Ich bin draußen wie ein Campingplatz

30.05.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
...und tschüss!
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Der Himmel weint. Passend zu meinem melancholischen Gemütszustand öffnet der Himmel seine Schleusen und zaubert ein verregnetes, graues Berlin vor das Bürofenster. Dies wird kein leichter Abschied. Aber manches will man, manches muss man. Schön war’s.

Ein weiser Mann sagte einst: Die Zeit rast, wenn man Spaß hat. Ich bin dieser Mann und leider gar nicht so weise. Sonst würde ich mich nicht so schwer tun, diesen Abschiedstext zu schreiben und könnte euch einige wertvolle Lebensweisheiten mit auf den Weg geben. Die Zeit rast allerdings trotzdem immer, wenn man Spaß hat – daran gibt es nichts zu rütteln. Eigentlich will ich damit nur sagen, dass ich mich hier sehr wohl gefühlt habe und es mich traurig stimmt, dass die drei Monate nun schon vorbei sind. Das liegt natürlich an dem herzlichen Empfang, der mir hier bereitet wurde und in erster Linie an meinen direkten und indirekten Arbeitskollegen, die mich hier sehr wohlwollend aufgenommen und mir jeden einzelnen Tag versüßt haben.

Allerdings muss ich auch die bestehenden Strukturen und die gute Organisation lobend erwähnen: “Professionalität überzeugt eben”, sagte einst (vor ziemlich genau drei Monaten) ein anderer, viel weiserer Mann (mein Vater) dazu. Trotz hohem an mich gestellten Anspruch hatte ich während meines Praktikums bei moviepilot nie das Gefühl, allein gelassen oder ins kalte Wasser geworfen zu werden. Ich hätte bis vor ungefähr einem Jahr auch nie geglaubt, dass ich mich mal über klare Regeln, Strukturen, einen gewissen Plan und festen Ablauf so freuen würde. In einem Arbeitsumfeld kann so etwas allerdings einen riesigen Unterschied ausmachen. Aber ich habe in diesen drei Monaten stelbstversändlich noch viel mehr gelernt, obgleich ich von meinen vorherigen Erfahrungen ebenpfalz stark profitiert habe.

Zum Beispiel kann ich nun stolz behaupten, dass ich weiß, was ein allseits beliebter GIFicle ist, oder dass X-Men: DoFP ein Inbetweequel darstellt. Auch den Begriff Think Piece kannte ich vorher genauso wenig wie die Regel, nach der in moviepilot-Texten das Wort man ein No-Go ist. War mir vorher nie aufgefallen. In diesem Artikel setze ich mich einfach mal über diese Regel hinweg. Was habe ich noch gelernt? Ich kann jetzt zumindest halbwegs dieses Monster von einer Kaffeemaschine bedienen, auch wenn es nie so gut klappt wie bei den anderen. Ansonsten habe ich meinen Schreibmuskel trainiert und kann mittlerweile beinahe blind tippen. Auch typische Floskeln und Satzkonstruktionen gehen mir jetzt wie von allein von der Hand. An reißerische Clickbait-Überschriften werde ich mich wohl trotzdem nie gewöhnen, und ich bin unfassbar froh, nie wieder “Captain America 2: The Return of the First Avenger” ausschreiben zu müssen. Da, das war das letzte Mal, ha!

Auch zum letzten Mal war ich heute in der Mittagspause beim 4,50-Italiener (the artist formerly known as Gasflaschen-Italiener). Das letzte Mal habe ich heute an der Redaktionssitzung teilgenommen, zum letzten Mal durfte ich den Pitches meiner Kolleginnen lauschen. Auch für die stets konstruktive Kritik an meinem wöchentlichen, stets überambitionierten und ausgefransten Pitch bin ich sehr dankbar. Genau wie für die diversen Learnings, auch wenn ich SEO nach wie vor für Hexenwerk halte. Was ich nicht vermissen werde, ist morgens früh um acht völlig übernächtigt und schlaftrunken an der Kaffeemaschine in ein Small-Talk-Gespräch verwickelt zu werden – auf Englisch. Oder für einen Hungerlohn Überstunden zu machen, auch wenn ich der Fairness halber sagen muss, dass ich mir das eigentlich immer selbst zuzuschreiben hatte. Wieder was gelernt. Außerdem ist die Währung, in der ich bezahlt wurde, auch nicht (nur) Euro, sondern hauptsächlich eben Erfahrung, Übung, Routine, Wissen.

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