Nummer 5 lebt immer noch

01.08.2015 - 09:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Hey, laser lips, your mama was a snow blower!Splendid Film/WVG/TriStar/moviepilot
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...und der Kommentar der Woche auch! Kommt mit zurück ins Jahr 1986, als die Zukunft noch weitaus liebevoller aussah, als ein viel zu flacher Fernseher für die Hosentasche, mit dem man unterwegs den Herd anstellen und telefonieren kann.

Ihr habt doch nicht etwa gedacht, das war's schon, oder? Einfach so heimlich, still und leise den Stecker gezogen? :) Nix da! Die etwas unfreiwillige Auszeit des Kodewo und der 7 Fragen ist vorbei, und ab heute rücken wir im Kommentar der Woche wieder jeden Samstag einen Kommentar von irgendwo aus den Weiten moviepilots ins Scheinwerferlicht, egal ob neu oder alt, kurz oder lang, positiv oder negativ, verträumt oder ernüchtert - alles, was dafür nötig ist, ist eine kurze Nachricht an sciencefiction oder Kängufant, wenn ihr durch Zufall über einen würdigen Kandidaten stolpert!

Der Kommentar der Woche
Diese Woche erinnert uns Ben Kenobi daran, daß es mehr als 20 Jahre vor Pixars drolligem Aufräumkommando in Nummer 5 lebt! bereits einen Roboter gab, der mindestens ebenso liebenswert war, und uns als Kind von einer Zukunft träumen ließ - die dann doch etwas anders wurde...

1986: Fast ein Jahrzehnt ist vergangen, seit "Star Wars" über Nacht das Blockbusterkino neu definiert und einen regelrechten Science Fiction-Wahn ausgelöst hat, und auch Spielbergs "E.T." hatte schon vier Jahre, um sich in das kulturelle Gedächtnis ganzer Familien einzuprägen. Zugleich machte die technische Entwicklung Fortschritte, die auch an Otto Normalverbraucher nicht mehr vorbeigingen. Vor einem Jahr hatte Nokia das erste Mobiltelefon eingeführt, das mit knapp 5,5 kg beinahe ein Fliegengewicht war. Kurz darauf stellte Commodore seinen Amiga 1000 vor - den ersten multitaskingfähigen PC der Welt, der in Deutschland mit seinem rasanten Prozessor (Taktung ca. 7 MHz) für knapp 3200,- DM zum Verkaufsschlager wurde. Ja, es war eine goldene Zeit!

Und genau in dieser Zeit hob John Badham einen Roboter - einen Roboter! - aus der Asche, und machte ihn mit seinem Leinwandauftritt in "Short Circuit" unsterblich: Johnny 5, der originale WALL·E. Ursprünglich als moderne Hochleistungs-Kriegsmaschine geschaffen, entwickelt dieser nach einem Kurzschluss (daher der Titel) durch Blitzschlag ein Eigenleben. Mit der Betonung auf Leben. Und so macht der quirlige Blechhaufen sich auf, die Welt nicht nur zu erkunden ("Input! Input! Input!"), sondern sie nebenbei auch noch davon zu überzeugen, dass er eben nicht nur eine Maschine ist, sondern ein lebendiges, fühlendes Wesen ("Number 5 is alive!"). Eine Mitstreiterin ist in der begeisterungsfähigen Tierfreundin Stephanie schnell gefunden, genauso wie die obligatorischen Bösewichte: Einerseits die logischerweise strikt paramilitärisch auftretenden Sicherheitsleute des Waffenherstellers, dringend darum bemüht, ihre verselbstständigte Maschine mit allen Mitteln aus dem Verkehr zu ziehen. Andererseits der gewalttätige und jähzornige Ex-Freund von Stephanie, der im potentiellen Finderlohn für den Roboter eine nette Einnahmequelle sieht. Doch Nr. 5 hat seinen eigenen Kopf/Schaltkreis, und denkt natürlich nicht daran, sich fangen, zerlegen und 'reparieren' zu lassen. Denn: "Life is not a malfunction!"

Ja, den Plot kennt man, und ja, es reiht sich ein stock character an den nächsten. Aber um narrative Innovation geht es "Short Circuit" auch gar nicht. Stattdessen steht Futter für die technologiebegeisterten Massen auf dem Programm, das spektakulär wie einfühlsam inszeniert und mit erfrischend ironischem Humor gewürzt ist. In einer Zeit, in der so etwas wie Künstliche Intelligenz erstmals in greifbare Nähe zu rücken schien, und zugleich die Unterhaltungs- und Heimelektronik den Massenmarkt zu überschwemmen begann, in so einer Zeit, kann es da etwas Besseres geben als einen lebendigen Roboter?

"Short Circuit" verkörpert wie kaum ein anderer Film die Faszination und die Begeisterung, die Technologie in uns hervorruft. Aus heutiger Sicht mag einem dabei vielleicht mit so etwas wie Bedauern auffallen, dass die kindliche Unschuld von damals nunmehr verloren ist. Sicher, auch in "Short Circuit" wird auf den Missbrauch der Technik hingewiesen, stellt die Militarisierung der zivilen KI-Forschung ja sogar die Prämisse des gesamten Films dar. Doch steht hier von der ersten Minute an fest, dass auf ein Happy End hingesteuert wird. Fast 30 Jahre später nun, in einer Welt, die fast auf allen Ebenen von Hochtechnologie durchdrungen ist, stellt sich womöglich schon eher die Frage, ob es so ein Happy End geben kann. Aber das macht "Short Circuit" nicht ein Stück weniger unterhaltsam oder sehenswert. Genauso wie es als Erwachsener Spaß macht, immer mal wieder auch das Kind in sich zu entdecken, macht es anno 2014 große Freude, in eine Zeit zurückzukehren, in der lebendige Roboter eine realistischere Vorstellung schienen als Geräte im Taschenformat, die eine ganze Bibliothek und alle Straßenpläne dieser Welt enthalten. Und ganz ehrlich? Wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich auch heute noch für den Roboter entscheiden.

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Newton Crosby: Why did you disobey your program?
Number 5: Program say to kill, to disassemble, to make dead. Number 5 cannot.
Newton Crosby: Why "cannot"?

Number 5: It's wrong! Newton Crosby, PhD, not know this?
Newton Crosby: Of course I know it's wrong to kill, but who told you?
Number 5: *I* told me.

Der Originalkommentar lebt übrigens hier.

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