Ich, das Phantom und der Geist in der Oper

10.05.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Lon Chaney
absolut MEDIEN / Arte
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1925 erschien der Stummfilm Das Phantom der Oper in den Kinos. Gerade einmal 14 Jahre nach der Erstveröffentlichung des Romans von Gaston Leroux. Und weil es so schön war, kam er 1929 gleich noch einmal auf die große Leinwand, diesmal sogar mit Ton.

Das Phantom der Oper. Da denken die meisten zuerst an Andrew Lloyd Webbers Das Phantom der Oper, an Musical und Sänger, an ein Boot auf einem imaginären See voller Kunstnebel und an einen fallenden Kronleuchter. Ganz falsch ist das natürlich nicht, doch lange bevor Andrew Lloyd Webber 1986 mit seiner Musicalversion herauskam, gab es schon die ein oder andere Verfilmung zum Thema auf der großen Leinwand zu bewundern. Nicht nur ein oder zweimal, nein, mehr als zehnmal. Versionen aus England, Spanien, Asien, größtenteils vergessen oder verschollen oder einfach nur – sagen wir es mal so – nicht sonderlich gut. Ich verschenke heute Mein Herz für Klassiker an Das Phantom der Oper. An einen Stummfilm, der paradoxerweise an einem Ort spielt, an dem die Stimme Alles ist.

Der Film spielt im Paris der 1880er Jahre. Bereits seit einigen Jahren treibt ein geheimnisvolles, maskiertes Wesen seine Scherze mit der Operndirektion, den Ballettratten und Sängern. Und nun reicht es den Direktoren, sie verkaufen die Oper. Zwar warnen sie die neuen Eigentümer noch vor dem Phantom der Oper (Lon Chaney), diese fassen diese Enthüllungen selbstverständlich als einen Scherz auf. Doch nur allzu bald bekommen sie es mit dem Phantom zu tun. Sollte die weibliche Hauptrolle in der Oper Faust nicht mit der jungen Sängerin Christine Daaé (Mary Philbin) besetzt werden, so fände die nächste Vorführung in einem verhexten Saal statt. Die Weigerung der Direktion auf diese Forderung hat schließlich schreckliche Konsequenzen. Der Kronleuchter des Opernhauses stürzt ins vollbesetzte Publikum und richtet ein Blutbad an. Kurz darauf sucht das Phantom Christine in ihrer Garderobe auf und entführt sie in sein Reich unter der Oper. Alles würde er ihr schenken, wenn sie ihn nur zu lieben lerne. Zum Star von ganz Paris könne er sie machen, wenn sie nur ihre Jugendliebe Raoul (Norman Kerry) vergesse und auf immer bei ihm bliebe. Und wenn sie seine Maske nicht anrühre.

Warum ich dem Phantom der Oper mein Herz schenke
Es tut mir leid, aber ich werde jetzt etwas ausholen. Überspringt diesen Absatz einfach, wenn es euch nicht interessiert, wie ich zu einem Phan wurde. Nein, tut das lieber nicht, vielleicht bringe ich ja etwas Interessantes zustande. Eigentlich begann alles im Jahr 1993. Jeder kennt wahrscheinlich die ein oder andere Melodie aus Andrew Lloyd Webbers Musical Phantom of the Opera und mich hat der Titelsong getroffen. Es war quasi ein Schlag ins Gesicht, nur ohne blaues Auge. Ich war von der ersten Sekunde an verliebt und obwohl mein zehnjähriges Ich nur recht wenig Englisch verstand, bekam ich dennoch den Sinn und die Leidenschaft die hinter diesem Song steckte mit. Und damit begann eine Passion, die noch heute, 20 Jahre später ungebrochen ist.

Der erste Film den ich zum Thema sah, war Das Phantom der Oper mit dem grandiosen Claude Rains. Der Film jedoch ist ziemlich weit von grandios entfernt. Gruselig ist er nicht, dafür aber bunt und voller Gesangseinlagen. Susanna Foster singt selbst und ihre beiden Verehrer sind unerträgliche Witzbolde. Das Highlight ist Claude Rains als Enrique Claudin, denn jedesmal wenn der arme Kerl ins Bild kommt, packt einen das Mitleid und man möchte einfach nur heulen. Was für einen Gruselfilm doch recht unpassend erscheint. Wenigstens kommt so etwas wie Atmosphäre auf, wann immer sich der Schatten des Phantom’s an die Wand wirft. In – für mich – seit jeher heftiger Konkurrenz zum 1925er Stummfilm steht die Verfilmung mit Robert Englund von 1989. Ich bin bekanntermaßen kein großer Freund von Horrorfilmen (oder wie sie heute definiert werden, für Grusel bin ich immer zu haben) oder gar Splatter.

Erstaunlicherweise gehört eben jene Verfilmung mit zu meinen Favoriten, wenn sie nicht sogar mein absoluter Liebling ist. Natürlich sind die Kostüme teilweise ziemlich arg von Webbers Bühnenshow – nennen wir es mal so – inspiriert, Natürlich ist dieser Film im extended Cut mehr als blutig und dennoch ist es der einzige, der Erik zumindest teilweise als das darstellt, was er ist: ein Mann der bereit ist zu morden. Nicht einmal unbedingt aus Spaß, sondern aus falsch verstandener Loyalität und aus Notwehr. Während andere Filme Erik, das Phantom, als verzweifelten, gebrochenen und beinahe armseligen Menschen darstellen (siehe das Jahr 1943), schafft dieser Film es, genau dies zu visualisieren und dennoch nicht die Grausamkeiten außer Acht zu lassen.

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