Joss Whedon - Der Herr der Avengers

27.04.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Joss Whedon am Set von Marvel's Avengers
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Joss Whedon am Set von Marvel's Avengers
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Im Fernsehen machte sich Joss Whedon mit Buffy und Firefly einen Namen. Seit gestern läuft sein Blockbuster Marvel’s Avengers in den deutschen Kinos. Damit steigt der Comic- und TV-Fachmann in die erste Riege der Hollywood-Regisseure auf.

Marvel’s The Avengers ist einer der wichtigsten Blockbuster des neuen Jahrtausends. Fünf individuell teils unheimlich erfolgreiche Filme bildeten den Prolog dieses Ausnahme-Projekts der Marvel Studios, das seit gestern in den deutschen Kinos läuft. Doch anstatt einen altgedienten Erfolgsregisseur zu wählen, entschieden sich die Produzenten für Joss Whedon, Regisseur eines gefloppten Kinofilms, Creator einer erfolgreichen und zweier frühzeitig abgesetzter Serien. Für das erste große Finale des Avengers-Projekts bewies Marvel Mut, wählte einen Fan-Favoriten, der tief drin steckt in der Comic-Mythologie. Dieser mutlimediale Auteur ist wie geschaffen für das Abenteuer der exzentrischen Superhelden-Gang.

Die Dritte Generation
Wie schon sein Vater und Großvater landete Joss Whedon trotz großer Kinoambitionen zu Beginn seiner Karriere im Fernsehen. Als Autor für die Sitcom Roseanne verdiente er sich erste Sporen. Als Schöpfer von buffy–im-bann-der-damonen verwandelte er ab 1997 den Posten des Showrunners in eine (ver)ehrbare Institution, in ein Kultobjekt der jungen Internet-Gemeinde. Der Auteur-Gedanke, der heute ganz selbstverständlich auf die Quality-TV-Elite um David Chase, David Simon und Co. angewendet wird, war vor dem Golden Age of Television nämlich längst nicht derart etabliert.

Im Gewand einer Fantasy-Serie für Jugendliche skizzierte Joss Whedon in sieben Staffeln zentrale Motive, die sich auch in Avengers wiederfinden. Buffy ist eine starke Heldin, die durch ihre außergewöhnlichen Kräfte zum Freak und manchmal auch zur Gefahr für andere wird. Ihre ganze persönliche Außenseiterbande besteht aus Willow, Xander, Giles und Cordelia, alle ausgestattet mit besonderen magischen, intellektuellen oder sozialen Superkräften und dem Hang zu popkulturellen Jokes. Whedons Scooby Gang gleicht in ihrer Gruppendynamik den X-Men und überhaupt gelang es dem selbsternannten Feministen schon zu Vampirjäger-Zeiten, Season Arcs zu entwickeln, die einem großen Comic-Epos nicht schlecht stehen würden. Mit der Verzahnung von serieller TV- und Comic-Erzählung experimentierte er schon bei Buffy. Ab Staffel 8 lebte die Serie in gedruckter Form weiter. Spin-offs wie Fray über einen Slayer in der Zukunft, wurden von ihm mit entworfen und in Comic-Form veröffentlicht.

Multimediale Erzählung
Nicht nur seine eigenen Schöpfungen ließ Joss Whedon von Panel zu Panel hüpfen. Seine Arbeit an der Reihe Astonishing X-Men erntete Preise. Für die Marvel-Reihe Runaways schrieb er ebenfalls. Werden Die Sopranos von David Chase häufig mit einem Roman verglichen, so liegt bei Joss Whedons Serien Buffy, firefly-‒-aufbruch-der-serenity und Dollhouse der Vergleich zum Comic nahe. Der Spin-off (Angel – Jäger der Finsternis) wird bei ihm als Erweiterung des Erzählkosmos betrachtet, anstatt als reine kommerzielle Ausbeute. So können wir tatsächlich von einem Universum bzw. Buffyverse sprechen, in das sich die Serien und Comics nahtlos einfügen.

Das Verhältnis der Außenseitergruppe zum System, das Joss Whedon in seinen anderen multimedialen Erzählkosmen immer wieder problematisiert, findet sich natürlich auch in der Comic-Verfilmung Avengers wieder. Da fällt auch mal das Wort Freaks, wenn von Iron Man, Thor, Hawkeye, Black Widow, Captain America und Hulk gesprochen wird und so inszeniert Whedon sie auch: Als Außenseiter, die sich in fernen Ländern, auf den höchsten Wolkenkratzern oder in dunklen Ecken vom Rest der Welt abnabeln, ob ihnen das nun bewusst ist oder nicht. Sie gehören nicht dazu, wollen es vielleicht auch gar nicht, müssen aber immer wieder ihr Leben für die Gesellschaft riskieren. Ihr größter Feind ist kein Loki, keine Armee aus dem All. Das sind vielmehr sie selbst. Deswegen treibt Marvel’s The Avengers nach fünf Einzelabenteuern vor allem die Frage an, ob und wie die Superhelden als Gemeinschaft funktionieren. Keiner wäre besser geeignet, die Antwort darauf zu liefern, als Joss Whedon.

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