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Poem of Sky and Sea

14.10.2014 - 12:00 Uhr
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Kaze
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A short story about distance: Die Szene aus dem Film "秒速5センチメートル" (5 Centimeters per Second), handelt von Tōno Takaki und Sumita Kanae. Kanae erkennt, dass Takaki, ihre Liebe, keine Augen für sie hat, sondern diese auf die Vergangenheit gerichtet hat.

Kennst Du das Gefühl, etwas ist sehr nahe und gleichzeitig unerreichbar? Genau das hast Du unterbewusst immer geahnt, dennoch ist genau diese Erkenntnis für Dich unendlich schmerzhaft, unfassbar und trotz alledem befreiend.

Jeden Abend versucht Kanae Takaki abzupassen, um den Heimweg gemeinsam mit ihm zurück zu legen. Jeden einzelnen Abend genießt sie seine Gegenwart, sie liebt ihn, seit sie ihn in der Mittelschule das erste Mal sah. Sie mag seine freundliche Art und dass er sich von den anderen Jungs unterscheidet. Aber sie bringt es nicht über sich, ihm ihre Liebe zu gestehen.

Das Ende des Sommers - es wird kühler, der Wind kräftiger und der Himmel scheint ein bisschen höher zu sein.

Kanaes Leben besteht in dieser Zeit hauptsächlich aus Misserfolgen: sie weiß nicht, was sie nach der Highschool machen soll, fühlt sich etwas verloren, sogar bei ihrem Hobby, dem Surfen, macht sie keine Fortschritte und scheitert bei jedem Versuch.

Doch dann kommt der Tag, an dem Kanae zum ersten Mal erfolgreich eine Welle meistert. Dieser Erfolg gibt ihr das Selbstvertrauen und den Mut Takaki zu sagen, wie viel er ihr bedeutet.

Auf dem Heimweg springt Kanaes Roller nach einem kurzen Stop in einem kleinen Laden nicht mehr an. Takaki bietet ihr an, mit ihr zu laufen, was sie erst nach kurzem Zögern annimmt, als er ihr sagt, dass er gerne laufe würde. Genau dieser Spaziergang ist meine Lieblingsszene.

Diese kurze und doch so berührende Szene  (43:49 - 44:55) berührt mich sehr. Kanae, die voller Hoffnung und Elan war, muss schmerzlich erkennen, dass Takaki in der Vergangenheit lebt. Er schaut über sie hinweg, an ihr vorbei, durch sie hindurch, als wäre sie ein Geist - er blickt zu etwas zurück, über das er nicht hinweg kommt, das er nicht erreicht. Er ist an etwas Entferntes gefesselt und es ist ihm nicht möglich sich zu befreien. Sein ganzes Wesen ist nur auf die Vergangenheit ausgerichtet, nicht auf das Hier und Jetzt.

Als Kanae das realisiert, kann sie ihre Tränen nicht zurück halten. Es gibt bei Gefühlen keinen Schalter für "an" und "aus". Der ganze Film arbeitet weniger mit Dialogen oder Worten, sondern vielmehr mit dem Verbildlichen der Emotionen, die wir vermutlich alle kennen - das wird in dieser Szene besonders drastisch verdeutlicht. Bis auf ein paar geschluchzte Worte, wird nichts gesprochen. Dafür unglaubliche Bilder, Nahaufnahmen, Geräuschkulisse. Die Szene schafft es, real zu wirken, als sei man dabei, man vergisst alles um sich herum - den Raum, den Fernseher, das eigene Leben - und fühlt mit den Figuren. Man sieht ihre Tränen, fühlt ihren Schmerz... Nicht nur Kanae, auch Takaki, der unter dem Verlust seiner ersten Liebe, Shinohara Akari, sehr leidet. In der Grundschulzeit sind beide nach Tokio gezogen. Sie hatten beide die gleichen Interessen und bauten eine tiefe Beziehung auf. In der Mittelschule sahen sie sich zum letzten Mal und ihr erster Kuss war zugleich ihr letzter. Danach ist Takaki nach Tanegashima gezogen, einer Insel in der Präfektur Kagoshima. Dadurch ist es ihm unmöglich geworden Akari zu besuchen. Doch loslassen kann er sie auch nicht. Seine Gedanken kreisen unablässig weiter um Akari, seine dadurch entstehende Gleichgültigkeit und Einsamkeit verbirgt er hinter seiner Freundlichkeit - wie eine Maske, die er nicht abnehmen kann.

Diese phyischen und surrealen Distanzen prägen unser tägliches Leben. Wir nehmen es gar nicht wahr, doch in dieser Szene wird das Unrealisierbare real, fast begreibar, und genau das macht diese Szene so magisch.

"Poem of Sky and Sea", das Gedicht von Himmel und Meer... Was steht mehr für unsere menschliche Sehnsucht als der Himmel und das Meer? Beides scheint so nah und eigentlich ist es trotzdem unüberwindbar. Der Horizont scheint Verbindung und Trennlinie gleichzeitig darzustellen. Beides war für lange, sehr lange Zeit die Grenze für uns Menschen und ist es immer noch für Takaki... Das Meer lässt die Distanz zu Akari endlos wirken. Doch anders als bei physischen Grenzen haben wir keine technischen Hilfsmittel, um unsere gedanklichen, unterbewussten und psychischen Distanzen zu überwinden. Die Reise, den Versuch diese zu überwinden, können nur wir alleine unternehmen und der Ausgang wird immer ungewiss sein. Doch diese Szene zeigt, wie befreiend diese Erkenntnis sein kann, dass man daran wachsen kann und voran kommt, aber auch wie schmerzvoll es ist.

Andererseits, das Verstecken hinter der eigenen geistigen Barriere verhindert diesen Schmerz keineswegs, sondern lässt ihn langsam über die Zeit wachsen und entfernt uns schleichend von wahrer Freude und neuen Möglichkeiten und Beziehungen, wie es bei Takaki der Fall ist. Er schafft es, weder die physische noch die geistige Distanz zu überwinden.

Diese Erkenntnis hat auch Takaki am Ende des Films und er versucht neu anzufangen - wirklich zu leben. Kennst du die Magie von Szenen? Sie lässt Dich mit offenem Mund vor dem Fernseher sitzen... Egal wie oft Du sie siehst, fühlt es sich an als wäre es das erste Mal. Genau das ist mir bei dieser Szene passiert und ich hoffe, Du verstehst warum.


Hier präsentieren wir euch die Preise, die ihr gewinnen könnt und möchten uns damit auch bei all unseren Sponsoren und Medienpartnern bedanken, die sie gestiftet haben:


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