Agnès Varda ist tot - Französische Filmlegende mit 90 Jahren gestorben

29.03.2019 - 11:40 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Augenblicke - Gesichter einer Reise: JR und Agnès Varda
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Augenblicke - Gesichter einer Reise: JR und Agnès Varda
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Bis ins hohe Alter arbeitete die französische Filmlegende Agnès Varda. Nun ist die Regisseurin von Augenblicke: Gesichter einer Reise mit 90 Jahren gestorben.

Agnès Varda ist tot. Die französische Regisseurin, die mit 89 Jahren ihre erste Oscar-Nominierung erhielt, wurde zeitgleich mit dem Aufkommen der Nouvelle Vague berühmt. Sie folgte zeitlebens ihren eigenen kreativen Impulsen, wechselte zwischen Spielfilm und Dokumentation und ließ sich schwer irgendwelchen Filmbewegungen zuordnen. Wie die französische Nachrichtenagentur AFP  berichtet, ist Varda nun im Alter von 90 Jahren gestorben.

Erst im Februar hatte Agnès Varda bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin ihre neue Dokumentation Varda by Agnès vorgestellt. Dabei handelte es sich um eine Art filmische Autobiografie, in der sie vor Publikum über ihr Werk, ihre Inspiration und die Künstler in ihrem Umfeld sprach. Hier zeigte sich vor allem, welche Rolle Varda in ihren eigenen Filmen spielte.

Die Künstlerin, die ihre Karriere als Fotografin begann, richtete die Kamera immer wieder auf sich selbst und erlangte so gerade in den letzten Jahren einen unerwarteten Ruhm bei einer jüngeren Generation von Filmschaffenden insbesondere in Hollywood.

Vorläuferin der Nouvelle Vague

Am 30.05.1928 in Belgien geboren wird Agnès Varda zwar häufig zur Nouvelle Vague gezählt, doch im Grunde war sie eine Vorläuferin. Ihren ersten Spielfilm drehte sie bereits 1955 mit dem Drama La Pointe courte, der dokumentarische Züge aufwies. Ihr zweiter und wohl berühmtester Film, Mittwoch zwischen 5 und 7 von 1962, fällt hingegen in die Aufbruchszeit des neuen französischen Kinos, wie sie Jean-Luc Godard und François Truffaut einläuteten.

Mittwoch zwischen 5 und 7

Die Angst einer jungen Frau vor einer Krebsdiagnose schärft in dem Film die Wahrnehmung ihres Alltags. Zwei Stunden in ihrem Leben werden geschildert, nach denen sich alles ändern kann. Dabei werden die dokumentarischen Alltagseindrücke mit einer modernen Montage verknüpft, die dem sprunghaften Schlendern durch einen Großstadttrubel gleicht, der zwischen Freiheit und erdrückender Enge schwankt.

In den Jahren nach diesem Porträt von "Cléo" wandte sich Agnès Varda verstärkt den Themen der 68er Bewegung zu, etwa der Black Panther-Bewegung. Feminismus und die Rolle von Frauen in Ehe und Gesellschaft waren wichtige Themen in Filmen wie Glück aus dem Blickwinkel des Mannes und Vogelfrei.

Agnès Varda - Eine Filmografie als Biografie

In späteren Jahren rückte ihr eigener Alltag in den Fokus, etwa in Porträts ihres Ehemanns und Regisseurs Jacques Demy (Die Regenschirme von Cherbourg), dessen Leben und Sterben sie begleitete. Ebenso dokumentierte sie die Straße, in der sie in Paris seit Jahrzehnten lebt.

Dabei machte Varda auch das Filmmaterial selbst zum Thema, etwa im Meisterwerk Der Sammler und die Sammlerin, in dem sie die Eigenheiten des digitalen Filmemachens mit dem Sammeln von Gemüse und Obst in Städten und auf Feldern vergleicht, das für den Müll bestimmt ist. Varda brachte uns diesen aus unterschiedlichen Motivationen handelnden Menschen näher und reflektierte nebenbei ihr eigenes "Sammeln" von Bildern und Geschichten.

Die Strände von Agnès

Eine Art Renaissance feierte Agnès Varda mit ihrer Dokumentation Augenblicke: Gesichter einer Reise, die sie 2017 in Zusammenarbeit mit dem Fotokünstler JR realisierte. Darin reisen die betagte Frau und der im Vergleich junge Vertreter einer neuen Künstlergeneration durch die ländlichen Ränder Frankreichs und tapezieren Industrieruinen, Bauernhöfe und zerstörte deutsche Bunker mit riesigen Fotografien von Menschen und Ziegen.

Es war Kunst auf Zeit, die innerhalb eines Tages von der Flut verschlungen werden konnte. Der Film hält fest, wie Varda den gern verniedlichten kleinen Leuten eine große Leinwand liefert, mitsamt ihrer Ecken und Kanten. Im Jahr, als Varda für den Ehrenoscar vorgesehen war, ging sie so gleichzeitig ins "richtige" Rennen um den Preis für die Beste Dokumentation. Varda selbst war zu diesem Zeitpunkt als Markenzeichen schon größer als ihre Filme. Diese aber bleiben und lohnen eine Entdeckungsreise.

Laut einer Mitteilung der Familie ist Agnès Varda mit 90 Jahren einem Krebsleiden erlegen.

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