Neuer Tatort aus Münster - Ist ja alles so nett hier

21.09.2014 - 20:15 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Jan Josef Liefers in Tatort: Mord ist die beste Medizin
ARD/WDR
Jan Josef Liefers in Tatort: Mord ist die beste Medizin
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Dass der Tatort aus Münster gelegentlich den Anschein kreativen Ehrgeizes gibt, wird einem niemand glauben, der ganz unbefleckt heute den neuen Fall von Thiel und Boerne in der ARD verfolgt. Aber immerhin gibt es Hodenwitzchen zu hören. Oder so.

Es ist ja eigentlich alles nett im Münsteraner Tatort. Thiel verschenkt St. Pauli-Gedenkbücher, Vaddern kutschiert Gauner nach Amsterdam und Boerne - Prof. Boerne - wartet im Krankenhaus auf den Tod. Okay, letzteres ist eher auf die hypochondrische Ader des Wagner-Liebhabers zurückzuführen. Sich wirklich herantrauen will der Tatort an die Furcht vorm Sensenmann nicht. Vermiest nur die Stimmung, so viel Ernst. Stattdessen mokiert sich der Privatpatient über Geschmack und Gemächt seiner Bettnachbarn und deckt nebenbei einen Fall rundum Medikamentenfälscher auf. Tatort: Mord ist die beste Medizin markiert nach der Superheldenspielerei Tatort: Der Hammer leider wieder eine qualitative Abwärtsbewegung im Münsterland, was die Einschaltquoten fraglos unbeeindruckt lassen wird.

Tatort: Mord ist die beste Medizin

"Lokalkolorit", "Tiefgang", "Plot" - beim Münsteraner Tatort wird generell und beim heutigen ganz besonders die Unterhaltung groß geschrieben, wobei die Definition von Unterhaltung mal mehr, mal weniger eindeutig formuliert wird. Im Vigilanten-Krimi Der Hammer sahen wir ein durchaus spannendes Spiel mit mehreren Genres, die sanft auf den Boden der mittelgroßstädtischen, deutschen Realität gebracht wurden. In Mord ist die beste Medizin steht der Klamauk im Vordergrund und wenn der's nicht bringt, klappt der Krankenhauskrimi mir nichts, dir nichts zusammen. 

Ein K. o. bekommen wir in Tatort: Mord ist die beste Medizin zwar nicht zu sehen. Dass der Krimi frappierend an einen deutlich besseren und gar nicht mal so alten sonntäglichen Bettnachbarn erinnert, erschwert die Freude über Boernes Heidegger-Monologe und Freundschafts-Bonmots. Wem beispielsweise Charaktergesicht Josef Ostendorf bekannt vorkommt, der hat womöglich den ganz ausgezeichneten Polizeiruf 110: Fieber gesehen, in dem Hanns von Meuffels (kein Prof., dafür alter Adel) als Patient die dunklen Machenschaften von Krankenhausmitarbeitern aufdeckt. Nun wird Münster mit diesem Team niemals an die Experimentierfreude aus München heranreichen und das müssen sie nicht. Ein bisschen mehr Krisenstimmung als Ergänzung des schwarzen Humors hätte all den Pointen über Freunde und deren Minimaldistanz vielleicht etwas Nachdruck verliehen. 

Denn eigentlich findet sich Boerne (Jan Josef Liefers) in einer gar nicht mal so zu Kalauern anregenden Situation wieder. Zum 40. von Kollegin Urspruch (Silke Haller) entdeckt er beim Selbst-Check verdächtige Gewebe in seiner Leber und lässt sich prompt einer Biopsie unterziehen. Trifft sich gut, denn im selben Krankenhaus stirbt ein Apotheker, der zuvor schon im botanischen Garten unter mysteriösen Umständen zusammengebrochen war. Ein gescheites Mädchen (die Beste in diesem Tatort: Lena Meyer) war dabei und hilft Thiel (Axel Prahl) auf die Sprünge. Währenddessen wundert sich Boerne, dass der Chemo-Patient neben ihm ganz ohne Nebenwirkungen auskommt. Am verdächtigsten: Das Hospital schreibt schwarze Zahlen.

Verschuldete Krankenhäuser, gefälschte Medikamente, resistente Keime und Speed schluckende Mediziner: Von allem nimmt sich diese Krimikomödie von Regisseur Thomas Jauch und Autorin Dorothee Schön ein bisschen, ohne den Tatort damit komödiantisch oder inhaltlich zu bereichern. Müde Gags ("Jetzt sterben sie erstmal in Ruhe.") spielen einen bissigen Humor ohne Unterbau vor. Wehtun darf hier nix, vor jedem Piekser scheuen sich die Macher. Aus diesem Infusionsbeutel tropft also nur lauwarmes Wasser. 

Mord des Sonntags: 

Der spannendste Moment im Tatort hinterlässt zwei blitzblanke Gläser im Geschirrspüler.

Zitat des Sonntags: 

"Unverrückbare Überzeugungen haben nur schlechte Ärzte, Heilpraktiker, Taxifahrer... und meine Schwester Hannelore.

Mit den Münsteranern tue ich mich immer schwer, aber heute war der Tatort besonders fade. Was sagt ihr (Fans?) zum neuen Fall von Thiel und Boerne?

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