Drei große Überraschungen im Test zu CoD: Black Ops 3

06.11.2015 - 06:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Call of Duty: Black Ops 3
Activision
Call of Duty: Black Ops 3
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Call of Duty begleitet mich seit dem ersten Teil des Franchises, doch erst das neue Call of Duty: Black Ops 3 schafft es trotz einiger weniger Abstriche, mich zum ersten Mal mit einem glücklichen Gefühl in den Abspann zu schicken.

Ich hatte nie das Gefühl, mich in den Geschichten von Call of Duty wirklich wohlfühlen zu können. Call of Duty enjungferte meine erste LAN-Party, mit Call of Duty: Modern Warfare 2 verbrachte ich hunderte Stunden im Multiplayer und Call of Duty: World at War blies mich mit all seiner inszenatorischen Kraft gleich mehrfach aus dem Schreibtischstuhl. Dennoch: Ich war immer froh, die Kampagnen hinter mich gebracht zu haben. Die Missionen waren Stolpersteine auf dem Weg zum Multiplayer, Call of Duty eine Action-Achterbahn, deren Ende ich mit einem flauen Gefühl im Magen oft kaum noch abwarten konnte.

Halt, Stopp: Unsere Meinung zum neuen Koop-Modus könnt ihr bereits hier erfahren 

Und dann erscheint plötzlich Call of Duty: Black Ops 3, der neuste Ableger des riesigen Franchises, und überwältigt mich mit drei großen Überraschungen, die ich niemals in Verbindung mit einem CoD-Spiel erwartet hätte.

Die Schlachtfelder der Zukunft gehören den Frauen

Die Kampagne beginnt mit der ersten Überraschung: Ihr könnt ihr nicht nur wie bereits bekannt die einzelnen Missionen sofort anwählen und spielen, sondern dürft zu Beginn euren ganz eigenen Soldaten und Stellverstreter im Spiel erstellen: Vorbei sind die Zeiten, in denen ihr austauschbare, kernige Marines ins erste Briefing schickt. Stattdessen erwartet euch ein rudimentärer Charakter-Editor — inklusive der Möglichkeit, als Frau zu spielen und damit Teil der deutlich erhöhten Frauenquote auf den Schlachtfeldern der Zukunft zu sein.

Erstmals dürfen auch Frauen in vorderster Front mitmischen - und das ist verdammt gut so.

Ich entschied mich für eine weibliche Streiterin in Gedenken an die grimmige Mad Max-Furiosa. Es stellte sich dabei heraus, dass sich die Dialogzeilen im Spiel zwar nicht je nach Wahl eures Geschlechtes ändern, allerdings kam es so zu interessanten Momenten, die Black Ops 3 plötzlich zu einem ganz progressiven, modernen Shooter machten. Die zweite weibliche Hauptrolle flirtete hin und wieder schüchtern mit mir und ließ mich erstaunt zurück: Eine angedeutete homoerotische Beziehung in einem Call of Duty-Spiel hätte ich wohl niemals jemand vermutet — selbst wenn sich diese Momente als Nebeneffekt eines Drehbuchs ergeben, das möglicherweise auf einen männlichen Protagonisten zugeschnitten wurde.

Ich habe kein einziges Quick Time Event erdulden müssen

... und selbst in Zeitlupe ist kein Kamerad vor meinen Augen gestorben oder einem Helikopter mit ausgestreckter Hand entgegen gesprungen. Mit anderen Worten: Black Ops 3 hat bei der Auswahl seiner Autoren einen extrem guten Tag gehabt. Die Dimensionen der Geschichte bleiben bis zum letzten Drittel der Kampagne angenehm klein skaliert und scheuen sich vor den ganz großen Konflikten und Massenschlachten. Stattdessen geht es um intimere Themen: Verrat, Vertrauen — und auch ein bisschen Zukunftsangst. Und das macht enorm viel Spaß

Die Missionen sind erfrischend abwechslungsreich und nur selten nervige Routine.

Die kleinere Bühne gibt den Hauptcharakteren genügend Freiraum und Aufmerksamkeit, sich zu präsentieren und vorzustellen: Vor allem die beiden Frauen dieser Konstellation fallen hier positiv auf. Sie müssen gemäß dem Stereotypen weder einen harten russischen Akzent sprechen, noch zeigen sie großzügig ihr Dekolleté — ganz im Gegenteil: Die beiden wirken viel facettenreicher als ihre männlichen Kollegen. Zum ersten Mal kehrte ich explizit wegen der Charaktere Spielstunde um Spielstunde in die Kampagne zurück und nicht etwa aus dem stumpfen, motorischen Wahn heraus, nichts verpassen zu dürfen.

Die spannenden Charaktere passen zu der Hauptgeschichte wie die Patrone ins Magazin (Ha!): Zwar erfindet sich mit der Geschichte von Black Ops 3 das Franchise nicht wirklich neu und zitiert immer wieder eigene Formalitäten ("SCHNELL, SPRING AUF DAS AUTO UND BENUTZE DAS MG!"), allerdings werdet ihr rund 12 Stunden durch ein Minenfeld spannender Ideen und Wendungen getragen, die ich abermals nicht von einem Call of Duty-Spiel erwartet hätte.

Es gibt eine zweite, vollwertige Kampagne

Ohne hier Spoiler vor mir her zu schubsen: Nach dem Durchspielen der Kampagne erscheint im Hauptmenü die Option "Alptraum", hinter der sich eine komplette zweite Storyline befindet. Diese schickt euch wieder auf die gleiche Missionen, wie ihr sie bereits kennt, tauscht allerdings alle feindlichen Soldaten gegen Zombies und einige Dialogzeilen aus. Hier ein Beispiel aus Kapitel 4:

Und die exakt gleiche Mission nach Freischalten des Nightmare-Modus, der eine gigantische Zombie-Geschichte erzählt:

Es ist bemerkenswert, wie viel Arbeit in diese Zusatzkampagne geflossen ist, die manche Spieler, die sich direkt in den Multiplayer stürzen, wohl nicht einmal sehen werden.

Fazit

Seit dem allerersten Spiel des Call of Duty-Franchises hat sich für mich jede einzelne Kampagne wie ein Besuch in einem stadtbekannten Club angefühlt, in dem ich mich nicht so recht wohlfühle: Die meisten Leute schwärmen davon und ich habe wirklich eine gute, wenngleich kurze Zeit — allerdings bin ich auch verdammt froh, wenn ich den Schuppen wieder hinter mir gelassen und alles gesehen habe. Call of Duty: Black Ops 3 ist hier ganz anders.

Die Charaktere der Kampagne überraschten mich angesichts ihrer durchdachten Präsentation und ihren persönlichen Motivationen, die ich alle irgendwo und irgendwie nachvollziehen konnte. Die wendungsreiche Geschichte entlockte mir regelmäßig ein überraschtes Grunzen und dank der freien Geschlechterwahl meines persönlichen Protagonisten durfte ich sogar Zeuge einer angedeuteten, homoerotischen Anbandelei werden. So gerechtfertigt diese Phrase auch in den vergangenen Jahren gewesen sein mag — Black Ops 3 hat das Stigma der "Action-Achterbahn" hinter sich gelassen und erzählt auch jenseits der Granaten und Projektile eine verdammt gute Geschichte.

Unsere Meinung zum Multiplayer könnt ihr in den kommenden Tagen auf gamespilot nachlesen, sobald wir noch etwas mehr Lebenszeit auf den Online-Schlachtfeldern verbracht haben.

Diese Review wurde mit Hilfe einer vom Publisher zur Verfügung gestellten PS4-Version erstellt.

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