Akira, Philosophie & Gekröse - Mein Weg zum Anime

19.05.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
AkiraUniversum Film
13
14
Ich bin im Bereich der Anime weniger bewandert als ich es gerne wäre. Warum sich diese Filmrichtung mir bisher nicht erschlossen hat, ist mir auch nicht ganz klar. Doch mit Akira hat vor kurzer Zeit ein Film mein Herz und mein Hirn erobert und gibt es nicht mehr frei.

Dystopien sind als Setting so ausgelutscht und mit Klischees beladen, dass es kaum noch Raum für Innovationen lässt. Auch Akira von 1988 ist im ersten Augenblick genau das, nämlich voller Klischees. Die Motive sind bekannt. Eine jugendliche Biker-Gang, die aufbegehrt, in einer Welt, die vom Militär regiert wird, das wiederum hart gegen sämtlichen Widerstand vorgeht, eine geheime Forschungseinrichtung und Experimente an Kindern... So weit, so spannend, so bekannt. Aber Akira hat mich nicht ohne Grund mit einem Staunen und vielen Fragezeichen über dem Kopf zurückgelassen. Was war das nur?!

Motorräder spielen in Akira eine wichtige Rolle.

Warum ich Akira mein Herz schenke

Eben diese Fragezeichen und das Staunen sind der Grund für das Vergeben meines Herzens an dieses Meisterwerk asiatischer Animations- und Erzählkunst. Akira basiert dabei auf dem gleichnamigen Manga, der mir leider noch nicht unter die Finger gekommen ist. In einem dystopischen Tokio der Zukunft verfolgen wir eine jugendliche Motorradgang auf ihrem anscheinend ziellosen Weg durch die Straßen der Stadt - Drogen, Kämpfe mit Rivalen und Rebellion inklusive. Bei einem Unfall während eines Kampfes erwirbt der junge Tetsuo übernatürliche Fähigkeiten und wird von der Regierung in Gewahrsam genommen. Seine Freunde wollen ihn retten und geraten dabei zwischen die Fronten von Regierung und Widerständlern. Als sie schließlich eine Verschwörung rund um ein geheimes Forschungsprojekt der Regierung aufdecken, gerät die Sache endgültig außer Kontrolle. Dabei stoßen sie auf den geheimnisvollen Akira, dem Grund für die Apokalypse 1982. Wer oder was ist Akira? Tetsuo indes holt, berauscht von Macht und Wahn, zum Schlag gegen alle aus. Doch was ist, wenn er Akira damit aufweckt? Ein Kampf zwischen allen Parteien entbrennt.

Gewalt ist häufig und schmerzhaft in Akira.

Warum auch andere Akira lieben werden

Die Geschichte kurz und frei von Spoilern zu halten, ist schwierig. Ein weiteres großes Problem für Akira mag sein, dass es sich dabei um einen Anime handelt. Ähnlich wie Schwarz-Weiß-Filme haben die bei meiner Publikums-Generation leider einen sehr schweren Stand. Ich würde mich auch zu einem breiten Publikum zählen, da mein Wissen um Anime doch recht begrenzt ist. Aber zum Punkt der Sache. Akira bietet wunderbare Schauwerte und eine ikonisch ausgearbeitete Zukunftswelt im Stile eines Blade Runner. Die Geschichte ist vertrackt und bietet einige philosophische Ansätze. Dabei sind einige Bilder derart verstörend, dass dieser Film auf jeden Fall nichts für Kinder ist. Das Ende bietet eine Wendung genau nach meinem Geschmack und lässt den Zuschauer mit genug Informationen zurück, um sich wunderbar selbst einen Kopf zu machen und mit Freunden lange Diskussionen zu führen. Wenn Kino so etwas schafft, dann haben die Leute im Hintergrund alles richtig gemacht. Ähnlich wie bei 2001: Odyssee im Weltraum, ohne einen direkten Vergleich anstreben zu wollen, endet der Film mit einer leicht schrägen Note. Das kann der Zuschauer mögen, oder wie in meinem Falle lieben, muss er aber nicht.

Selbst Teddy sind verstörend in Akira.

Warum Akira einzigartig ist

Akira setzte seinerzeit neue Maßstäbe für die Produktion eines Anime. Auch im Stil unterscheidet sich der Film von vielen seiner bisherigen Artgenossen zu diesem Zeitpunkt. Er kam wesentlich realistischer daher, mit einer Fülle von Details und spielte zum größten Teil des Nachts, was aufgrund des höheren Bedarfs an Farbe normalerweise gemieden wurde. All diese Fakten kombiniert, ergeben einen unglaublich stimmigen Film. Hinzu kommt die Gewalt und der durchweg ernste Ton des Films, wodurch jegliche Kindlichkeit aus dem dargestellten Szenen weicht. Auch Gesichtsanimationen und Augen der Personen sind in einem realistischen Stil gehalten und weder minimalistisch noch grenzwertig übertrieben gezeichnet, wie es in vielen Serien oder Mangas der Fall ist. Der Film fährt konsequent die realistische Schiene, was ihm angesichts der Story auch sehr gut tut. Damit brach er für den Kulturzweig des Anime und Manga im Westen sämtliche Türen auf und sorgte für eine bis heute andauernde Verbindung. Viele Mangaka nahmen sich Stil und Storytelling zum Vorbild, womit Akira als Vorreiter einer ganzen Generation von asiatischer Popkultur gelten kann.

Außerdem muss ich als alter Musikfetischist kurz auf den Soundtrack des Films eingehen. Die Klangbilder, die erzeugt werden, sind großartig, auch wenn die Meinungen diesbezüglich, laut einschlägiger Studie von Internet-Kommentarsektionen, recht geteilt sind. Aber es passt zum Rest des Films, ist jedoch wenig konventionell. Die östlichen und exotischen Einflüsse, die in den Klangteppich mit einfließen, mögen einige westliche Ohren verschrecken, aber sie passen doch perfekt zur Stimmung des Films. Ein klares Plus von meiner Seite.

Neo Tokyo erstrahlt in Detailfülle.

Warum Akira die Jahrzehnte überdauern wird

Allein als Wegweiser für einen gesamten Kulturzweig hat sich Akira bereits verdient gemacht und sich so wohl einen ewigen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert. Sein Stil und seine Geschichte machen ihn außerdem zu einem zeitlosen Klassiker. Ich muss zugeben, dass ich bisher noch nicht viele Anime gesehen habe und auch nicht der größte Fan bin, aber Akira hat mich einfach weggeblasen. Verstörend und philosophisch, sollte dieser Film von jedem einmal gesehen werden, selbst wenn er oder sie, so wie ich, den Zugang zu dieser Art von Film bisher nicht gefunden hat. Vielleicht öffnet sich ja eine neue Tür. Und wenn nicht, habt ihr zumindest einen absoluten Klassiker des animierten Kinos nachgeholt.

Was denkt ihr über Akira?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News