James Bond ein neofaschistischer Gangster?

18.08.2010 - 14:30 Uhr
Nur hinter den Frauen her? Daniel Craig als James Bond
Sony Pictures
Nur hinter den Frauen her? Daniel Craig als James Bond
Ist da jemand neidisch auf den Erfolg des Kollegen Ian Fleming? In einem Interview bezeichnete Spionage-Autor John le Carré den allseits beliebten britischen Agenten James Bond als neofaschistischen Gangster, der für hübsche Frauen und trockene Martinis sogar seine britische Herkunft verleugnen würde.

Der britische Sender BBC hat ein altes Interview mit John Le Carré aus dem Jahr 1966 ausgegraben, das laut Telegraph momentan für neuen Wirbel sorgt. Darin machte der Schriftsteller keinen Hehl daraus, dass er überhaupt nichts von James Bond hält. So bezeichnet er den britischen Geheimagenten mit der Lizenz zum Töten als neofaschistischen Gangster, der für einen Harem von Mädchen und einen trockenen Martini alles stehen und liegen lassen würde. “Für mich wirkt er wie ein internationaler Gangster, der keinen politischen Kontext aufweist. Solange er ordentlich bezahlt wird und genügend Frauen und Martinis abbekommt, ist ihm sein Land egal.”

Außerdem wirke die Figur unglaubwürdig: “Ich mag Bond überhaupt nicht. Ich bezweifle, dass er ein Spion ist. Ich halte es für einen großen Irrtum, wenn Bond zur Spionageliteratur gezählt wird.” Wie allgemein bekannt ist, hatte die Figur James Bond ihren Ursprung in den Spionageromanen von Ian Fleming, bevor sie in den zahlreichen Verfilmungen die Welt eroberte. John Le Carré hat bekanntermaßen selbst einige Bestseller über die Spionagewelt geschrieben, unter anderem die Vorlagen zu Der Spion, der aus der Kälte kam, Der Schneider von Panama, Der ewige Gärtner sowie die Romane über den Meister-Spion George Smiley. Eine derart beliebte Figur wie sie Ian Fleming mit James Bond geschaffen hat, ist ihm allerdings nie gelungen. Ob da nicht auch ein bisschen der Neid aus ihm sprach?

Auf das Interview angesprochen, machte John Le Carré dieser Tage deutlich, dass er die Kritik auf seine eigene Zeit in den britischen Geheimdiensten MI5 und MI6 zurückführt, die mit der Welt von James Bond nur wenig gemein hatte. Heute würde er wesentlich gelassener reagieren, sagte der Autor. Dennoch ließ er sich einen erneuten Seitenhieb auf Ian Fleming nicht nehmen: “Wegen den Filmversionen spricht heutzutage niemand mehr über die Bücher, oder? Ich war damals ein junger Mann und wusste, dass ich mit Der Spion, der aus der Kälte kam die Realität beschrieben hatte und dass das Fleming-Zeug dessen purer Fantasie entspringt, als er in New York sicher auf seinem Hintern herumsaß.”

Demnächst wird sich zeigen, wer zuletzt lacht: Nachdem der 23. Film über James Bond vorerst auf Eis liegt, wird 2012 eine Neuverfilmung des Romans Dame, König, As, Spion von John Le Carré in die Kinos kommen, mit Gary Oldman als George Smiley. Alles also nur eine abgekartete Marketingaktion?

Was meint Ihr? Findet Ihr die Anschuldigungen von John Le Carré berechtigt?

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