Katanas zu Pflugscharen! Samurais an den Herd!

10.11.2010 - 08:50 Uhr
Samurai in der Dämmerung
3L
Samurai in der Dämmerung
3
7
3L veröffentlicht mit seiner Samurai-Legens drei Samuraifilme, die uns Japan an der Schwelle zur Moderne und Samurais am Rande des Nervenzusammenbruchs zeigen. Ein solches Thema erfordert naturgemäß große Meisterschaft, die nicht jeder der Filme erfüllen kann.

Samurai-Filme laufen meist – ähnlich wie Western – nach bestimmten Schemen ab, die durch die Schnittpunkte Kampfkunst, Tradition, Loyalität und nur widerwillig unterbrochenes Einzelgängertum gekennzeichnet sind. Die DVD-Box Samurai Legends, welche die Filme The Twilight Samurai – Krieger der Dämmerung, The Hidden Blade (beide von Yôji Yamada) sowie The Last Sword – Der letzte Feldzug der Samurai (Yôjirô Takita) umfasst, zeigt die kaltblütigen Schwertkämpfer jedoch von ihrer menschlichen Seite.

Alle drei Filme sind gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der Bakumatsu-Zeit angesiedelt, also einer Epoche des Übergangs, in der die westliche Kriegsführung die alten Schwertkämpfer überflüssig machte, politische Umschichtungen den Loyalitätsbegriff der traditionstreuen Samurai aushebelten und nicht zuletzt auch Bewegungen im sozialen Gefüge das traditionelle Kastendenken in Frage stellten. Der richtige Stoff für Meisterwerke, denken wir da, und erinnern uns mit feuchten Augen an einige Klassiker des Spätwesterns, allen voran The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz, welche eine solche Übergangsperiode ebenfalls erfolgreich ins Genrekino übertragen konnten.

Doch der japanische Regisseur Yôji Yamada geht einen anderen Weg: In seinen Filmen The Twilight Samurai – Krieger der Dämmerung und The Hidden Blade, die beide auch auf der Berlinale ihr Publikum fanden, zeigt er uns müde Kämpfer. Statt von Kampfesruhm und aristokratischen Ehren träumen sie von ganz bürgerlichen Zielen: Mehr Zeit mit der Familie, genügend Sold, eine gesunde Frau und dass die alten Verwandten endlich aufhören, immer nur von früher zu erzählen. Das Selbstverständnis als Krieger kommt ihnen in ebenjenem Maße abhanden, wie ihre finanzielle und emotionale Lebensgrundlage zu bröckeln beginnt. Hier schlägt er gekonnt den Bogen zum gegenwärtigen Japan, besonders wenn der The Twilight Samurai – Krieger der Dämmerung wiederholt deutlich macht, dass die Karriere nicht der Mittelpunkt seines Lebens ist und er seine Berufung vor allem als Hausmann und Vater begreift.

Dabei gelingt es beiden Filmen trotzdem, auch die Anforderungen und Erwartungen der Genrefans zu berücksichtigen. Neben Kampfweisheiten und verborgenen Talenten bilden gekonnt auschoreographierte Kämpfe zumindest den Versuch, es auch den cineastischen Traditionalisten recht zu machen. Hinzu kommen die eindrucksvollen Bilder und die liebevollen Dekors, welche die beiden Filme zu echten Empfehlungen für jene Samurai-Fans machen, die sich auch für unkonventionelle Annäherungsversuche begeistern können.

Wie schwer es ist, da den richtigen Ton zu treffen, zeigt der dritte Film der Box: The Last Sword – Der letzte Feldzug der Samurai, der den Karren gründlich in den Dreck fährt. Nachdem uns der Film eine sehr interessante Hauptfigur einführt, die sich auch entwürdigt, wenn eine Gehaltserhöhung drin ist, und die das Lebensziel des Samurai keinesfalls im baldigen Tod sieht, gleitet The Last Sword – Der letzte Feldzug der Samurai unversehens und anscheinend grundlos auf das Niveau einer Daily-Soap ab. Nach spätestens der Hälfte des Filmes wird alles, was wir bisher von der Hauptfigur gerlernt hatten, über den Haufen geworfen, und Regisseur Yôjirô Takita lässt das spannende Konzept in einem stinkenden Haufen aus Heimat-Kitsch, National-Pathos und Märtyrertum landen. Und das schlimmste: Das Sozialdrama wird zum melodramatischen Tränenzieher, der ähnlich wie mancher Samurai einfach nicht sterben will.

Es stellt sich also die Frage, wieso dieser Film unbedingt mit in die Box musste, zumal The Twilight Samurai – Krieger der Dämmerung und The Hidden Blade Teil einer Trilogie sind und der Dritte im Bunde – bushi-no-ichibun – aus irgendeinem Grund nicht den Weg in die Box gefunden hat. Dass die Samurai Legends-Box als Extras nur langweilige Sinnlosfeatures wie ein kommentarloses Behind the Scenes oder Yoji Yamadas zusammenhanglos mitgefilmten Besuch auf der Berlinale 2005 zu bieten hat, kann einen da kaum noch ärgern.

Die Box ist also nur im Blick auf den wirklich günstigen Preis von ca. 15 Euro bei amazon eine Kaufempfehlung, zumal das Highlight der Box The Twilight Samurai – Krieger der Dämmerung anders in Deutschland kaum noch zu greifen ist. Ob sich das Warten auf einer komplette Ausgabe der Trilogie lohnt, bleibt Spekulation.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News