Ich, Wir sind keine Engel & Giftschlange Adolf

18.05.2012 - 17:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Nicht ganz unschuldig: Humphrey Bogart, Peter Ustinov und Aldo Ray.
Paramount / moviepilot
Nicht ganz unschuldig: Humphrey Bogart, Peter Ustinov und Aldo Ray.
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Die Weihnachtszeit ist zwar (zum Glück) noch fern, aber mein Herz für Klassiker geht heute trotzdem an Wir sind keine Engel von Michael Curtiz aus dem Jahr 1955.

Jahr für Jahr, wenn das Christkind vor der Tür steht, laufen im Fernsehen die Weihnachtsklassiker rauf und runter. Auch Wir sind keine Engel gehört glücklicherweise dazu und wird damit vor dem Vergessen bewahrt. Dabei ist die schwarze Komödie von Regisseur Michael Curtiz (Casablanca) auf den ersten Blick ein eher ungewöhnlicher Weihnachtsfilm: Vom Schnee ist der Schauplatz meilenweit entfernt, denn die Geschichte spielt auf der Teufelsinsel vor der südamerikanischen Küste von Französisch-Guayana. Auch der Weihnachtsmann lässt sich nicht blicken. Dafür begegnen wir bei vierzig Grad im Schatten aber drei liebenswerten Sträflingen, die aus dem Gefängnis ausgebüchst sind.

Wir schreiben das Jahr 1895 und die Ganoven Joseph (Humphrey Bogart), Julius (Peter Ustinov) und Albert (Aldo Ray) lümmeln sich nach ihrem Ausbruch gemütlich am Hafen herum. Sie wollen sich mit einem Dampfer nach Paris absetzen, aber dann kommt doch alles anders als gedacht. Das Schiff steht unter Quarantäne und kann nicht ablegen, also bieten sie sich in der Zwischenzeit dem Kaufmann Felix Ducotel (Leo G. Carroll) als Arbeitskräfte an. Eigentlich wollen sie nur sein Geschäft plündern und hinterher alle Spuren beseitigen (das heißt also auch, alle Beteiligten umzubringen). Dann aber sehen sie, wie schlecht es um die Finanzen des gutmütigen, leicht verwirrten Kaufmanns bestellt ist und seine reizende Tochter hat auch noch Liebeskummer. Da wird selbst ein Sträflingsherz weich und die Männer verhelfen den Ducotels stattdessen zu einer angenehmen Überraschung am Weihnachtstag – bei der die Giftschlange Adolf eine tragende Rolle spielt.

Warum ich Wir sind keine Engel mein Herz schenkte
Meiner Meinung nach harmoniert das Trio aus Humphrey Bogart, Peter Ustinov (der sowieso einen göttlichen Humor hat) und Aldo Ray hervorragend und es ist immer wieder charmant, wie offensichtlich die drei Sträflinge mit den von ihnen begangenen Taten umgehen. Julius und Albert sind immerhin Mörder, aber auf der Insel scheinen Straftäter gern gesehene Arbeiter zu sein. Wie schon Madame Parole (Lea Penman) bemerkt: “Am besten sind ja immer die Mörder, die sind so höflich!” Die Männertruppe schafft es einfach, sich nicht nur bei den Ducotels beliebt zu machen, sondern mit ihrer liebenswerten Doppelmoral (“Man darf doch nicht fälschen!”) auch den Zuschauer für sich einzunehmen. Außerdem sah Humphrey Bogart vermutlich nur in African Queen so lässig und herrlich abgehalftert aus wie in Wir sind keine Engel.

Warum auch andere Wir sind keine Engel lieben werden
Es ist einfach ein Bild für die Götter, wenn wir Humphrey Bogart, Peter Ustinov und Aldo Ray als Spanner auf dem Dach liegen sehen und sie sich in die Liebesangelegenheiten der jungen Isabelle (Gloria Talbott) einmischen. Und wenn sich die Ganoven dann plötzlich auch noch gegen den unausstehlichen André Trochard (Basil Rathbone) verschwören, kann ich ihnen eigentlich wegen nichts mehr böse sein. Waren sie erst noch Zuschauer, so wie wir es die ganze Zeit über sind, werden sie schließlich selbst zum Teil des Ganzen und stellen mit ihren Plänen alles auf den Kopf. Herrlich! Eigentlich müsste es viel mehr von solch liebenswerten Sträflingen geben.

Warum Wir sind keine Engel einzigartig ist
Besonders ins Herz geschlossen habe ich die kleine Giftschlange Adolf. Sie ist zwar den ganzen Film über nicht zu sehen, aber gerade dadurch funktioniert sie als perfekter running gag. Wir warten förmlich darauf, dass irgendwann ihre große Stunde schlägt und schließlich bringt sie uns (und auch die Ganoven Joseph, Julius und Albert) durch eine Tat zum Lachen, die sich wieder nur hinter verschlossenen Türen abspielt. Wir müssen also nicht unbedingt direkt dabei sein, um zu wissen, dass Adolf (auch wenn ich diesen Namen sonst nie und nimmer mit der folgenden Bezeichnung in Zusammenhang bringen würde) letztlich der Held von Wir sind keine Engel ist.

Warum Wir sind keine Engel die Jahrzehnte überdauerte
Wir sind keine Engel ist ein Märchen, das vor allem mit seiner Absurdität unterhält und dessen schwarzer Humor einfach zeitlos ist. Sträflinge, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden und die trotz ihres Ausbruchs freiwillig wieder ins Gefängnis zurückgehen – sowas gibt es wohl nur im Film. Durch die Anbindung an das Weihnachtsfest ist es außerdem nur verständlich, dass auch Verbrecher mal Gefühle zeigen und sich nach einer Familie sehnen. Ich denke, dass Wir sind keine Engel aber vor allem deshalb zum (Weihnachts-)Klassiker wurde, weil die vermeintliche Feiertagssentimentalität hier immer wieder durch die skurrilen Figuren gebrochen wird und der Film dadurch nicht im Kitsch versinkt. Den bekommen wir nämlich jeden Dezember schon zur Genüge serviert.

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