeiruf 110 – Fieber ins Krankenhaus. Dort sterben Patienten unter mysteriösen Umständen. Oder bildet sich der Kommissar das alles nur ein?

Unter der Regie von Hendrik Handloegten (Fenster zum Sommer) kassiert Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) in Polizeiruf 110: Fieber eine Schusswunde und springt dem Tod in der OP geradeso von der Schippe. Denkt er. Denn als ein alter Schulfreund im selben Krankenhaus plötzlich verstirbt, glaubt von Meuffels an eine Vertuschungsaktion. Dass er noch immer an den Folgen seiner schweren Verletzung leidet und dank der Schmerzmittel von Wahnvorstellungen geplagt wird, erleichtert seine Ermittlungen auf eigene Faust nicht gerade. Es verwandelt diesen grandiosen Polizeiruf allerdings in eine surrealistische Tour de Force, wie sie selten an einem Sonntagabend in der ARD zu bewundern ist.

Lokalkolorit: Das Weiß der Bergspitzen, über die die Kamera in der Titelsequenz von Polizeiruf 110 – Fieber gleitet, blendet geradezu, so unwirklich hell strahlt es. Mitten in dieser Landschaft liegt das Krankenhaus, in dem sich von Meuffels auskurieren muss. Die verlockenden Berge sind es auch, die er in seiner Jenseitsvorstellung zu erklimmen hat, zusammen mit dem gesprächigen Junkie (herrlich schnodderich: Georg Friedrich), der für seine Schusswunde verantwortlich ist. So passt es, dass sich das Weiß des Schnees in den Kitteln der Ärzte wiederfindet, die in diesem Krimi alles andere als eine reine Weste ihr eigen nennen können.

Plot: Über weite Strecken dieses Krimis sehen wir einem Kranken dabei zu, wie er bei Verstand zu bleiben sucht, die Kontrolle zurückgewinnen will. Zunächst sind es die Nachwirkungen der Operation, später das Fieber, die von Meuffels Wahrnehmung verzerren, verstörend eingefangen durch die Kamera von Philipp Haberlandt. Point of View-Aufnahmen, extreme Details (Zahnfleischbluten!), das Spiel mit Farbe und Kontrast versetzen uns von Beginn an in die Position des Patienten, der nachts, von Schlaflosigkeit geplagt, durch die Gänge schlurft. Im Gegensatz zur üblichen Sonntagskrimiware arbeitet Polizeiruf 110 – Fieber nicht die Wegsteine der Handlung ab, sondern verliert sich zeitweise ganz in der Wahrnehmung seiner Hauptfigur. Wie schon Polizeiruf 110: Cassandras Warnung und Polizeiruf 110: Schuld lebt dieser Fall deswegen mehr von seiner absonderlichen Atmosphäre, als dem Wer, Wann, Warum.

Unterhaltung: In Sachen Atmosphäre hat Polizeiruf 110 – Fieber allerdings einiges zu bieten. Das Krankenhaus als klinisch reiner Hort des Todes bietet natürlich den perfekten Schauplatz für eine Ermittlung (wie kürzlich erst im zerfahrenen Kreutzer kommt … ins Krankenhaus). Von Meuffels, der geborene Einzelgänger (zu unberechenbar für die hohen Herrschaften, zu, nun ja, Baron Hanns von Meuffels für den ganzen Rest) lässt sich selbst von einer schweren Verletzung und belustigenden Halluzinationen nicht abhalten. Wenn er mit der FSJ’lerin in der Pathologie herumschnüffelt oder mit seinem neuen imaginären Kumpel durch das Krankenhaus turnt, ist der Polizeiruf vor allem eins: ein morbider Spaß, ähnlich wie Tatort: Das Dorf, nur nicht ganz so selbstverliebt.

Tiefgang: Krankheit, Schwäche, Schmerz macht Polizeiruf 110 – Fieber mit Hilfe einer auffälligen visuellen Strategie förmlich spürbar, weshalb manche Passagen des Krimis ein wenig zermürbend ausfallen. Gleichzeitig findet der Film durch seine Überstilisierung Bilder für etwas, das nur schwer dargestellt werden. Damit ist im engsten Sinne der multiresistente Keim gemeint, der das Krankenhaus in den Ruin treiben könnte, im weiteren Sinne die moralische Verkommenheit, welche aus diesem Ort der Heilung ein von Paranoia durchtränktes Gefängnis macht. Eine schöne Spitze ist es denn auch, dem trockenen Peter Jordan (Der Piepser von Regensburg) ausgerechnet TV-Dauer-Arzt und Saubermann Walter Sittler als Vorgesetzten zu geben.

Mord des Sonntags: Das Raucherbein des schnarchenden Zimmernachbars sorgfältig aufbewahrt in einer Kühlzelle.

Zitat des Sonntags: “Sie sind bald wieder gesund, es wird alles wieder gut.”

Ich war vom Polizeiruf der Marke Hanns von Meuffels mal wieder begeistert. Aber wie hat er euch gefallen?

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