Schon viel zu lange hat mich kein Film mehr so hinterlassen wie Spike Jonze´s Her.
Ich war verwirrt, ich war ein bisschen verstört, ich war tieftraurig, ich hatte Tränen in den Augen und noch Tage später erwischte ich mich selbst dabei, wie ich schon wieder über ihn nachdenken musste.
Her spielt in einer nahen Zukunft, so nah, dass wir uns selbst in ihr sehen könnten. Als wären wir nur einen Schritt von dieser Welt entfernt.
Die Hauptfigur Theodore arbeitet als Liebesbriefschreiber.
Liebesbriefe, die ja eigentlich persönlich und ehrlich sein sollen, die verklärt romantisch unsere Gefühle für eine ganz bestimme Person in unserem Leben ausdrücken, die wir uns nicht trauen auszusprechen.
Theodore schreibt sie.
Er schneidet sie perfekt auf seine Kunden zu, diktiert diese intimen Worte seinem Computer vor, damit sie jemand als seine eigenen ausgeben kann.
Im ersten Moment schien mir sein Job doch etwas absurd, aber wie weit sind wir davon entfernt.
In einer Zeit in der es Apps gibt, die uns helfen Menschen kennen zu lernen, mit ihnen in Kontakt zu bleiben oder die uns sogar „romantische“ Zitate und Sprüche ausspucken, die man mit einem Fingerwisch weiterschicken kann.
In unserer Zeit sind Romantiker nur noch die, die naiv genug sind, daran zu glauben, dass ihr Gegenüber sich wirkliche Mühe gibt, der nicht nur nach „romantische Überraschung“ googelt oder ein Herz aus Teelichtern auf den Boden legt.
Und obwohl es nur Theodores Job ist, merkt man es ihm an:
Er glaubt an diese Gefühle.
Er ist vielleicht naiv. Er glaubt vielleicht daran, was er schreibt. An die Liebe, die viele Menschen nur nicht ausdrücken können und seine Hilfe dafür brauchen, daran, dass jemand sich durch seine Worte geliebt und wertgeschätzt fühlt.
Wir erfahren, dass seine Ehe in die Brüche ging und er nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Müde und kraftlos. Unwillig überhaupt wieder richtig auf die Beine zu kommen.
Sometimes I think I have felt everything I´m ever gonna feel.
And from here on out, I´m not gonna feel anything new.
Just lesser versions of what I´ve already felt
Und da beginnt die Geschichte, die uns Her erzählen möchte.
Als er sein Betriebssystem aktiviert und wir die ersten Worte von Samantha hören.
Man sitzt da, sieht das Geschehen auf der Leinwand vor sich und bekommt dieses ungute Gefühl, dieses „Das ist irgendwie nicht richtig“, denn als man den Trailer sah, dachte man sich schon, was passieren wird:
Der Kerl verliebt sich in diese Stimme aus seinem Computer.
Doch ganz so schnell geht es nicht, oder?
Am Anfang ist sie ihm nützlich. Sie überrascht ihn mit ihren Fähigkeiten und uns mit ihrer Menschlichkeit.
Samantha erscheint nie wirklich wie ein Computersystem, wenn sie lacht, wenn sie neugierig ist, wenn sie Theodore ihren Blick auf seine Welt zeigt, wenn wir zusehen, wie er sich langsam in sie verliebt.
Immer wieder im Film muss man sich selbst daran erinnern, dass sie kein Mensch ist und da ist es wieder:
Das ungute Gefühl, wenn er scheinbar alleine durch die Stadt läuft, mit sich selbst redet, dann halten wir ihn schon für ein bisschen komisch, aber dann gibt es auch diese kleinen, intimen Momente, in denen sie sich unterhalten, ihre Gefühle und Gedanken teilen und wir es wieder kurz vergessen.
In dieser Zukunft werden freundschaftliche und romantische Beziehungen zu den Betriebssystemen von der Gesellschaft akzeptiert, doch das ändert nicht viel daran, dass wir uns sicher sind, dass Samantha ja eigentlich keine Gefühle haben kann.
Künstliche Intelligenzen mit einem Bewusstsein, mit Emotionen sind in der Science-Fiction doch schon lange vorhanden. Von der bedrohlichen Maschine, die den Menschen wegrationalisiert (2001: Odyssee im Weltraum), zu Sidekicks (R2D2, C3PO), bis hin zur unschuldigen Liebe eines Roboters zu seiner „Mutter“ (A.I. - Künstliche Intelligenz). Wir haben Wall-E - Der Letzte räumt die Erde auf, Baymax - Riesiges Robowabohu, Chappie, etc.
Die Liste ist lang.
Der Twist, der den gewissen Unterschied zwischen Mensch und Maschinen ausmacht, ist und bleibt die Unberechenbarkeit der menschlichen Gefühle.
Computer sind logisch, sie sind rational, ihre Handlungen lassen sich berechnen vorhersagen, entschlüsseln.
Gefühle hingegen sind das, womit der Mensch nicht einmal selbst umgehen kann, womit er stets kämpft. Vielleicht kann man sie manipulieren, sie messen, aber Tatsache ist: sie machen uns zu Menschen.
Doch der Trend ist doch inzwischen folgendermaßen: Während man versucht, Maschinen menschlicher zu machen, soll man selbst produktiver werden, effizienter, besser.
Emotionen sind hinderlich geworden.