Anonyma - Eine Frau in Trümmern auf Quotensuche

10.05.2010 - 08:50 Uhr
Anonyma
ZDF
Anonyma
1
0
Die Meinungen zum Kino- und TV-Film Anonyma – Eine Frau in Berlin gehen weit auseinander. Für die einen ist der Film cleanes deutsches Hochglanz-Schicksalskino, für andere ein aktuelles Geschichtsdramen über deutsche Weltkriegsopfer.

Anonyma – Eine Frau in Berlin mit Nina Hoss in der Hauptrolle kam im Oktober 2008 in die Kino und 2009 wurde Nebendarstellerin Irm Hermann für ihre Rolle für den Deutschen Filmpreis nominiert. Am 10. und 12. Mai ist der TV-Zweiteiler im ZDF in einer insgesamt 40 Minuten längeren Version zu sehen. Produziert wurde der Film in Deutschland und Polen in einer Koproduktion zwischen Constantin Film und dem ZDF. Die Film­stif­tung NRW förderte das Projekt zusätzlich noch mit.

Die Geschichte von Anonyma – Eine Frau in Berlin
Anonyma ist eine elegante Frau um die 30. Sie feiert gerade mit einigen Freundinnen und wenigen Männern. Die Stimmung wird nur durch den Gedanken an die Männer an der Front getrübt. Unter jenen ist Anonymas Geliebter Gerd. Vier Jahre später, im April 1945, ist Berlin der Mittelpunkt der Kämpfe. Längst sind die Siegesgedanken der “besseren Gesellschaft” verflogen und wurden von Hungersnot und Überlebenskampf verdrängt. Zwischen Luftangriffen und der Suche nach Essen und Trinken kämpft die junge Frau um ihr Leben und eine notdürftige Unterkunft.

Anonyma – Eine Frau in Berlin im Pressespiegel
Hier passt nichts so richtig, stellt Rüdiger Suchsland von telepolis.de fest. "Das Ergebnis ist ein Mainstream-Prestigeprojekt, ist cleanes deutsches Hochglanz-Schicksalskino, wie wir es – fast hätten wir gesagt: “bis zum Erbrechen” – kennen; saubere, hervorragende deutsche Schauspielerinnen bis in die Nebenrollen, mit schwarzer Schmutzschminke im Gesicht und sichtbar kratzigem Tuch auf der weißen Haut, als müssten sie ein Hauptmann-Stück aufführen, und dann zwischen fein säuberlich arrangierte Trümmerkulissen gestellt."

Gunnar Decker von Neues Deutschland kritisiert die Umsetzung des Films Anonyma – Eine Frau in Berlin aufs schärfste: “Denn hier wird das, was doch höchst individuelles Protokoll sein sollte, auf Hochglanz poliert. Vergessene Schicksale im Breitwandformat und von der üblichen Spielfilmdramaturgie verschluckt – und so gleich noch einmal missachtet. Man gerät eben unweigerlich in ein missliche Lage, wenn man vorgibt, dokumentarisch zu sein (schwierig bei dieser Vorlage!) und gleichzeitig großes Kino machen zu wollen. Die hier versammelten Frauen eines Berliner Hauses wirken wie aus einer Vorabendserie.”

Laut Evelyn Finger von der Zeit ist Anonyma – Eine Frau in Berlin “in einer langen Reihe aktueller Geschichtsdramen über deutsche Weltkriegsopfer der erste, der nicht scheinheilig behauptet, ein politisch verordnetes Schweigen brechen zu wollen, sondern möglichst unideologisch zeigt, was war und warum daraus ein privater Schweigepakt entstand – zwischen deutschen Männern, die nicht fragten: Was ist dir passiert?, und deutschen Frauen, die nicht fragten: Was hast du im Krieg getan? … Vielleicht lässt sich angesichts des Films nun das Eigentliche diskutieren: Wie schroff die vergewaltigten Frauen von der Nachkriegsgesellschaft behandelt wurden.”

Der Film Anonyma – Eine Frau in Berlin setzt den Stoff drastisch um und bleibt dabei erstaunlich differenziert, lobt Harald Jähner in der Berliner Zeitung . “So sehr man sich beim Zuschauen vor den Soldaten fürchtet, ihre Attacken hasst, so sehr ihr Chauvinismus anwidert, so deutlich bleibt doch in jeder Sekunde, welcher Krieg hinter ihnen liegt. Sie toben sich aus in der Hauptstadt des Aggressors, beileibe nicht alle. Man teilt sogar ihre Freude bei der Feier der deutschen Kapitulation, bangend zugleich vor den Folgen des Alkohols.”

Eine enttäuschende Verfilmung der Vorlage sah Joachim Kronsbein von Spiegel Online: “Färberböck will seinen Figuren offenbar nicht zu nahe treten. Den Russen nicht und den deutschen Frauen auch nicht. Scham? Political Correctness? Oder die Unfähigkeit, sich moralisch zu positionieren? So entsteht ein quälend betulicher Film ohne Dramatik, ohne Kraft und Wucht. Was bei diesem Thema eine bemerkenswerte Regieleistung ist. Die Kulissen wirken künstlich, die Musik bemüht emotional. Der Film ist durch und durch von Pappe.”

Wenn Euch der Film trotz der harten Kritik interessiert, schaltet am 10. und 12. Mai jeweils ab 20:15 Uhr das ZDF ein. Ansonsten tobt Euch in unserem Fernsehprogramm aus.

Wir haben mittlerweile auch Serien auf moviepilot. Bewerte und kommentiere Deine Lieblingsserie! Auf unserer wiki-seite omdb kannst Du mitmachen: Serien und Episoden anlegen, Beschreibungen vervollständigen oder Wissenwertes schreiben.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News