"Guten Morgen Sonnenschein!" Mit diesem Nana Mouskouri-Ohrwurm weckt die Smart-Home-KI Cassandra die in ihrem Haus lebende Familie Prill jeden Tag aufs Neue. Aber lasst euch von der witzig-krächzenden Gesangsstimme nicht täuschen. Denn dieser freundliche Haushaltsroboter ist der Star einer bitterbösen Sci-Fi-Thriller-Serie – und seine neuen Mitbewohner:innen haben definitiv keinen guten Morgen.
Ab dem 6. Februar 2025 könnt ihr die Miniserie Cassandra bei Netflix streamen. Nach Dark, 1899 und Das Signal widmet bereits zum vierten Mal eine deutsche Serienproduktion des Streamers dem Science-Fiction-Genre zu. Ob das Ergebnis überzeugen kann, erfahrt ihr hier im Serien-Check.
Sci-Fi-Thriller über Roboter mit Verlustängsten: Das erwartet euch in der Netflix-Serie Cassandra
Darum geht's in Cassandra: Nach einer traumatischen Tragödie lässt die Familie Prill die Großstadt Hamburg hinter sich und zieht in ein seit 50 Jahren nicht mehr bewohntes Haus auf dem Dorf. Es ist aber kein gewöhnliches Eigenheim, sondern Deutschlands erstes Smart-Home, das in den 70ern mit einem fortschrittlichen Computersystem namens Cassandra (Lavinia Wilson) ausgestattet wurde. Via in jedem Raum installierten Bildschirmen, mit einem stets lächelnden Gesicht sowie einer mobilen Robotereinheit stellt sich die KI als ultimative Haushaltshilfe vor.
Hier könnt ihr den Trailer zu Cassandra schauen:
Ganz geheuer ist Mutter Samira (Mina Tander) das omnipräsente Smart-Home-System von Anfang an nicht. Grund dazu hat sie allemal, wenn die von einer Figur auch liebevoll Scary Poppins getaufte Cassandra jede Gelegenheit nutzt, um Samiras Rolle in der Familie mit bissigen Kommentaren zu untergraben, Vater David (Michael Klammer) etwas zu lüstern anstarrt und sich sogar Töchterchen Juno (Mary Tölle) und dem schwulen Teenager-Sohn Fynn (Joshua Kantara) als neue Mama vorstellt. Diese Roboterdame mit dem in den 70ern feststeckendem Weltbild (und Musikgeschmack!) möchte Mutter und Ehefrau sein – und sie will diese Familie.
Das ist allerdings nur eine Storyline. Die Netflix-Serie spielt sich nämlich auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen ab und entführt ebenfalls in die 1970er Jahre, in denen die (komplett menschliche) Hausfrau Cassandra (ebenfalls Lavinia Wilson) inmitten von Problemen mit einem untreuen Ehemann (Franz Hartwig) und einem verhaltensauffälligen Sohn (Elias Grünthal) den Schein der perfekten Familie wahren will. Wie genau der Robot-Psychoterror und das Familiendrama verbunden sind, soll aus Spoilergründen an dieser Stelle aber nicht verraten werden. Denn Cassandra, die Serie, lebt von wahnwitzigen und niederschmetternden Twists.
Extrem unterhaltsamer Mix aus Sci-Fi-Thriller und Tragödie
Wer die bissige KI-Diva M3gan und die bitterböse Familienmanipulation des Thrillers Orphan - Das Waisenkind feiert, wird mit Cassandra eine diebische Freude haben. Am besten funktioniert die Serie in ihren schwarzhumorigen Momenten, wenn die titelgebende Robo-Soziopathin in ihrer Rolle als bedrohliche Manipulatorin aufblüht und dabei so manchen fiesen Spruch ablässt – oder mit einer Scherenhand Finger abschneidet.
Mit jedem schockierten Blick (wenn sich zwei Jungen küssen), jedem Augenrollen (wenn Samira mal wieder den Raum betritt) und jedem lüsternen Starren (wenn sie einen Mann beim Masturbieren unter der Dusche beobachtet!) holt Darstellerin Lavinia Wilson das Maximum an Skurrilität aus der eingeschränkten Mimik ihres Bildschirmgesichts heraus.
Die herrlich fiesen Intrigen und Grenzüberschreitungen (Kinder, krabbelt nicht in Öfen!) erschaffen aus dem klobigen Roboter eine bedrohliche Präsenz. Kontrastiert wird der Thriller-Spaß mit dem tragischen Familiendrama der Flashback-Sequenzen und Themen wie Sexismus, Homophobie sowie psychische Krankheiten, die dem wilden Smart-Home-Chaos eine überraschend emotionale Note verleihen. Vor allem Lavinia Wilson, die quasi zwei gegensätzliche Rollen spielt, schafft mit ihrem starken Schauspiel eine faszinierende Balance zwischen tragischer Heldin und psychotischer Schurkin.
Spannender Thriller, zu wenig Horror: Lohnt sich Cassandra?
Bereits 1977 verwandelte der Sci-Fi-Film Des Teufels Saat ein smartes Zuhause in einen höllischen Albtraum für dessen Bewohner:innen und begründete quasi das Subgenre des Haushalts-Horrors, dessen größter Triumph bis heute – und da gibt es keine Diskussion – das Ultrahouse 3000 der Simpsons bleibt.
Obwohl Netflix' Cassandra bekannten Genremustern des Horrors und Psychothrillers folgt und einige brutale Vorbilder erkennen lässt, überschreitet die Serie nie die Grenzen zum Sci-Fi-Horror wirklich komplett. Wer die Eskalation eines Killerroboters erwartet, könnte daher enttäuscht werden.
Aber selbst ohne Blutrausch ist Cassandra ein wahnsinnig unterhaltsamer Psychothriller mit spannenden Charakteren, charmanter Retro-Ästhetik, cleveren Science-Fiction-Konzepten und einigen wilden Twists. Vor allem eine Mega-Wendung im späteren Verlauf der Geschichte wird wohl niemand kommen sehen. Gleichzeitig wird hier eine der großen Stärken der Serie deutlich: Cassandra setzt nicht nur auf Schocks, sondern betont im Finale einmal mehr, dass jede Enthüllung weitere tragische Ebenen des Charakterdramas aufdeckt.
Die Miniserie Cassandra ist ab dem 6. Februar 2025 bei Netflix zu streamen. Grundlage für diesen Serien-Check sind alle 6 Episoden.
Podcast-Vorschau mit Cassandra und mehr: Die größten Serien-Highlights 2025
Wie spannend das Serienjahr 2025 daherkommt, verraten wir euch im Podcast. Damit ihr jetzt schon die Highlights bei Netflix, Disney+, Apple TV+, WOW und Co. kennt, die ihr dieses Jahr nicht verpassen solltet.
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