Voller Entsetzen starrt die Familie in Jordan Peeles neuem Horrorfilm Wir in die Gesichter der anderen Familie, die eines Nachts plötzlich in das Wohnzimmer ihres Ferienhauses eingebrochen ist. Was sie da erblicken, sieht exakt so aus wie sie selbst, wenn auch eher wie ein alptraumhaft verzerrtes Ebenbild.
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Das Doppelgänger-Motiv spielt in Jordan Peeles Film, der ab heute im Kino läuft, eine große Rolle. Wir setzen uns mit dem Motiv näher auseinander und präsentieren euch einige interessante Doppelgänger-Filme der letzten Jahre, die weitaus mehr verstören als der schlimmste Schurke in einem Slasherfilm.
Doppelgänger sind der erschreckende Spiegel von uns selbst
Die Begegnung mit Doppelgängern entspricht in der Regel auch immer einer Begegnung mit sich selbst. Speziell im Horror-Genre wird das Motiv gerne genutzt, um Figuren mit persönlichen Abgründen oder tief unterdrückten Schattenseiten zu konfrontieren, die erst in der Begegnung mit dem eigenen Spiegelbild sichtbar werden.
Bei einem Auftritt auf dem diesjährigen South by Southwest-Filmfestival sprach Jordan Peele über die Inspiration hinter Wir :
[...] Wir leben in einer Zeit, in der wir das Andere fürchten. Der mysteriöse Eindringling, der unsere Jobs übernimmt. Oder die Fraktion, die annimmt, dass wir nicht in der Nähe von denen leben, die anders gewählt haben. Wir zeigen auf alles mit dem Finger. Vielleicht hat das Monster, das wir betrachten müssen, unser Gesicht. Vielleicht sind wir das Böse. [...]
Dieser Ansatz, das Böse auf seinen Figuren zu spiegeln, steht wiederum im Einklang mit dem Doppelgänger-Motiv im Film. Wenn sich Wir schließlich zu einer Mischung aus Home-Invasion-Terror und Slasher wandelt und der Horror dabei oft nicht weit von der Komödie entfernt ist, entpuppt sich Wir im Kern vor allem als Auseinandersetzung mit persönlichsten Ängsten, die durch das Spiegelbild vor unseren eigenen Augen erscheinen.
Seit Jahrzehnten zieht sich das Doppelgänger-Motiv durch die Filmgeschichte. Drei jüngere Beispiele stellen wir euch nachfolgend vor.
In Enemy wird Jake Gyllenhaal durch sich selbst ersetzt
In Enemy von Denis Villeneuve spielt Jake Gyllenhaal den Geschichtslehrer Adam, der ein eher unspektakuläres Leben führt. Tagsüber hält er gelangweilt Vorlesungen, abends schläft er gelangweilt mit seiner Freundin. Eines Tages entdeckt er in einem Film den Schauspieler Anthony, der ihm haargenau ähnelt.
Neugierig gibt sich Adam anfangs als Anthony aus, um dessen aufregenderes Leben zu führen, bis der Doppelgänger dem Betrüger auf die Schliche kommt. Zwischen Adam und Anthony entspinnt sich fortan ein düsterer Machtkampf, in dem die Identitäten miteinander verschwimmen. Das Doppelgänger-Motiv wird in Denis Villeneuves Film zum Symbol der Frustration über das eigene Ich und den anschließenden Kampf gegen die innersten Dämonen.
Jesse Eisenberg wird in The Double nach und nach ersetzt
Ganz ähnlich, wenngleich wesentlich schwarzhumoriger als Enemy, verläuft auch The Double von Richard Ayoade. Darin verkörpert Jesse Eisenberg den Büroangestellten Simon James, dem zu Beginn der Handlung der neue Angestellte James Simon vorgestellt wird, der genauso aussieht wie er.
Zunächst vertraut der schüchterne Simon auf die Unterstützung des deutlich aufgeschlosseneren James, um die Aufmerksamkeit seines Schwarms Hannah aus dem Büro zu gewinnen. Schnell wandelt sich aber auch The Double in einen Alptraum zwischen Terry Gilliam, Franz Kafka und Fjodor Dostojewski, in dem Simon von dem perfiden Spiegelbild aus seinem eigenen Leben verdrängt wird.
In Cam übernimmt das digitale Spiegelbild die Kontrolle
Madeline Brewer spielt in dem Horror-Thriller Cam ein Camgirl, das vor der Webcam überwiegend sexuelle Wünsche von Kunden erfüllt. An einem Abend merkt Lola, dass sie live auf Sendung ist, obwohl sie sich gar nicht vor der Kamera befindet. An ihrer Stelle erblickt sie eine Frau, die ihr exakt gleicht und Chaos auslöst.
In Cam wird das Doppelgänger-Motiv aufgegriffen und zeitgemäß für unsere digitale Gegenwart aufbereitet. Nachdem wir so lange damit beschäftigt waren, Online-Persönlichkeiten von uns selbst zu erschaffen, die uns so genau wie möglich entsprechen sollen, entwickelt dieses digitale Abbild in Cam schließlich ein Eigenleben und übernimmt die Kontrolle über das reale Leben.
Wir und weitere Filme dieser Art verdeutlichen daher:
- Doppelgänger konfrontieren uns mit der eigenen Persönlichkeit.
- Unterdrückte Schattenseiten werden im Angesicht des eigenen Spiegelbilds sichtbar.
- Der größte Feind sind oftmals keine Killer oder Monster, sondern wir selbst - und diese Erkenntnis ist gruseliger als jeder Slasherfilm.
Was haltet ihr von Doppelgängern in (Horror-)Filmen?