Lebensweisheit, Reinkarnation & Affengeister

30.09.2010 - 15:50 Uhr
Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives
Movienet Film
Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives
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Der thailändische Film Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives von Apichatpong Weerasethakul konnte dieses Jahr die Goldene Palme in Cannes gewinnen. Diese Woche startet das sensible und tiefgründige Drama in ausgewählten deutschen Kinos.

Uncle Boonmee leidet an einer tödlichen Nierenkrankheit. Seine letzten Tage will er in seinem Elternhaus auf einem Landgut im Nordosten Thailands verbringen, umgeben von Verwandten und Freunden, die ihn lieben. Dort taucht plötzlich eines Tages der Geist seiner verstorbenen Frau Huay auf, um für Boonmee zu sorgen. Auch sein lange verschollener Sohn Boonsong kehrt zurück – in Gestalt eines Affen mit leuchtend roten Augen. Nachdem Boonmee über die Ursachen seiner Krankheit nachgedacht hat, bricht er mit seiner Familie zu einer Reise durch den Dschungel auf. Diese endet in einer geheimnisvollen Berghöhle – dort, wo Boonmees erstes Leben begann.

Preisgekröntes Arthouse-Kino mit Laiendarstellern
Mit Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben konnte Apichatpong Weerasethakul dieses Jahr die erste Goldene Palme in Cannes für Thailand gewinnen. Damit setzte sich das Drama gegen insgesamt 19 Filmproduktionen aus 15 verschiedenen Ländern durch. Die internationale Koproduktion, an der insgesamt sechs Länder beteiligt waren und die unter anderem vom World Cinema Fund gefördert wurde, entstand im Rahmen eines Kunstprojekts, das der Regisseur, Produzent und Drehbuchautor mit Teenagern in seinem Heimatdorf im Nordosten Thailands durchgeführt hat. Aus diesem Grund besteht der Cast auch vornehmlich aus Laiendarstellern ohne jegliche vorherige Schauspielerfahrung. Hauptdarsteller Thanapat Saisaymar beispielsweise ist gelernter Dachschweißer, sammelte vorher allerdings in mehreren TV-Werbespots bereits Erfahrung vor der Kamera.

Lebenserinnerungen und Wiedergeburt als thematische Schwerpunkte
Apichatpong Weerasethakul liefert mit seinem Film eine bildgewaltige Hommage an seine Heimat im Nordosten Thailands und widmet sich thematisch den Seelenwanderungen zwischen Menschen, Pflanzen, Tieren und Geistern. Dabei ließ sich der Filmemacher von den in einem Buch festgehaltenen Geschichten eines alten Mannes inspirieren, der kurz vor seinem Tod seine früheren Leben an sich vorüberziehen sah. Vor dem Hintergrund des buddhistischen Glaubens, zu dem sich etwa 94 Prozent der thailändischen Bevölkerung bekennen, greift er tiefgreifende Themen wie den Tod, Lebenserinnerungen, Familiengefühl, Reinkarnation sowie das Leben nach dem Tod auf und lässt immer wieder politische Bezüge in Form uniformierter Soldaten in die Geschichte mit einfließen. Dabei lässt er die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits beinahe unmerklich verschwimmen, so dass es schon hoher Aufmerksamkeit und großer Interpretationskunst bedarf, um das Werk in seiner Gesamtheit zu begreifen.

Fantasie und Vorstellungskraft sind von Vorteil
Das sensible Drama Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben wirkt auf den ersten Blick wie eine stringent erzählte Geschichte. Allerdings macht es Regisseur Apichatpong Weerasethakul dem Publikum nicht einfach, indem er an vielen Stellen eindeutige Erklärungen verweigert und diesem bewusst Raum für eigene Interpretationen lässt. Wer sich auf diese Art der Filmkunst einlassen kann, dem eröffnet sich eine wunderschöne Welt voller hintergründiger Gedanken und überraschender Momente. Die ruhige Erzählweise und fremdartige Thematik werden sicherlich nur ein kleines Publikum ansprechen, aber dieses erlebt einen “der friedlichsten, hoffnungs- und liebevollsten Filme über das Sterben, die ich je gesehen habe”, wie Michael Sennhauser in seinem Blog nach der Vorführung in Cannes urteilte.

Sollte euer Interesse an Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben geweckt sein, dann erfahrt ihr in unserem Kinoprogramm die Spielzeiten. In dem deutschen Trailer könnt ihr euch außerdem ein erstes Bild machen:

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