Dawn of the Teletubbies - Das Grauen kehrt zurück

21.06.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Dawn of the Teletubbies - Das Grauen kehrt zurück
DHX Media/moviepilot
Dawn of the Teletubbies - Das Grauen kehrt zurück
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Rette seine Kinder, wer kann, Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po kehren zurück und werden wieder auf die Kinderzimmer losgelassen! Die Frage ist nur, ist die BBC wirklich so dämlich oder steckt in Wirklichkeit Kim Jong-un dahinter?

Während sich das fiktionale Fernsehen für Erwachsene mit großen Schritten nach vorne bewegt und jedes Jahr aus allen Ecken der Welt sich neue Serienhighlights offenbaren, geht das Kinderfernsehen seit einiger Zeit einen rückwärts gerichteten Weg. Die Biene Maja, Wickie und die starken Männer 3D, Thunderbirds Are Go!, The Powerpuff Girls, die Kinderzimmer sind im Begriff, von einer Retrowelle mehr schlecht denn recht modernisierter Fortsetzungen und Remakes überschwemmt zu werden. Wer nun aber denkt, dass mit computergerenderten Wickies oder Biene Majas das Ende der Fahnenstange erreicht ist, irrt sich gewaltig. Die Rückkehr des Bösen des Kinderfernsehens, der Antichrist aller Mütter, Väter und Pädagogen, der Synapsenblocker des gesunden Menschenverstands steht uns erst noch bevor: die Teletubbies!

Teletubbies 2.0
Es hätte so schön sein können. Nach einer endlosen, vier Jahre währenden Staffel und 365 Folgen wurden die Teletubbies 2001 abgesetzt, die Kulissen abgerissen und das Land, auf dem die Teletubbies gedreht wurde, vorsorglich überflutet – eine Maßnahme der Farmerin Rosemary Harding, der die berühmten, saftig-grünen Hügel in Wimpstone, Warwickshire in England gehören. Aber von den Fanscharen genervt, die ihr ständig über die Zäune kletterten, entschied sie sich, aus den Hügeln einen Teich zu machen und damit die Teletubbies regelrecht zu versenken. Ein ungemein beruhigender Gedanke – und so schön endgültig. Doch es hat nicht sollen sein, die Teletubbies erheben sich aus ihren nassen Gräbern und suchen uns wieder heim.

Zu verdanken haben wir die Wiederauferstehung der bonbonfarbenen Quietschezombies dem Unternehmen DHX Media, dem Möchtegern-Disney des kanadischen Kinderfernsehens. De Name mag euch vielleicht nichts sagen, aber die Marken, die DHX unter seinem Dach vereint, dürfte jedes Kind der 80er-, 90er- und 00er-Jahre kennen. Inspector Gadget, M.A.S.K., Heathcliff & Riff Raff, Real Ghostbusters, Captain Planet, Sailor Moon oder My Little Pony: Freundschaft ist Magie sind nur ein paar wenige der unzähligen Titel. Die meisten dieser Serien verleibte sich das Unternehmen durch Übernahmen anderer Produktionsfirmen ein. Im Oktober letzten Jahres tätigte DHX seinen jüngsten Einkauf und gönnte sich für ein paar Milliönchen (28,4 Mio. Dollar um genau zu sein) Ragdoll Worldwide, dem Produzent und Rechteinhaber der – Bingo! – Teletubbies. Acht Monate später, vor wenigen Tagen ging die Bombe hoch. Es wurde verkündet, dass die BBC 60 (!!) neue Folgen bestellt und die Teletubbies – wie sollte es auch anders sein – zeitgemäßer gestaltet werden sollen. Hier zeigt sich aber, dass DHX vom großen Konzernbruder mit dem Mäuseohren noch vieles zu lernen hat. Sie verstehen sich zwar darauf, Konkurrenten aufzukaufen, aber während sie acht Monate benötigen, um die Teletubbies 2.0 auf den Weg zu bringen, ließ Disney die Welt von ihren Star Wars-Plänen wissen, da war die Tinte auf George Lucas’ Milliarden-Scheck noch nicht mal trocken.

Nordkoreas Prädikat: unbedenklich
Die Teletubbies wurden schnell zum TV-Phänomen, als sie 1997 auf der Mattscheibe erschienen. Von Kindern geliebt, stieß die Serie vor allem bei Eltern und Pädagogen auf wenig Gegenliebe. Aber warum? Schließlich fand das Kauderwelsch, das die vier Teletubbies sprachen und praktisch nur aus Vokalen bestand, schnell Einzug in den Sprachschatz der kleinen Fans und spielte damit Logopäden in die Hände, die es nun mit aufgeschreckten Eltern zu tun bekamen. Die sorgten sich, weil die lieben Kleinen anstelle der berühmten ersten Worte “Mama” und “Papa” plötzlich “Ah-Oh”, “Winke, Winke” oder “Nomal” sagten. Bis heute gibt es keine eindeutigen Ergebnisse, ob die Teletubbies nun die Entwicklung von Kleinkindern unterstützten oder sie negativ beeinflussten. Einige Studien belegen den pädagogischen Nutzen der Serie. Andere wiederum… nicht. In einem Punkt waren sich aber beide Lager einig, sowohl die Befürworter als auch Gegner. Kinder sollten die Teletubbies nicht allein sehen, sondern nur zusammen mit Erwachsenen. Nun aber die Problematik: Angenommen die Kinder werden von den Teletubbies weder sonderlich gefördert noch beeinträchtigt, sondern einfach nur bespaßt (quasi Christopher Nolan für Kleinkinder), sollten aber von ihren Eltern begleitet werden, die Eltern sich aber durch den täglichen Konsum der Teletubbies so gestresst werden, dass sie gesundheitliche Nebenwirkungen verspüren (meist bereits nach der ersten Folge, wer kennt das nicht?), sollte in diesem Fall das potentielle Gesundheitsrisiko für die Eltern nicht Grund genug sein, um diese Serie für immer und alle Zeit zu verbieten?

Aber was rede ich da. Erst kürzlich, im April 2014, erlaubte der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un die Ausstrahlung der Teletubbies im eigenen Staatsfernsehen. Ein Ritterschlag für jedes Kinderprogramm, das etwas auf sich hält! Wer braucht Prädikate oder Auszeichnungen von irgendwelchen unabhängigen Prüfstellen oder verantwortungsvollen Pädagogen, wenn man von einer stalinistischen Diktatur wie Nordkorea für “unbedenklich” erklärt und täglich im Staatsfernsehen ausgestrahlt werden kann, wo einem jeder sehen m̶̶u̶̶s̶̶s̶ kann? Auf diese Weise wird der Alltag des nordkoreanischen Volkes noch bunter, noch vergnüglicher, noch lebenswerter. Mediales Opium zum Erhalt der Moral, der Stärkung der Liebe zum Staat, zur Beseitigung jeglichen Rests gesunder Hirnaktivitäten. 365 Tage im Jahr bei 365 Folgen bedeuten ein Jahr lang Teletubbies ohne lästige Wiederholungen. Und mit der Aussicht auf zahlreiche neue Folgen dürfte es dem guten Kim vor Freude in der Kimme kitzeln, kann er doch auf diese Weise bald seinem Volk noch mehr Glück, gute Laune und Selbstmordgedanken schenken. Oder steckt gar ein geheimer Masterplan dahinter?

Teletubbies für die iPad Generation
Im transmedialen Zeitalter der Brand Extensions ist es mit der passiven Verblödung lange nicht getan. Die neuen Teletubbies sollen nicht bloß mit CG aufgehübscht die Kinder um den Finger wickeln, sondern gezielt auf die iPad Generation ausgerichtet werden. Mit Apps, Tablets und Smartphones dürfen die Kids also auf Tuchfüllung mit Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po gehen. Wer nun denkt, Kleinkinder hätten mit solchen Geräten noch nichts am Hut, der/die hat noch nie einem zweijährigen Kind dabei zugesehen, wie es fast behänder als Mama und Papa auf einem iPad navigiert. Spätestens an diesem Punkt wird sich zeigen, was diverse Studien bis heute nicht konkret nachweisen konnten: Sind die Tubbies pädagogisch wertvolles Kinderfernsehen oder Weichspülprogramm für Wickelkinder?

Ich darf meiner Freundin nun erstmal erklären, warum wir unsere Familienplanung mit sofortiger Wirkung einstellen müssen. Aus Verantwortung für unsere Nachkommen, die nicht in einer Welt aufwachsen sollten, in der solche Kreaturen nach dem Leben von Kindern trachten. Was hätte es auch für einen Sinn? Spätestens wenn Kim Jong-un den Evil-Masterplan in die Tat umsetzt – seine Teletubbie-resistente Volksarmee mit einer bunten Massenvernichtungswaffe in Dauerschleife auf uns loslässt, ähnlich wie Tim Burton den Marsianern den Garaus machte – ist es ohnehin vorbei mit der Welt. In diesem Sinne Winke, Winke uns allen.

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