Seit etwa 10 Jahren gehört die Antwort “Flime” zum Repertoire das ich darlege, wenn man mich fragt welche meine Leidenschaften sind. Seit 3 Jahren bin ich auf Moviepilot, seit einem guten Jahr intensiv dabei. Ich schreibe zu nahezu jedem Film den ich sehe ein paar Zeilen, mittlerweile auch eine Art Blog und gucke fast täglich, was andere so zu Filmen schreiben.
Ein solches Verhältnis zu dieser Plattform haben bestimmt so einige hier, und ich behaupte, dass dieses einen großen Einfluss auf uns hat. Im Positiven und im Negativen.
„20 Uhr. Heute bleibe ich zu Hause. Habe Lust auf einen Film. „Dunkshapeofsacredlynch“ habe ich mir auf Moviepilot vorgemerkt, denn Menschen dessen Filmgeschmack ich im Gegensatz zu ihnen selbst ziemlich gut kenne und schätze, haben hohe Bewertungen abgegeben. Außerdem möchte ich auch meinen Senf dazu beitragen.“
Amazon Prime an, Film gewählt und los geht es! Nach 20 Minuten schwirrt schon die erste Bewertung durch meinen Kopf. Irgendwas zwischen 7 und 8. Ab der Hälfte erkenne ich, dass der Film etwas ganz besonderes ist, und tendiere schon zur 9. Das Ende ist mir dann zu plakativ, und ich rutsche wieder auf eine 7,5. Merke ich mir. Morgen schreibe ich ein paar Zeilen dazu. Habe ja schon während des Films im Kopf bereits ein paar Argumente gesammelt, die sich nach einer Nacht Schlaf gut sortieren lassen.
Nachdem die Bewertung geschrieben ist, lese ich mir andere Kommentare durch. Ein Like auf solche die meine Meinung wiederspiegeln, die besonders gut geschrieben sind, oder die mir neue Aspekte aufzeigen. Dann gucke ich was bestimmte Leute in meinen Kontakten so geschrieben und bewertet haben. Da gibt es so einige die mich interessieren. Da gibt es den einen, mit dem mir sehr ähnlichen Filmgeschmack, der trotz holprigem Schreibstil sehr gut alles auf den Punkt bringt. Es gibt denjenigen der einen komplett anderen Geschmack hat, aber soviel Selbstironie besitzt, dass mich seine Reviews regelmäßig zum Lachen bringen. Oder dieser eine User, der kurz und knapp schreibt, dessen Geschmack ich oft nicht verstehe, aber der mir irgendwie sympathisch ist. Oder die eine Userin die tiefgehende Analysen schreibt, die jedesmal eine Freude sind. Und noch viele andere. Wer sich hier meint wiederzufinden darf sich behalten.
Beim nächsten Film meldet sich dann diese Stimme in mir. „Kannst Du nicht mal einen Film sehen, ohne ihn währenddessen zu analysieren und zu bewerten? Kannst Du das ganze nicht einfach mal genießen und gut ist? Der Regisseur ist nicht dein Schüler, den Du bewerten musst.“
Zugegeben, manchmal frage ich mich, ob das ganze noch gesund ist. Es fühlt sich manchmal so an, als würde ich Filme für Moviepilot sehen, und nicht für mich selbst. Nicht dass ich keinen Spaß beim Schauen hätte, aber ich fühle mich oft ferngesteuert und eingeengt. Dann sage ich mir, heute schreibst Du mal nichts. Eine Bewertung schwirrt mir aber dann trotzdem durch den Kopf.
„Für wen schreibst Du das ganze? Für ein paar Leute die Du nicht kennst? Für etwa ein Dutzend Leute die Dich regelmäßig lesen? Für Belehrer? Für Kritiker-Kritiker?“
Und dann wird mir bewusst, dass ich für ein abstraktes Phänomen schreibe, das sich Moviepilot nennt. Ein Phänomen durch dessen Kritiken, von Leuten geschrieben die genauso ticken wie ich, ich bereits unzählige Perlen entdeckt habe, von dessen Existenz ich sonst noch nicht mal etwas wissen würde. Es ist genau dieses oben erwähnte Grüppchen Leute, dessen Bewertung ich oft vor einer Filmsichtung bewusst kontrolliere, um entscheiden zu können, ob der Film etwas für mich sein könnte. Und dann wird mir klar, dass Moviepilot genau von dieser Interaktion lebt. Vom Austausch an Meinungen. Ja sogar von wüsten Beschimpfungen. Auf letztere könnte ich gut und gerne verzichten. Auf die unzähligen Filmtipps die mir wöchentlich unter die Nase gehalten werden nicht.