Beste Regisseure aller Zeiten - Platz 6: Hayao Miyazaki

26.05.2017 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Der beste Regisseur aller Zeiten - Platz 6: Hayao Miyazaki
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Der beste Regisseur aller Zeiten - Platz 6: Hayao Miyazaki
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Hayao Miyazaki ist ein unvergleichlicher Humanist, der die Verantwortung des Menschseins aus berauschenden Bilderwelten schöpft. Unschuld und Zerstörung gehen meist Hand in Hand. Er steht auf Platz sechs eurer besten Regisseure aller Zeiten.

Hayao Miyazaki ist der Idealist unter euren Regie-Stars, der mit dicker Brille und Pinsel bewaffnet auf den ersten Blick so unschuldig erscheint wie die meisten seiner Leinwand-Heldinnen. Seine zwölf Filme bewertet ihr im Durchschnitt mit hohen 7,532 bei insgesamt 71.274 abgegebenen Ratings auf sein gesamtes Werk. Keiner der ein Dutzend Filme wurde von euch mit weniger als 7,2 bedacht. Das hebt ihn auf Rang 6 eurer besten Regisseure aller Zeiten und macht den Meister des magischen Pinselstrichs damit, wenig verwunderlich, zu eurem besten Regisseur von Animationsfilmen. Einige Jahre nach seiner Bekanntgabe, in Rente zu gehen, kehrt Hayao Miyazaki zur Freude seiner Fans demnächst mit einem weiteren Langspielfilm zurück  und gesteht der Filmwelt ein weiteres Kunstwerk zu.

Einmal Pazifist, immer Pazifist

Seine volle Kraft entfaltet das Werk des japanischen Zeichentrick-Filmers durch seine ironiebefreite Porträtierung von Unschuld in einer verhängnisvollen Welt, vielleicht sogar dem zum Untergang verdammten Ökosystem. Bereits mit seinem zweiten Film als Regisseur fand Hayao Miyazaki seine Autorenstimme als Filmemacher. Nausicaä - Prinzessin aus dem Tal der Winde, mit einem Community-Durchschnitt von 7,798 eure unangefochtene Nummer eins, ist ein mitreißender Abenteuerfilm mit einer durch die Lüfte segelnden Heldin und eine Warnung vor unserem nachlässigen Umgang mit der Umwelt. Die Manga-Verfilmung brachte 1984 einen so großen Erfolg mit sich, dass die Produktionsfirma Tokuma Shoten kurz darauf das heute weltbekannte Animationsstudio Ghibli gründete. Hier nahm Miyazakis Problematisierung des Menschen als selbstzerstörerisches Glied im Kreislauf der Natur ihren Lauf.

Die Bedeutung und Zerstörung der Umwelt flechtet Miyazaki mal subtil ein als Tsunami in seinem Kinderfilm Ponyo - Das große Abenteuer am Meer (Community-Durchschnitt 7,316) oder mit expliziter Härte als geköpfter, wabernder Waldgott in Prinzessin Mononoke (Community-Durchschnitt 7,652). Die Gräuel des Krieges äußern sich als pulsierende Bomben mit hämischen Grimassen, die Zerstörung des Waldes als diabolisches, mit Würmern übersätes Wildschwein. Eine unübersehbare Antikriegshaltung geht in Miyazakis Werk Hand in Hand mit seinem Glauben an die Menschlichkeit. In seinen Filmen suchen wir vergebens Schuldige. Wie könnte er bei der berauschenden Farbpalette seines Schaffens auch auf bloße Schwarzweißmalerei zurückgreifen. So tobt in Das wandelnde Schloss (Community-Durchschnitt 7,659) hintergründig stets ein verheerender Krieg, doch nie erfahren wir, wer überhaupt kämpft und warum getötet wird. Die Sinnlosigkeit der Zerstörung hängt wie ein Damoklesschwert über der Gutmütigkeit der Heldin und des Helden.

Ein kleiner Junge und sein Traum vom Fliegen

Es verwundert nicht, dass Miyazaki, der in Nausicaä sogar der Postapokalypse Schönheit abzuringen vermag, einige Jahre zuvor den überschwänglich-idyllischen Vorspann zur Fernsehserie Heidi entwarf, in dem die Titelheldin von einer Schaukel im Himmel auf ein Wölkchen plumpst. Für das Fliegen, das Gleiten im Wind war in Hayao Miyazakis Herz immer schon Platz. In beinahe jedem seiner Filme spielt das Beherrschen der Lüfte eine ebenso wichtige Rolle wie die Bodenständigkeit der Figuren und die Natur, die sie umgibt. Vor allem in Porco Rosso (Community-Durchschnitt 7,380) und Das Schloss im Himmel (Community-Durchschnitt 7,647) wird das Fliegen zum tragenden Element der Handlung.

Miyazakis bisher letzter Langspielfilm Wie der Wind sich hebt (Community-Durchschnitt 7,361), der einzige seiner Filme ohne übernatürliche Elemente, beruht auf dem Leben des Flugzeug-Ingenieurs Jirō Horikoshi. Die meiste Zeit über scheint es nicht eindeutig zu sein, ob Miyazaki neben der historischen Figur des Jirō nicht selbst dieser Junge mit dem Traum vom Fliegen ist. Zwar endet Wie der Wind sich hebt auf einer hoffnungsvollen Note, doch strahlt der Film eine Traurigkeit, beinahe Resignation aus. Dem Film des langjährigen Atomkraft-Gegners Hayao Miyazaki ist anzumerken, dass unverbesserlicher Idealismus ermüden kann. Jirō möchte bloß schöne Flugzeuge bauen und muss sich im Kontext des Zweiten Weltkriegs rechtfertigen, kein Waffenhändler zu sein. Wie der Wind sich hebt löste Kontroversen aus, war den Linken zu nationalistisch, den Rechten zu pazifistisch. Miyazaki selbst wollte bloß einen schönen Film drehen, der seiner Kriegsablehnung erneut eine weitere Facette verleiht.

Heldinnen, die ihr Ding machen

Das allgegenwärtige Leid durch Krieg und Umweltzerstörung in Miyazakis Filmen steht jedoch nie im Vordergrund. Der Zeichner erhebt zwar seinen Finger, aber er zeigt nie auf jemanden. Die Geschichten werden nicht bevölkert von Übeltätern, sondern von herzensguten Kleinkindern, von jungen Heldinnen und von liebevollen Fantasiewesen. Sie müssen ihre Komfortzone verlassen. In Chihiros Reise ins Zauberland (Community-Durchschnitt 7,612) muss sich die junge Titelheldin alleine durch eine furchteinflößende Fantasiewelt schlagen, um ihre Eltern von Schweinen zurück in Menschen zu verwandeln. Kikis kleiner Lieferservice (Community-Durchschnitt 7,470) lässt die blutjunge Hexe Kiki alleine auf Reisen gehen, um ihre Bestimmung zu finden. Die beiden Schwestern in Mein Nachbar Totoro (Community-Durchschnitt 7,489) bewältigen den Ortswechsel und ausgedehnten Krankenhausaufenthalt der Mutter spielerisch mit dem Befreunden von Waldgeistern. In Das wandelnde Schloss verlässt die in eine alte Frau verzauberte Sophie ihr Zuhause und heuert im wandelnden Schloss als Reinigungskraft an.

Anstatt all die surrealen und eigenartigen Vorkommnisse in Miyazakis Sagen- und Mythen-reichen Welten beängstigend zu finden, entwickeln die jungen, oft weiblichen Helden eine enorme Stärke. Gemeinsam mit ihren niedlichen Begleitern - fleischgewordene Stofftiere, wie wir sie uns alle als Kinder gewünscht haben - und ihrem Einfallsreichtum können sie Leben und ganze Welten retten. Wer das Chaos rundherum ausgelöst hat, ist meist nebensächlich. Wer es ausbadet und wandelt, ist ausschlaggebend. Und das sind in Miyazakis Filmen oftmals die Kleinen und vermeintlich Schutzlosen unter uns, denen er eine Stimme gibt und sie ihr eigenes Ding machen lässt. Sie erkennen ihren eigenen Wert und ihre eigene Schönheit, doch niemals, ohne auch das Gute in den Antagonisten hervorzuholen. Das ist der unverbesserliche Humanismus des Hayao Miyazaki.

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