Cory Monteith - Der Anti-Star

16.07.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Cory Monteith
Fox / Warner
Cory Monteith
3
15
Cory Monteith, 31, Schauspieler, wurde am Samstag tot in seinem Hotelzimmer in Vancouver aufgefunden, der Verdacht auf Drogenmissbrauch liegt nahe.

Cory Monteith verkörperte die männliche Hauptrolle in der quietschbunten, mehrfach ausgezeichneten Musicalserie Glee. Der Show wird, insbesondere seit dem Beginn der nunmehr vierten Staffel, ein Wandel ihrer ursprünglichen ironischen Elemente ins Trashige vorgeworfen. Nichtsdestotrotz bleibt sie ein bemerkenswertes Einzelstück im amerikanischen Fernsehen. Kein Format tritt so offen und vehement für Toleranz gegenüber ethnischen Minderheiten, sexuellen Orientierungen und behinderten Menschen ein. Glee wagt es sogar, Fragen religiöser und politischer Natur zu stellen. Erst kürzlich wurde, mit einem vermeintlichen Amoklauf, ein Beitrag zur Debatte über die Waffengesetze in den USA geleistet. Natürlich sind diese Themen stets untrennbar mit dem üblichen Pubertätsdrama verbunden: die Hormone sprühen in jeder Folge und garantieren ein leichtverdauliches Gesamtpaket.

Cory Monteith stellte Finn Hudson dar, den Quarterback der High School, der nach den Regeln spielt, mit den coolen Jungs abhängt, seine Beliebtheit genießt und die Head-Cheerleaderin datet. Er muss jedoch lernen, dass er mehr möchte vom Leben, er weiß nur nicht genau was, und hadert oft genug mit den unterschiedlichen Erwartungen, die andere an ihn stellen. Seine Leidenschaft für Rockballaden der 1980er und das Spielen der Drums sind dabei die entscheidenden Indikatoren, dem Glee-Club beizutreten – die künstlerische Seite einer scheinbar einfachen Natur. Mit dem Highschool-Abschluss schließlich nimmt die Figur ihre bisher interessanteste Wendung: über eine ganze Staffel lang kann Finn sich nicht recht festlegen, in wie weit er seinen Träumen folgen sollte, viel mehr noch: woraus sie überhaupt gemacht sind. Seine Bewerbung bei einer Schauspielakademie scheitert, er versucht sich am Militärdienst und jobbt resigniert in der Autowerkstatt seines Stiefvaters, ehe er sich schließlich entscheidet, Lehrer zu werden. Derweil ist seine große Liebe Rachel dabei, in New York den Broadway zu erobern. Es kommt zur Versöhnung der Getrennten, nicht aber zur Wiedervereinigung. Die bisher letzte Staffel endete in den USA gerade mit mehreren Cliffhangern. Die Fans erwarteten die Reunion; in einer Folge hat Finn Rachel als die Frau bezeichnet, die er heiraten wird. Das Paar ist das Herz der Serie, hat Geschichte seit der Pilotfolge.

Das Besondere an der Figur des Finn Hudson ist seine offensichtliche Besetzung als Mädchenschwarm und seine ebenso deutliche Wiederlegung jener Klischees, die dem Hauptdarsteller einer gehypten Teenie-Serie für gewöhnlich anhaften. Zwar ist er attraktiv und keiner jener quirligen Außenseiter, wie Glee sie en masse zu bieten hat, doch mangelt es ihm an überbordendem Sexappeal und auf den ersten Blick, an Profil. Er ist Identifikationsmaterial für den Zuschauer, ein echter Durchschnittstyp. Im inkonsistenten Serienuniversum, das von Drama förmlich zerrissen wird, das vor unnötigen Storylines trieft, um Gelegenheit für die Inszenierung des nächsten Popsongs zu geben, ist Finns scheinbare Gewöhnlichkeit der Fels in der Brandung.

Cory Monteiths nüchterne, von einigen als langweilig empfundene Präsenz bot wenig Raum für Pop-Drama. Die Autoren müssen früh bemerkt haben, dass er sich dahingehend nicht ausschlachten ließ, auch wenn seine Beziehung den üblichen saisonalen Schwankungen unterlag. Stattdessen vollzog er eine glaubwürdige Entwicklung, in der er mehr und mehr Verantwortung für andere und zuletzt auch für sich selbst übernahm, und die ihn insgesamt zur bemerkenswertesten Figur bei Glee machte. Vor allem anderen aber ist festzustellen, dass Finns Unsicherheit, sein Zögern und sein mehrfaches Umentscheiden nach dem Schulabschluss kennzeichnender sind für die gegenwärtige Stimmung der Generation Y als jede noch so nuancierte Popkultur-Referenz, wie Glee sie regelmäßig präsentiert.

Deutlich wird der Widerspruch, der dem Komplex Hudson-Monteith anhaftet, wohl am besten im Altersunterschied zwischen Schauspieler und Rolle: mit 30 Jahren spielte Cory Monteith einen 17-jähigen High-School-Absolventen. Dank seinem erstaunlich jugendlichen Aussehen funktionierte das auf dem Bildschirm. Aber sein gereifter Charme verlieh ihm jene ruhige Aura, die nur von gelegentlichen Selbstzweifeln gebrochen wurde: so hatte Finn Hudson zunächst große Probleme mit dem Tanzen, dann damit, den eigenen, nicht ganz dem Idealbild entsprechenden Körper zu präsentieren. Untergründig verkörperte er stets eine liebenswerte Tapsigkeit, die den Teenie so ungeheuer glaubhaft machte, aber bei der man das Gefühl nicht los wurde, sie habe auch im 30-Jährigen ihr Gegenstück besessen, der in Interviews trotz aller Lässigkeit einer gewissen Schüchternheit nicht entbehrte.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News