Fear the Walking Dead - Das explosive Staffelfinale gibt alles

17.10.2017 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Sinnbild: Wird AMC zerstören, was Fear The Walking Dead in der dritten Staffel erreicht hat?
AMC
Sinnbild: Wird AMC zerstören, was Fear The Walking Dead in der dritten Staffel erreicht hat?
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Fear The Walking Dead beendet die 3. Staffel mit einem Knall. Das zweistündige Finale hat es in sich und könnte trotzdem der letzte Höhepunkt einer Serie sein, die bald immense Veränderungen durchleiden wird.

Etwas Komisches ist passiert. In den Fear the Walking Dead-Finalfolgen Things Bad Begun und Sleigh Ride gibt es bis auf eine kurze Sequenz zum Beginn der Folge keinen einzigen Zombie zu sehen. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen sind die Folgen die Krönung einer glorreichen Staffel, die eine deutlich ambitioniertere, interessantere, mitreißendere und schlicht bessere Serie aus Fear The Walking Dead machte.

Was für ein Finale. Was für eine Staffel. Wenn man mir vor dem Start gesagt hätte, dass dies die beste Staffel des gesamten Walking Dead Franchises werden würde, hätte ich die Person für verrückt erklärt. Nach der frustrierenden 2. und der zaghaften 1. Staffel stellten viele Fans der Serie jedoch plötzlich fest, dass dieser 3. Versuch in der Planungsphase etwas dazu gewann, was so ziemlich jeder anderen Staffel des Serienuniversums fehlte, nämlich Dringlichkeit. Cliffhanger existieren, aber die Serie spielt nicht mit ihnen. Nichts wird unnötig in die Länge gezogen. Jede einzelne Episode hat eine tickende Uhr, eine metaphorische Bombe unter dem Tisch – wir wissen, dass sie hochgeht. Nur eben nicht wann. Fear The Walking Dead ist spannend! Dazu sehen wir Menschen auf dem Bildschirm, keine unverletzbaren Superhelden. Und wir fiebern mit ihnen mit, während sie sich gegenseitig verletzen, obwohl die eigentliche Gefahr doch gemeinsam angegangen werden könnte. Fear The Walking Dead ist dramatisch!

Erst im Finale eingeführt und schon jetzt ein spannender Gegenspieler: Proctor John (Ray McKinnon)

Insbesondere die Charakterzeichnung machte einen unglaublichen Sprung. In der Staffel, die bis auf das Ende ohne einen wirklich fiesen Bösewicht auskam, gibt es eigentlich nur Verlierer. Manchen verlieren ihr Leben, andere ihre Unschuld und wiederum andere mehr als sie vertragen können – mit tragischen Konsequenzen. Weiterhin gibt es Abwechslung am Laufband. Fear war entgegen der Mutterserie nie anhänglich was Schauplätze angeht. Doch die konsequente Darstellung durchdachter Handlungsorte, die thematisch passen und Figuren einführen, die begeistern, ist verblüffend. Besonders in der zweiten Hälfte der dritten Staffel geht Fear The Walking Dead mit seinen Figuren und der Welt so um, als hätte die Serie nichts mehr zu verlieren.

Der spürbare Drang des scheidenden Showrunners Dave Erickson, Fear The Walking Dead zu einem emotional aufreißenden und befriedigenden Ende zu führen, hebt die Serie um etliche Level an. Die Ranch ist futsch, der Damm ist kaputt, Ofelia stirbt, Lola und ihr Wasserfreund werden getötet, Troy bekommt ein gebührendes Ende – und all passierte gerade einmal in den letzten vier Folgen. Eine Serie muss nicht ihren ganzen Cast töten, um spannend zu sein. Doch die konsequente Fokussierung auf eine kleine Geschichte mit menschlichen Figuren, die es gut meinen und dennoch Fehler machen, ist spannender als der Kampf gegen einen Comic-Bösewicht.

Die Drehbücher, die Kameraarbeit, das Schauspiel und die Regie machen diese Staffel erheblich besser als die vorangegangen und stellen das, was die Mutterserie seit nun sieben Jahren versucht, völlig in den Schatten. Das Finale vollendet eine großartige Charakterentwicklung und bietet kathartische Todesmomente. Nick wird buchstäblich eingeschlossen und von uns, nein, Daniel befragt, wieso Troy noch immer am Leben ist. Seine Zeit sollte eigentlich bereits vor etlichen Folgen abgelaufen sein, doch die moralische Frage um sein Schicksal beschäftigt die Figuren weiterhin – bis es nicht mehr geht. Bis Madison feststellen muss, dass in dieser neuen Welt neue Regeln herrschen müssen und sie sich an sie halten muss. Wahrscheinlich auch, um nicht selbst den Verstand oder ihr Leben zu verlieren. Die Folge spielt mehrfach mit der Idee, Madison sterben zu lassen; inklusive mehrfachen bedeutungsschwangeren Traumsequenzen. Ihre Reinigung und Wiedergeburt im Wasser am Ende der Folge ist jedoch nur konsequent für die Hauptfigur, mit der Dave Erickson noch viel vorhatte .

Madisons Geschichte sorgt für die visuellen Höhepunkte im Finale.

Sturm und Drang dominierten plötzlich diese Staffel. FTWD sollte eigentlich nur ein guilty pleasure sein; ein Zusatz zur Hauptserie, der vielleicht ab und an überrascht. Aber ich war von dieser Staffel wie weggeblasen. Die gesamte Staffel war höchst erfrischend. So war auch die Action nie nur Mittel zum Zweck. Stattdessen war sie voller netter Charaktermomente. Zum Beispiel war die Rückkehr von Crazy Dog im Finale ein Moment gefüllt mit Style und Schwung, der Szenen vergessen macht, in denen sonst nur die Fähigkeiten des Make-Up Departments präsentieren.

Die Abfolge des Plots war stets packend, erfrischend und überraschend. Die Charakterentwicklung war ebenfalls dominiert von unvorhergesehenen Wendungen und allgemein komplex. Es gab weder dumme noch schwer nachvollziehbare Figuren. Selbst Troy, der in dieser Folge sein überraschendes Ende findet, kann in seinem finalen Monolog durch die Darstellung von Verlust der Identität, Eigentum und einer bekannten Existenz Sinn machen. Seine Entwicklung vom durchgeknallten Bösewicht, der an Menschen und Zombies experimentiert, hin zum funktionsfähigen Mitglied der Gruppe (immerhin ist er es, der Madison warnen will) ist glaubhaft. Sonst verhalten sich diese Entwicklungen eigentlich anders herum. Wenn wir urteilen, müssen wir Troy nicht zustimmen, doch er hat schon einen Punkt. “I had every right, you gave me that right”, sagt er und wir können ihm vielleicht widersprechen, ihn jedoch voll nachvollziehen. Es ist genau diese glaubhafte Darstellung der menschlichen Konflikte, die Fear The Walking Dead so großartig haben werden lassen.

So.

Doch das spielt alles keine Rolle.

BOOM! Überrasschend und überraschend gutes CGI: Der Staudamm wird schon im Finale in die Luft gejagt

Fear The Walking Dead verliert nach dieser Staffel den Showrunner Dave Erickson, der zwar weiterhin bei AMC weiterarbeiten darf, jedoch nichts mehr mit Zombies zu tun hat. Ganz einvernehmlich scheint das nicht zu sein, doch dramatische Szenen wie bei dem Abgang von Frank Darabont vermied der Sender. Trotzdem ist die Nachricht, die bereits weit vor dem Start der 3. Staffel veröffentlicht wurde, nun nach diesem glorreichen Ende umso bitterer.

In einem in Entertainment Weekly erschienen Artikel  zur Zukunft von Fear hat The Walking Dead Showrunner Scott M. Gimple, der in Zukunft aus ausführender Produzent am Spinoff tätig sein wird, gesagt, dass er für die neuen Showrunner Andrew Chambliss und Ian B. Goldberg eine Art Obi-Wan Kenobi sein wird. Sie werden gemeinsam an der Geschichte arbeiten, doch die neuen Showrunner, die bisher noch nicht an der Serie beteiligt waren, werden dann die Dinge gestalten. Gimple wird aber trotzdem ein entscheidender Einfluss bleiben:

The No. 1 thing that I’m doing is helping those guys move the story in new directions and take all the great stuff from Fear and play it out in directions that link up with how the comic tells stories,” says Gimple. “You know, these bigger than life iconic characters, and these real-life grounded human emotions. That’s been my job for the past seven years, and it’s not like there hasn’t been that, but I think there’s been some more opportunities to do that.

Dieses Zitat stellt in gewisser Weise die Antithese zu dieser Staffel dar und das ist ein riesiges Problem. Die Serie wird sich zweifellos ändern, sie muss es auch. Zumindest aus Sicht der Serienmacher des Senders. Fear The Walking Dead war zu Beginn mit über zehn Millionen Zuschauern ein großer Erfolg für AMC. Während die Serie aktuell mit durchschnittlich etwas über zwei Millionen Zuschauern zwar keinen Flop darstellt, kann sie kaum an den Erfolg der Mutterserie anknüpfen. Also wird Scott M. Gimple eingeschaltet, der The Walking Dead aus dem Schlamassel des 3. Staffelfinales geführt hat.

Der Plan? Das Spinoff wird in Zukunft mit einem Crossover direkt narrativ an die Mutterserie anknüpfen. So erhofft sich die Verantwortlichen eine bessere Quote. Das ist nachvollziehbar, aber bedauernswert. Denn gerade schien es so, als hätte die Serie ihren Groove gefunden. AMC müsste es eigentlich besser wissen. Serien wie Breaking Bad waren (bis auf die letzte Staffelhälfte) nie Zuschauermagneten während sie ausgestrahlt wurden. Den Zombies trauen sie jedoch scheinbar kein Peak TV zu. Das ist schade, die 3. Staffel von FTWD hat gerade bewiesen, dass es möglich ist.

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