Jede Woche lassen wir einen eurer zahlreichen Kommentare auf moviepilot zum Kommentar der Woche mutieren – und jeder Kommentar könnte der nächste sein: Ob ihr einem Film oder einer News (oder, wie in diesem Fall, eher einem Trailer) ein dickes COWABUNGA entgegenjubelt, einen Schauspieler am liebsten zu eurem Meister ernennen möchtet (Ratte optional), oder eine Pepperoni Pizza braucht, um eine Serie zu ertragen. Wenn ihr zufällig über einen würdigen Kommentar gestolpert seid, sagt uns Bescheid, am besten, indem ihr uns eine Nachricht schreibt.
Der Kommentar der Woche
O Ninja Turtles where art thou? Wenn aus Freunden der Kindheit seelenlose Marketingmaschinen werden… BlueGlasses (ehemals DocJules) zum ersten Trailer der neuen Teenage Mutant Ninja Turtles (ehemals toll):
Vorsicht, dieser Kommentar wird wohl wieder etwas länger … aber hier geht es um mehr als nur um die Turtles. TMNT ist ein herausragendes Beispiel für vieles, was derzeit in der Filmindustrie schief geht, allem voran wenn es um Remakes, Reboots, Relaunches nostalgischer Serien oder Comics geht.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es stets unterschiedliche Ansätze für Verfilmungen von Comicfiguren gibt, und keiner von denen ist besser oder schlechter als der andere: Der eine hält sich so gut es geht an die Vorlage und macht Änderungen nur dort, wo sie in seinen Augen notwendig sind, um die Geschichte besser erzählen zu können (Watchmen), der andere versucht die Prämisse des Comics in unsere Zeit zu transferieren und die eher phantastischen Elemente in unsere Realität zu übersetzen (Batman-Nolan-Reihe). Man kann Konzepte und Charaktere aus der Vorlage völlig auf den Kopf stellen (Iron Man 3) oder versuchen einem eher unscheinbaren Helden mehr Größe zu verleihen (Constantine). Aber das Allerwichtigste ist, dass man stets den KERN der Figuren und ihrer Bedeutung im eigenen Universum versteht und richtig transportiert, das bedeutet vor allem, die herausstechenden Merkmale der Charaktere beizubehalten, völlig egal, welchen Ansatz man mit ihnen verfolgt. Hier ein paar Beispiele: Iron Man ist narzisstisch, aber ein genialer Ingenieur, Spider-Man hat es nicht leicht, aber er hat stets einen flotten Spruch auf den Lippen und verliert nie die Hoffnung, Captain America wirkt auf den ersten Blick wie ein Anachronismus, ist aber der ultimative “Good Guy” und beweist Führungsqualitäten, Batman ist ein begnadeter Detektiv, steht aber oft im Konflikt mit seinen inneren Dämonen, etc. usw. Diese Eigenschaften finden sich stets in allen Comic-, Zeichentrick- und/oder Realverfilmungen wieder. Man kann die Franchises so oft rebooten wie man will, diese Charakteristika werden bestand haben und selbst den schlechtesten Verfilmungen noch ein bisschen Leben einhauchen. Man of Steel und Amazing Spider-Man waren die ersten Filme, bei denen diese Kernelemente der Charaktere entweder nicht vorhanden waren oder unter einer Lawine von “DARK & MOPEY” begraben wurden.
Michael Bay, der ohnehin kein Interesse an character development hat und niemals hatte (weswegen er sich auch die Transformers ausgesucht hat – ich meine, wie viel Persönlichkeit willst du in Roboter-Autos packen, deren letzte Charakterisierung aus einer schrägen Zeichentrickserie aus den 80ern stammte? Wenn wir ehrlich sind hatten die Transformers so viel echte Persönlichkeit wie He-Man), wagt sich jetzt an die Teenage Mutant Ninja Turtles heran, vier Ninja-Schildkröten und ihren Meister. Exerzieren wir doch mal, wofür jeder einzelne von ihnen bekannt war:
Leonardo, der Anführer, der stets versucht, seine Brüder ein wenig im Zaum zu halten, vor größerem Schaden zu bewahren und aus den vieren eine Einheit zu machen. Diszipliniert und ernster als seine Brüder, dennoch (wie jeder von ihnen) gerne mal zu Scherzen aufgelegt.
Raphael, das Problemkind, mit dem Kopf durch die Wand, hat ein Problem mit Autorität und ist oft ein wenig rücksichtslos, bestimmt aber der Emotionalste der vier.
Donatello, Genie und Erfinder, versucht stets einen analytischen Blick auf jede Situation zu haben. Ist trotz seiner Philosophie “Mind over Matter” ein ebenso guter Kämpfer wie seine Brüder.
Michelangelo, Nesthäkchen, oft ein wenig trottelig, aber verdammt liebenswert, von allen Turtles aber sicher der Lustigste, der stets versucht, die Stimmung zu heben. Im Titelsong beschrieben als “The Party-Dude”.
Ich weiß, der Trailer ist nicht besonders lang, aber was haben wir bisher davon gesehen? Ich meine, da gibt es so vieles was man in den Trailer hätte einfließen lassen können, doch stattdessen bekommen wir das hier: Ein paar Shots die 1:1 wie die Transformers-Filme aussehen, inklusive Megan Fox und Michelangelo, welcher nicht ein bisschen an seine Vorlage erinnert, sondern (wie so oft bei Michael Bay) ein rassistischer Stereotyp ist.
Wenn ihr euch fragt, was hier schief gelaufen ist, so ist die Antwort sehr einfach: Michael Bay kann Filme nur auf diese Art und Weise drehen. Das ist nicht einmal etwas Schlechtes, Bad Boys 1 und 2 waren gute Filme, ebenso Pain & Gain, und über die Qualität der einzelnen Transformers-Teile lässt sich streiten, aber der Kern, die Grundsubstanz der Teenage Mutant Ninja Turtles lässt sich nicht und unter keinen Umständen in das Michael Bay-Universum integrieren. Das ist, als würden wir Roland Emmerich Avengers 2 drehen lassen. Oder die Tribute von Panem 3 in die Hände von Quentin Tarantino geben – sicher, da kämen interessante Filme bei raus, vor allem letzteres dürfte zu einem sehenswerten Slashfest werden, aber die Vorlage wäre in jedem Fall bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.
TMNT wurde nicht produziert, weil Michael Bay dachte, er könne die Geschichte der Turtles neu erzählen, jeder Figur eine angemessene Charakterisierung geben und dem Franchise dadurch neues Leben einhauchen. TMNT wurde produziert, weil Disney/Marvel und WB/DC so großen Erfolg damit haben, die Ikonen unserer Kindheit nach Jahrzehnten wieder an uns zu verkaufen (Wobei Marvel/Disney wenigstens einen verdammt guten Job dabei machen und wirklich gute Filme produzieren), und Michael Bay mit der Transformers-Formel mehr Geld eingenommen hat, als er es sich jemals hätte erträumen lassen. Die Turtles waren früher noch beliebter als die Transformers, durch die neue Serie verkauft sich das Merchandise jetzt schon wie geschnitten Brot – also verbindet er beides und übersetzt “4 kämpfende Schildkröten” so FLACH, UNINSPIRIERT und GENERISCH wie nur irgendwie möglich in das Transformers-Universum. Die Turtles selbst, die wir als Kinder und Jugendliche geliebt haben, bleiben dabei völlig auf der Strecke.
Der Nostalgia Critic hat es vorausgesehen, und soweit ich das sehe hatte er vollkommen recht. Das ist nicht Teenage Mutant Ninja Turtles, das ist “Michael Bay’s: Racist Alien Big Boobied Explosions!”.
Well, enjoy the ride. I’m out.
Den Kommentar findet ihr übrigens hier.