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Disneys eigener Streaming-Dienst - Das Imperium schlägt zurück

10.11.2017 - 00:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Disneys Trennung von Netflix - Der erste Schritt zu einem eigenen Streaming-Dienst
Moviepilot/ Walt Disney/ Netflix
Disneys Trennung von Netflix - Der erste Schritt zu einem eigenen Streaming-Dienst
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Eine Evaluierung, warum Disneys Streaming-Dienst erhebliche Auswirkungen auf die zuküftige Verfügbarkeit aktueller Film- und Serienproduktionen haben kann.

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit habe ich mich vor knapp 4 Jahren ausführlich mit der amerikanischen Traumfabrik und den neuen Herausforderungen beschäftigt, die u.a. in Form der Digitalisierung auf diese zugekommen sind. Damals bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Majorstudios langsam aus anfänglichen Fehlern der Musikindustrie im digitalen Zeitalter gelernt haben.

Wenn ich heute lesen muss, dass Disney einen eigenen Streaming-Dienst mit exklusiven Star Wars-Inhalten plant und bereits vor einigen Monaten angekündigt hat, anderen Anbietern, wie Netflix oder Amazon, zukünftig die Rechte an Disneyproduktionen zu verwehren, muss ich zugeben, dass ich mich wohl geirrt habe. Aber nun der Reihe nach:

1) Zu Beginn der 2000er Jahre veröffentlichte jedes Musiklabel eine eigene kostenpflichtige Musikplattform. Titel wurden nicht untereinander lizenziert, es gab technische Einschränkungen und man ging davon aus, dass der Kunde bereit sei, für jeden einzelnen Dienst zu zahlen. Suchte man nach Künstlern, die im Laufe der Jahre bei mehreren Labels unter Vertrag waren, war man gezwungen doppelt zu zahlen. Aus diesem Grund erfreuten sich Tauschbörsen und illegale Downloadportale großer Beliebtheit. Erst die Einführung des Music Stores von Apple und später auch anderer Anbieter beendeten dieses Vorgehen. Es gab nun Plattformen, bei denen sich der Musikliebhaber beinahe uneingeschränkt und ungeachtet der Lizenzierung kostenpflichtig bedienen konnte. Der nächste Schritt in Form eines monatlichen Abos wurde dann wenige Jahre später durch Dienste wie Spotify eingeleitet.

Die Musikindustrie hat es aus eigener Kraft nicht geschafft, ein attraktives digitales Angebot zu erstellen. Erst außenstehenden Akteuren ist es gelungen, eine nachhaltige Einnahmequelle für die Labels zu generieren. Da die drei großen Musiklabel (Sony, Universal, Warner) den Mutterkonzernen der jeweiligen Filmstudios angehören, verwundert es, dass hier ebenfalls in Form von Netflix und Co erst andere Anbieter einspringen mussten, um den Konsumenten ein attraktives Film- und Serienangebot unterbreiten zu können.

2) Ähnlich der Musikindustrie hatte die Filmindustrie bis vor ein paar Jahre erheblich mit Filmpiraterie zu kämpfen und versuchte u.a. durch lächerliche Werbung auf einer legal gekauften DVD dagegen anzukämpfen. Staffeln einer Serie waren oftmals auf unterschiedlichen Plattformen verstreut. Wollte man diese Kaufen, unterlag der Kunde abermals verschiedenen Preisen der Plattforminhaber. Punkte wie Unvollständigkeit, verschiedene Preismodelle, Unübersichtlichkeit und Bedienung der Plattform führen dazu, dass man eher gewillt ist, sich einen Film oder eine Serie schnell und einfach über das Internet zu streamen. Es existieren Studien die belegen, dass das Filesharing durch die Einführung von Netflix und Co rapide zurückgegangen ist. In Kanada und Norwegen hat sich das Filesharing bspw. innerhalb weniger Jahre nach Einführung der Dienste halbiert.

3) Für die Filmstudios stellt die Lizenzierung an Streaming-Dienste neben der Kinoauswertung, dem Heimkinomarkt und der Rechteauswertung im Pay- und Free-TV ein weiteres Einkommensstandbein dar. Die Nachfrage nach neuen Filmen und Serien ist weltweit ungebrochen. Hunderte neue Serien werden jährlich veröffentlicht. Disney versucht nun, von diesem Boom zu profitieren und sich ein (großes) Stück des Kuchens zu sichern. Filme und Serien sollen exklusiv auf dem konzerneigenen Streamingdienst gegen eine monatliche Gebühr zu sehen sein. Dadurch erlöst das Unternehmen die volle Summe, anstatt eine Lizenzgebühr oder einen prozentualen Anteil des Leih/Verkaufspreises zu erhalten. Eine exklusive Star Wars-Serie soll dafür sorgen, dass unzählige Fans diesen Dienst abonnieren werden, um in den Genuss weiterer Abenteuer aus einer weit, weit entfernten Galaxis zu kommen. Dass Problem dabei stellt sich in meinen Augen wie folgt dar:

4) Man kann davon ausgehen, dass dieses Unterfangen sehr erfolgreich sein wird. Der Name Star Wars garantiert dies praktisch zu 100 Prozent. Folglich werden weitere Disneylizenzen (z.B. Marvel, Pixar, Indiana Jones) eigene Serienableger bekommen. Anbieter wie Netflix reagieren darauf bereits, indem sie z.T. in großem Umfang eigene Produktionen in Auftrag geben, um sich von den Filmstudios unabhängig zu machen. Es ist nämlich zu befürchten, dass weitere Studios dem Vorbild Disneys folgen werden. Disneys Schritt wird von den restlichen Majors akribisch analysiert und beobachtet werden. Die Aussicht auf neue Erlösquellen, die Kontrolle über die eigenen Lizenzen und ein größeres Stück vom Kuchen ist einfach zu verlockend. Warum sollte nicht Warner einen Streaming-Dienst mit Serien anbieten, die neue Geschichten aus dem Harry Potter oder DC Universum erzählen? Fox könnte exklusive Serienableger von Alien oder Avatar produzieren, Universal von Fast&Furious oder Ich- Einfach unverbesserlich, Paramount von Mission:Impossible oder Transformers und Sony von Men in Black und Ghostbusters.

5) Genau darin liegt die Gefahr für die gesamte Industrie. Wenn jedes Studio seinen eigenen Dienst aus dem Boden stemmt, verfallen wir wieder in die Anfänge zurück. Für uns, die Konsumenten, bedeutet dies einen großen Verlust in Form von einfacher Verfügbarkeit des Angebots. Reichten bisher ein oder zwei Streaminganbieter aus, um die persönlichen Vorlieben zu einem großen Teil abzudecken, so könnte dies zukünftig erheblich erschwert werden. Es wird kaum jemand bereit sein (und die finanziellen Mittel dazu haben), alle Dienste zu abonnieren, um in den ultimativen Film- und Seriengenuss zu kommen. Folglich werden wieder vermehrt illegale Angebote genutzt, um die heißgeliebten Produktionen doch sehen zu können. Disney begibt sich somit in einen gefährlichen Teufelskrei, denn die anderen Studios werden der Konkurrenz aller Voraussicht nach nicht kampflos das Feld überlassen. Es ist aus meiner Sicht davon auszugehen, dass diese Vorgehensweise dem Konzern selbst, der gesamten Filmindustrie und somit im Endeffekt uns Film- und Serienliebhabern schlussenlich erheblich schaden wird.

Ich freue mich auf eure Anmerkungen, Kommentare und Kritiken!


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