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Geister in der Stadt der Engel

14.10.2014 - 12:00 Uhr
Collateral
Paramount Pictures
Collateral
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Als ich den Artikel zum Start der Aktion Lieblingsszene las, drängte sich mir immer wieder die gleiche Szene in den Kopf. Vorbei am Ukulele spielenden Ryan Gosling, dem zugedröhnten Ewan McGregor oder an Clive Owen, der die Menschheit vor der Auslöschung zu retten versucht. Soviel ich auch in den Windungen meines Hirnes wühlte, kam ich jedes Mal zur gleichen, furchteinflössenden, Erkenntnis: Dieses Jahr schreibe ich einen Text über Tom Cruise.

Eines Abends wird dem Taxifahrer Max (Jamie Foxx) ein besonderes Angebot unterbreitet. Ein Fahrgast mit dem Namen Vincent (Tom Cruise) will das Taxi und vor allem die Fahrkünste von Max für die ganze Nacht mieten. Als Grund für diesen ungewöhnlichen Wunsch gibt der geheimnisvolle Fahrgast an, dass er während seines Aufenthaltes fünf Freunde besuchen möchte und dafür nur eine Nacht Zeit hätte. Zögerlich nimmt Max das Angebot an.

Als der erste „Freund“ von Vincent durch ein Zimmerfenster auf das Taxi kracht, erfährt Max, dass sein Fahrgast nicht zum Kaffeetrinken nach L.A. gekommen ist. Vincent ist Profikiller und hat den Auftrag in betreffender Nacht fünf Kronzeugen zu beseitigen, die im Verlauf des nächsten Tages bei einem Prozess aussagen müssen. Vincent schafft es schließlich, Max davon zu überzeugen, ihn weiterhin durch die Nacht zu chauffieren, damit er seinen Auftrag beenden kann.

Zwischen den Morden gibt Michael Mann dem Zuschauer stets die Möglichkeit zusammen mit den beiden Protagonisten in den Mikrokosmos Taxi einzutauchen. Hier kommt es immer wieder zu interessanten Gesprächen. Vincent philosophiert über Jazz, die dritte Welt, den Sinn des Lebens oder er erzählt Max von seiner eigenen Kindheit. Dabei bleibt der Zuschauer stets im Unklaren, ob Max seinen Fahrer damit einlullen oder sein Bedürfnis nach menschlichem Kontakt stillen will - ich vermute mal beides.

Im Verlauf der Zeit wird die Polizei auf das Taxi aufmerksam und bringt es mit den Morden an den Kronzeugen in Verbindung. Detective Fanning und das FBI, welches sich mittlerweile für den Fall interessiert, heften sich dem Taxi an die Fersen. Vincent und Max ahnen noch nichts davon und so kommt es, während Vincent wieder einmal sein beachtenswertes Repertoire an Küchenphilosophie und Kalendersprüchen unter Beweis stellt, zu einer ganz besonderen Szene:

Ein Moment der Ruhe, ein Moment der Einsicht oder gar der Selbsterkenntnis. Der Blick von Vincent streift suchend durch das nächtliche Los Angeles. Sein unfreiwilliger Komplize versucht sich trotz des Kampfes, der in seinem Inneren tobt, nicht von der auf dem Asphalt vorgezeichneten Spur abzuweichen – wie er es gewohnt ist.

Plötzlich bleiben die suchenden Blicke stehen. Das Taxi hält vorsichtig an. Ein Kojote huscht getrieben über die Straße. Die Augen werfen das Licht der Scheinwerfer zurück. Wie ein Geist verloren zwischen den sich gen Himmel streckenden Palmenalleen und den verschwenderischen Lichtern der Stadt.

Die nervösen Blicke verschwinden. Ein zweiter Kojote überquert die Strasse. Ruhig, neugierig spähend kreuzt er die Fahrbahn des Taxis. Der Blick des Kojoten verschmilzt mit dem der beiden Männer und dem meinen - leise beginnt das Gitarrenintro von „Shadow on the Sun“ - Die Entschlossenheit und die Selbstsicherheit schwinden aus den Augen von Vincent, die Fassade bricht zusammen. Die Stimme von Chris Cornell setzt ein - der Prädator, gefürchtet und respektiert, verschwindet. Zurück bleibt ein verunsicherter angegrauter Mann, von der Gesellschaft an den Rand gedrängt, ohne Zufluchtsort, zu einem ewigen Leben in der Diaspora verdammt. Aus Vincent dem König, wird Vincent der Fremde. Wie sein Schicksalsgenosse; auf einer Seite Prädator, auf der anderen Seite nur ein Geist, verloren in der Stadt der Engel.

Nur langsam nimmt das Taxi wieder Fahrt auf. Vincent und Max versuchen sich langsam wieder zu fassen – die Gitarre wird lauter, das Schlagzeug setzt ein, Chris Cornell fängt an zu schreien - und ich, ich bin bereit für das große Finale, den Showdown zwischen Vincent und Detective Fanning - oder etwa zwischen Vincent und Max?


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