Der Fluch des Goldenen Bären

07.09.2010 - 08:50 Uhr
Bal - Honey
Kaplan Film Production
Bal - Honey
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Am Donnerstag startet mit Bal – Honey der diesjährige Gewinner des Goldenen Bären in den Kinos. Allerdings wird der Arthouse-Film aller Voraussicht nach nicht die ganz große Masse vor die Leinwand locken. Da es den Berlinale-Gewinnern der letzten Jahre meist nicht anders erging, fragen wir uns: Läuft da etwas schief?

Am Donnerstag startet mit Bal – Honig der diesjährige Berlinale-Gewinner des Goldenen Bären in den Kinos. Allerdings dürfen wir uns wohl darauf einstellen, dass der Arthouse-Film nicht das ganz große Massenpublikum vor die Leinwand locken wird. Zu ruhig präsentiert sich das Drama über den jungen Yusuf, der sich auf die Suche nach seinem bienenzüchtenden Vater macht. Zu unspektakulär kommt die Vater-Sohn-Geschichte daher, als dass die nach Unterhaltung durstende Masse in Scharen in die Kinos strömen würde.

Allerdings ist das auch keine Überraschung, denn Arthouse-Filme sprechen seit jeher nur ein ausgewähltes Publikum an und sorgen nur selten für leere Straßen und volle Kinosäale. Das spiegelt sich schon in der Tatsache wider, dass Filme wie Bal – Honig nur in kleineren Programmkinos zu finden sein werden – und selbst da nur in begrenzter Menge und für kurze Zeit. Für die Betreiber der großen Kinocenter würde es sich gar nicht lohnen, neben den ganzen Blockbustern auch Arthouse-Filme für eine Handvoll Besucher in ihr Programm aufzunehmen.

Dementsprechend werden Filme wie Bal – Honig auch in erster Linie für das Fachpublikum und die zahlreichen Filmfestivals der Welt gemacht, denn unter Gleichgesinnten erhalten sie die von der Masse verwehrte Anerkennung. So bedachte die Berlinale-Jury um den Präsidenten Werner Herzog den kunstvollen Film von Semih Kaplanoglu mit dem Goldenen Bären und vernachlässigte dabei Filme wie Der Ghostwriter und Greenberg, die im Gegensatz zu Bal – Honig mit größeren Budgets, klangvolleren Namen und massentauglicheren Geschichten aufwarteten und im Nachhinein auch an den Kinokassen durchaus erfolgreich waren.

Für die Jury der Berlinale spielen solche Aspekte wie Geld und große Namen keine Rolle – das Endprodukt alleine zählt. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass die Berlinale-Gewinner beim Festival zwar gefeiert werden, aber danach in der Versenkung verschwinden. Was die Fachleute zufriedenstellt, interessiert den Otto-Normal-Kinogänger nun einmal nicht die Bohne. Das mussten auch die Gewinner des Goldenen Bären der letzten Jahre erfahren: Filme wie das peruanische Drama Eine Perle Ewigkeit, der brasilianische Thriller Tropa de Elite, das chinesische Drama Tuyas Hochzeit oder die multinationale Koproduktion Esmas Geheimnis – Grbavica konnten zwar allesamt auf Festivals punkten und den Hauptpreis in Berlin gewinnen, aber in den Kinos krähte kaum ein Hahn nach ihnen.

Natürlich bestätigen Ausnahmen auch in diesem Fall die Regel, wie die Filme Magnolia, Chihiros Reise ins Zauberland und Gegen die Wand zeigen, die alle den Goldenen Bären gewannen und auch an den Kinokassen einigermaßen überzeugen konnten. Diese Zeiten scheinen jedoch vorbei zu sein, denn die Jury tendiert in den letzten Jahren mehr und mehr zum Arthouse-Film, was für die Filmemacher so viel bedeutet wie: den Goldenen Bären einsacken, sich freuen und dann in den Kinos kläglich untergehen. Gibt es dagegen ein Patentrezept? Eher nein, denn Festivallieblinge waren noch nie besonders massentauglich und werden es wohl auch nie werden. Darum werden Arthouse-Freunde auch weiterhin die Programmkinos abklappern oder die Festivals besuchen müssen, um auf diese ausgewählten Perlen der Filmkunst nicht verzichten zu müssen.

Wie beurteilt Ihr die Entwicklungen der Berlinale in den letzten Jahren? Wie ist Eure Meinung zu den Gewinnern des Goldenen Bären und deren Abschneiden an den Kinokassen?

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