Ein langes Wochenende wie dieses fühlt sich in Zeiten von Corona noch weitaus länger an. Was liegt da näher als der Zeitvertreib mit Netflix und Co.? Seit letzter Woche ist dort die 2. Staffel der fantastischen Tragikomödie After Life verfügbar, die in Großbritannien zu Recht durch die Decke geht, in Deutschland bislang aber noch ein Schattendasein fristet.
Hinter dem Projekt steht mit Ricky Gervais ein weltberühmter Comedian. Der Host der letzten Golden Globes ist dafür bekannt, gerne mal die Grenzen schwarzen Humors auszutesten und das geschieht auch in After Life nicht gerade selten. Hier fungiert er zugleich als Schöpfer/Showrunner und Hauptdarsteller, darf sich also richtig austoben.
After Life bei Netflix: Zwischen Lachen und Tod
Im Zentrum der Geschichte steht der Zeitungsredakteur und Witwer Tony (Gervais), der den Tod seiner Frau einfach nicht verkraftet. Seine Niedergeschlagenheit lebt er auf dem Rücken seines direkten Umfelds aus (Ausnahme: sein Hund), auf dessen Hilfe er sich andererseits nicht einlassen will bzw. kann.
Tony hat innerlich beschlossen, alle anderen für einen Schicksalsschlag büßen zu lassen, der in der Macht von niemandem stand.
Die düstere Ausgangssituation der Serie schreit für viele auf den ersten Blick vermutlich eher nicht nach dem Format einer Komödie, Ricky Gervais allerdings ist da anderer Meinung. Sein Tony sagt immer, was er denkt und nur die wenigsten Dinge, die aus seinem Mund kommen, sind auch nur im Entferntesten freundlich.
Ob sein übergewichtiger Kollege, die verschrobene Mitarbeiterin Kath, sein Schwager (und zugleich Vorgesetzter) oder der obdachlose Postbote: Niemand ist vor Tonys schlagfertigen, geradeaus ehrlichen Kommentaren sicher.
Eben diese sind oft genug ebenso fies wie urkomisch, sodass sich der eine oder andere fürs Lachen ein kleines Bisschen schlecht fühlen und beim nächsten Mal dagegen ankämpfen könnte. Erst an diesem Punkt wird After Life für Gervais zum Heimspiel.
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In wohl jeder anderen Serie würde sich der Zyniker Tony irgendwann zu einem besseren Menschen entwickeln und einsehen, dass ihn sein Selbstmitleid nicht weiterbringt. After Life hingegen kokettiert lediglich hin und wieder mit Feelgood-Konventionen, um sich dann entschlossen von ihnen abzuwenden.
Zwar schließt Tony im Verlauf der Handlung durchaus wichtige Freundschaften und sogar eine neue Beziehung mit einer Pflegerin steht eines Tages in (entfernter) Aussicht, doch zwischenmenschliche Kontakte entwickeln sich enorm behutsam. Am Wichtigsten dabei: Die Hauptfigur darf bleiben, wer sie ist und das wirkt einfach entwaffnend aufrichtig.
Warum ihr After Life schnell ins Herz schließen werdet
Eine andere, nicht zu unterschätzende Qualität der Serie liegt ganz woanders. Das Drehbuch führt uns immer wieder an die selben Schauplätze und zelebriert das Alltägliche. Der Redaktionsraum der fiktiven Tambury Gazette erscheint schnell allzu vertraut, die Interviews mit absonderlichen Bewohnern des britischen Städtchens versprühen einen skurrilen ländlichen Charme.
Mit After Life serviert uns Netflix zur Abwechslung eine realistische Serie, die nicht in einer hippen Großstadt spielt und eine ganz eigenwillige Anziehungskraft entwickelt. Immer wieder will der Zuschauer in das entschleunigte Tambury zurückkehren, wo sich Menschen wie Tony und seine gute Bekannte Anne (Penelope Wilton) auch schon mal regelmäßig auf der Parkbank eines Friedhofs treffen.
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In diesem Kaff geschieht nichts und irgendwie doch unglaublich viel. Beide Staffeln der Serie bestehen aus lediglich 6 Episoden und lassen uns unweigerlich mit dem Wunsch nach mehr zurück. Ob Tony jemals wieder richtig glücklich wird, ist in After Life alles andere als sicher. Dennoch möchte man ihn noch viel länger begleiten und jeden noch so finsteren Gervais-Witz gerne "ertragen".
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